Umweltamnesie
ForscherInnen: Künstliche Naturerfahrungen werden zum Maßstab
In den Kinderzimmern gibt es eine Invasion der vollautomatisierten Kuscheltiere, Menschen besuchen die schönsten Plätze der Erde virtuell, lassen sich von aufwändig animierten Naturfilmen berauschen oder gucken dem Storchenpaar per Webcam beim Brüten zu. Diese künstlichen Naturerfahrungen lassen die Erinerungen an die echte Natur immer stärker verblassen. Wie sich diese "Naturamnesie" auf den Menschen auswirkt und welche Folgen sie haben könnte, haben amerikanische ForscherInnen in einer Studie genauer untersucht.
Wie natürlich ist die Umwelt, die uns umgibt?
Die ForscherInnen um Peter Kahn fanden heraus, dass die "Natur", die in der Kindheit erlebt wird, als Norm angesehen wird, mit der die Umwelt im späteren Leben verglichen wird. Ist diese kindliche Naturerfahrung von Großstadtsmog, Roboterhunden und virtuellen Naturerfahrungen geprägt, dann wird der Erwachsene seine Umwelt auch an diesem Bild messen. Ihm wird dann möglicherweise gar nicht auffallen, dass die Umwelt um ihn herum verschmutzt und zerstört ist - so wie viele Menschen nicht mehr wahrnehmen, dass die großen Flüsse, die durch unsere Städte fließen, mit Natur nicht mehr viel gemein haben, weil sie noch nie im Leben einen unbegradigten, wilden Fluss gesehen haben.
Künstliches Bild wird zum Maßstab
Der Studienleiter Peter Kahn hatte bereits in früheren Experimenten gezeigt, dass die durch Technik geschaffene "Naturerfahrung" einer echten Naturerfahrung extrem hinterherhinkt. Zwar wird ein hochaufgelöstes Fernsehbild von wunderschöner Natur gemeinhin als beruhigend empfunden. Hat man aber schon "in echt" eine solche Natur bestaunt, empfindet man diese "künstliche Natur" nicht mehr als besonders berauschend.
Der Forscher hatte in der Vergangenheit auch Kinder beobachtet, die mit dem Roboterhund AIBO spielten. Zwar behandelten sie den Hund teilweise wie ein Lebewesen, aber im Vergleich zum Spielen mit einem echten Hund zeigten sie sich weniger sozial.
Pseudo-Natur
Die ForscherInnen sehen in dem Vergessen der Natur, wie sie ursprünglich ist, eine ernsthafte Bedrohung. Denn so setzt sich Generation für Generation ein Umweltbild durch, das von künstlichen Erfahrungen geprägt ist. Mit diesem ohnehin schon völlig verfremdeten Natur-Bild als Maßstab mag eine technisierte, nachgestellte Pseudo-Natur einem gar nicht mehr so verkehrt vorkommen.
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Autorin / Autor: Redaktion / eurekalert - Stand: 6. April 2009