Es gibt nicht Gutes, außer man tut es
Wie klimabewusst sind die Deutschen wirklich?
Die Deutschen sind lange nicht so klimabewusst, wie sie selbst gerne glauben. Dies ist das beschämende Ergebnis eines Vergleichs der 27 EU-Länder, der von der Philipps-Universität Marburg vorgenommen wurde. Zwar liegt Deutschland - was die Einstellungen betrifft - in der europäischen Spitzengruppe, aber in punkto Handeln sieht es weit weniger positiv aus. Hinzu kommt auch noch, dass sich eine gewisse Selbstzufriedenheit hierzulande breit gemacht hat. Nirgendwo (außer in Irland) sind so viele BürgerInnen der Meinung, dass die Regierung doch schon genug im Kampf gegen den Klimawandel tue. Ein weiteres Ergebnis der Studie ist die Differenz zwischen dem "Wir" und dem "Ich". So ist die große Mehrheit zwar der Meinung "Wir Bürger müssen mehr für den Klimaschutz tun" oder "Wir können durch unser Kaufverhalten viel bewegen" doch faktisch tun dies nur relativ wenige. Offenbar schließt das "WIR" die eigene Person nicht ein.
Alle in der Studie abgefragten klimarelevanten Verhaltensweisen werden in Deutschland zwar etwas häufiger praktiziert als im europäischen Durchschnitt, doch belegen die Deutschen in keinem einzigen Fall den Spitzenplatz. Dennoch ist man mit sich zufrieden, denn in kaum einem anderen Land sind so viele der Meinung, dass der Bürger doch schon genug tue. Faktisch handeln viel zu wenige und das auch nur auf mehr oder weniger symbolische Weise, indem die eine oder andere Handlung gelegentlich praktiziert wird. Zwischen der allgemein bekundeten Bereitschaft und dem Routinehandeln im Alltag klafft offenbar eine gewaltige Lücke: In der Eurobarometerstudie sagen bspw. 75% der Europäer, dass sie umweltfreundliche Produkte kaufen, aber nur 17% der gleichen Personen haben dies im letzten Monat tatsächlich getan.
Deutschland auf Platz 7 abgerutscht
Dieses Ergebnis passt auch zum neuen Klimaschutz-Index, den Germanwatch und das Climate Action Network (CAN) Europe in Kopenhagen vorgestellt haben. Das jährliche Ranking vergleicht die Klimaschutzleistungen von 57 Industrie- und Schwellenländern untereinander. Neben der Entwicklung der Treibhausgasemissionen wird auch beurteilt, wie sehr sich die Länder engagieren, die globale Erderwärmung deutlich unter zwei Grad zu halten. Dabei rutschte Deutschland vom fünften auf den siebten Platz ab. Hauptgrund dafür ist die schlechtere Bewertung der deutschen Klimapolitik durch die Experten.
Brasilien (Platz 4) und Großbritannien (Platz 6) haben hingegen dank einer besseren Klimapolitik eine höhere Platzierung als noch im Vorjahr erreicht. Auch die USA (53) sind durch ein beginnendes Umdenken in der Klimapolitik fünf Plätze hochgeklettert. "Es ist spannend zu sehen, dass Schwellenländer wie Brasilien einige Plätze aufsteigen – das sendet auch ein klares Signal an die Klimaverhandlungen und zeigt, dass sie sich verstärkt selbst in der Pflicht sehen, den Klimawandel zu bekämpfen", sagte Matthias Duwe, Direktor von CAN Europe. "Ich wünschte mir, dass mehr europäische Länder ein ähnliches Engagement an den Tag legen würden."
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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 16. Dezember 2009