Zu viel, zu wenig, fast nichts

Studie: Frauen leiden fünfmal häufiger unter Essstörungen als Männer

Immer mehr Menschen verlieren die Kontrolle über ihr Essverhalten. Manche essen kaum etwas, andere erbrechen das Gegessene und wieder andere leiden unter Essanfallsstörungen und stopfen maßlos in sich hinein. Vor allem junge Frauen sind laut einer aktuellen Studie der Universität Leipzig betroffen. Diese zeigt, dass fünfmal mehr Frauen (5,9 Prozent) als Männer (1,5 Prozent) in Deutschland unter Störungen im Essverhalten leiden. Dazu zählen zum Beispiel die Bulimia Nervosa (Ess-Brech-Störung), Binge-Eating (Essanfallsstörungen) und die Anorexia Nervosa (Magersucht).

*Junge Frauen anfälliger als ältere*
Die Studie untersuchte auch die Häufigkeit von Essstörungen in den verschiedenen Altersgruppen. "Auffällig ist hier, dass Störungen im Essverhalten Frauen und Männer jeden Alters betreffen, wobei festzuhalten ist, dass die Häufigkeiten mit höherem Lebensalter abnehmen", erklärt Professor Elmar Brähler, Leiter des Departments für Psychische Gesundheit am Universitätsklinikum Leipzig. Vor allem Frauen vor dem 24. Lebensjahr und Männer zwischen 55 und 64 Jahren hatten eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Störung im Essverhalten. Im Vergleich zu früheren Studien fiel auch auf, dass bei Männern Symptome, die für ein gestörtes Essverhalten sprechen, in den vergangenen Jahren zugenommen haben.

*Essstörungen bei Übergewicht*
Die Studie belegt außerdem, dass bei fettleibigen (adipösen) Frauen elfmal häufiger und bei adipösen Männern sogar 20-mal häufiger eine Störung im Essverhalten vorliegt als bei normalgewichtigen Frauen und Männern. "Dieses deutlich erhöhte Auftreten von Störungen im Essverhalten bei adipösen (fettleibigen) Menschen ist beachtlich", erläutert Studienleiterin Professor Anja Hilbert. "Daraus lässt sich schließen, dass sich weit stärker als angenommen, Übergewicht und Adipositas im Zusammenhang mit Störungen im Essverhalten entwickeln und zum Beispiel mit wiederkehrenden Essanfällen, nächtlichem Essen, chronischem Überessen oder einem sehr negativen Körperbild einhergehen." Da solche Störungen im Essverhalten mit einem erhöhten seelischen Leidensdruck gekoppelt sind, wird hier auch deutlich, dass Adipositas nicht nur ein Problem von Überernährung und Bewegungsmangel ist. Es muss immer auch geklärt werden, ob der Patient an einer klinischen Essstörung leidet und eine ergänzende psychotherapeutische Behandlung neben der Ernährungs- und Bewegungstherapie notwendig ist.

*Hintergrund*
Für diese bevölkerungsrepräsentative Erhebung über beide Geschlechter und alle Altersgruppen hinweg wurde erstmals der international bewährte Essstörungsfragebogen "Eating Disorder Examination-Questionaire" (EDE-Q) verwendet. Dieser ermittelt die spezifischen Symptome und Verhaltensweisen (Psychopathologie), wie etwa ein negatives Körper- und Selbstbild, Unzufriedenheit mit dem Aussehen, selbst herbeigeführtes Erbrechen, Essanfälle, Missbrauch von Abführmitteln, übertriebene sportliche Aktivität oder Diäten. Die 2520 Befragten (1354 Frauen, 1166 Männer) waren zwischen 14 und 95 Jahre alt (mittleres Alter 50,5), der Body-Mass-Index lag zwischen 14,17 und 55,40 kg/m2. Gemäß den Selbstangaben der Befragten waren 10,8 Prozent adipös (BMI 30 kg/m2 und mehr), rund 37 Prozent übergewichtig und etwa 52 Prozent normalgewichtig.

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Autorin / Autor: Pressemitteilung/ Redaktion - Stand: 8. Februar 2012