Bollywood - Teil 3
Heiße Tanzszenen in der Schweiz
Darstellung von Sex
Diese Andeutungen werden auch deshalb so gern benutzt, weil sie oft als Symbol für sexuelle Handlungen stehen. Die Filmindustrie bedient sich dieser Mittel, weil reale Liebesszenen tabu sind. Nicht einmal Filmküße sind erlaubt.
So haben sich viele Möglichkeiten herausgebildet, trotzdem jede Menge Erotik zu zeigen. Verbale Anspielungen gehören ebenso dazu wie verführerische Augenaufschläge und "heiße" Tanzszenen - etwa solche, in denen sich die Hauptdarstellerin komplett angezogen am Strand von Meereswasser umspülen läßt. Oder solche, in denen die Liebenden aufeinander zurennen, miteinander turteln, um - komplett anders angezogen - auf einmal vor einer völlig anderen Kulisse zu stehen und wieder aufeinander zuzurennen und den anderen mit Gymnastikübungen zu bezircen. Bei "Sometimes happy, sometimes sad" tanzt das Paar, das noch keines ist, auf einem indischen Markt - und einen Schnitt später auf einmal vor ägyptischen Pyramiden. Diese Brüche sind für das indische Publikum völlig sinnstiftend und Höhepunkte sexueller Anspielungen.
Bollywood und die Schweiz
Genau hier kommt die Schweiz ins indische Kino. Sie erfreut sich als Kulisse extremer Beliebtheit. Besonders seit Kaschmir wegen der politischen Probleme nicht mehr zugänglich ist, haben sich die indischen Filmemacher auf die Schweiz besonnen. Berge gelten in Indien als heilig, die Schweiz ist zudem für InderInnen exotisch und anziehend. So wohnen die reichen Helden eines Masala-Filmes gern mal in einer Schweizer Burg, in der Logik des Films aber natürlich in Indien. Verliebte tanzen plötzlich vor einer Schweizer Berglandschaft im Schnee. Mittlerweile hat sich das für die Schweiz zu einem echten Wirtschaftsfaktor entwickelt: man buhlt nicht nur um die Filmteams, sondern auch um indische Touristen. Vor allem reiche indische Hochzeitspaare verbringen ihre Hochzeitsreise in der Schweiz, da die Schweiz in Indien als der Inbegriff von Luxus und Glückseligkeit gilt. Schweizer Hotels haben indische Köche und Speisekarten, die in Hindi geschrieben sind. Mittlerweile ist die Schweiz so oft in Masala-Filmen gezeigt worden, dass sie sich als Kulisse fast verbraucht hat. Einige indische Filmemacher haben sich schon neue Kulissen gesucht: in Neuseeland, Frankreich, England oder sogar in Alaska.
Gut und böse
Interessanterweise geht es aber bei aller Exotik immer nur um die Kulisse, nicht um die "andere", etwa schweizerische oder europäische Kultur. Eine renommierte indische Filmkritikerin beschrieb das so: "Bollywood entdeckte Europa als exotischen Ort und ließ die europäische Zivilisation außer Acht. Die Europäer machen im Hindi-Film für gewöhnlich einen verwirrten Eindruck..." Mehr noch: Westliche Dekadenz, westliche Sitten gelten als das Abziehbildchen des Bösen. Eine Filmfigur, die sich westlich anzieht (d.h. extrem bauchfrei, Kleidung aus Kunstfasern, grell geschminkt) ist auf jeden Fall die böse Frau, und die, die den Helden nicht bekommt.
Die gute Frau dagegen erkennt man an ihrem freundlichen Lächeln, ihrer Ehrlichkeit, dem Sari und dem traditionellen Schmuck. Sie wird am Ende den Helden bekommen und heiraten.
- Museum für Gestaltung Zürich
Das Museum für Gestaltung in Zürich hat eine Ausstellung zum Thema Bollywood gemacht und in Zusammenarbeit mit dem Seminar für Filmwissenschaft der Uni Zürich einen hervorragenden Bildband mit informativen Texten hergestellt zusammengestellt, der zum Umfassendsten gehört, was es in deutscher Sprache zum Thema Bollywood gibt. Hieraus sind auch alle Abbildungen, bis auf das Foto von "Sometimes happy, sometimes sad". - Rapid Eye Movies
Der deutsche Filmverleih Rapid Eye Movies hat sich in der Vergangenheit vor allem mit dem Verleih von außergewöhnlichen asiatischen Filmen einen Namen gemacht. Mit "Sometimes happy, sometimes sad" ist erst zum zweiten Mal (nach "Lagaan") ein Bollywood-Film in einem deutschen Verleihprogramm.
Autorin / Autor: ~astrid~ - Stand: 23. Januar 2003