A-sexy
Asexuelle Menschen haben keine Lust mehr sich zu verstecken und planen ihr Coming Out
Während die einen sich schon mit 12 fragen, ob "es normal ist noch Jungfrau zu sein" und die anderen damit prahlen, mit wie vielen sie "es" schon getan haben, gibt es Menschen, die vom Thema Sex gänzlich unberührt bleiben. Das heißt aber nicht, dass sie prüde, hyperreligiös oder gefühlskalt sind, sondern sie haben halt einfach keine Lust, mit anderen Menschen sexuell intim zu werden. Bisher hatten solche Leute es schwer, darüber zu sprechen, denn jemand, der oder die keinen Sex mag, wird schnell als anormal, krank oder bemitleidenswert abgestuft und doch irgendwie als schräger Vogel angesehen.
Asexualität - nicht mehr nur was für Amöben
Jetzt wollen Asexuelle (so nennen sie sich selbst) aber die Flucht nach vorn antreten und organisieren sich im Internet und anderswo. Sie tauschen sich nicht nur aus, sondern verlangen immer mehr gesellschaftliche Wahrnehmung und Anerkennung. Sie haben keine Lust mehr, sich zu verstecken und fordern, dass Asexualität als vierte sexuelle Orientierung neben Hetereo-, Bi- und Homosexualität akzeptiert werden soll. Sie tragen sogar T-Shirts mit dem Aufdruck "A-pride" oder "A-sexy" oder Sprüchen wie "Asexuality: It’s not just for amoebas anymore”. Im Jahr 2001 wurde die Internet-Plattform "Asexual Visibility and Education Network (AVEN)" gegründet, die zum einen asexuellen Menschen selbst, aber auch am Thema Interessierten eine Austausch-Plattform anbieten will. Fast 1500 registrierte UserInnen aus aller Welt treffen sich dort mittlerweile regelmäßig.
Ist das nicht wie Zölibat?
Eine FAQ-Liste auf der Seite klärt zunächst einmal Fragen, wie zum Beispiel "Ist Asexualität nicht das gleiche wie im Zölibat leben?", "Können sich solche Menschen überhaupt verlieben?" oder "Haben Asexuelle denn überhaupt nie Lust?" und gibt so manche Antwort, die die Vorurteilsfraktionen ganz schön irritieren dürften. Warum? Weil sie nicht nur über Asexualität sprechen, sondern mit vielen Themen auch unsere "ganz normale" Sexualität auf den Prüfstand bringen. Viele glauben nämlich beispielsweise, dass asexuelle Beziehungen niemals so nah sein könnten, wie Beziehungen mit Sex. Die Antwort in der FAQ-Liste darauf: "Dass sie es doch sind ist schon schwer zu akzeptieren für eine Gesellschaft, in der Sex eine so außerordentlich wichtige Sache ist. Tatsache ist, das Sex normalerweise als Transportmittel für eine Menge anderer Sachen herhalten muss: Sex soll Gefühle ausdrücken, das Ego stärken, Spaß bringen und weiß Gott noch alles. Dafür wird Sex doch in den meisten Fällen benötigt - und das alles kann man auch ohne Sex tun".
Definitionslos
Eine offizielle oder wissenschaftliche Definition von Asexualität gibt es bisher nicht (außer bezogen auf die Fortpflanzung im Tierreich oder in der Pflanzenwelt), aber vielleicht braucht man es auch nicht in hochwissenschaftliche Formulierungen zu packen. Ein asexueller Mensch ist einfach ein Mensch, der kein Bedürfnis nach sexueller Interaktion mit einer anderen Person hat. Die "Official Sexual Society" in den Niederlanden beschreiben ihn so: “Born without sexual feelings”. Wobei das laut Definition der AVEN-Leute nicht so ganz stimmig ist. Sie unterscheiden nämlich 4 verschiedene Typen der Asexualität bei Menschen:
Zu Typ A gehören laut Organisation Personen, die zwar grundsätzlich Lust empfinden, sich aber sexuell nicht von anderen Personen angezogen fühlen. Obwohl sie eine Art "biochemisches Bewusstsein" von Sex hätten, würden sie aber nie mit einer Person (außer vielleicht mit sich selbst) sexuell in Kontakt kommen wollen.
Autorin / Autor: Rosi Stolz - Stand: 26. November 2004