"Etwas bleibt" von Inge Barth-Grözinger

Ein erdrückendes Buch über den Beginn der Judenverfolgung

*Die Geschichte*
Das Buch handelt von Erich Levi, dem ältesten Sohn eines angesehenen und wohlhabenden Viehhändlers. Erich Levi ist ein ganz normaler Junge. Zumindest bis, im Jahr 1933, Hitler an die Macht gerät. Denn Erich ist ein Jude. Langsam verändert sich alles: Erst muss er bei Gottesdiensten mit seinem Cousin Erwin allein in der letzten Reihe der Kirche sitzen, dann hat er im Unterricht zusammen mit diesem einen Platz am ersten Pult. Abends bekommt er mit, wie sich sein Vater gedämpft mit seiner Mutter berät und hört ihn über „diesen Hitler“ schimpfen, der das Volk noch zerstören werde.

Dann fangen die Schikanen in der Schule an: Einige Mitschüler verspotten und beschimpfen ihn, hinzu kommt nach den Ferien ein neuer Englischlehrer, der Erich das Leben zur Hölle macht. In der Pause steht er immer allein in einer Ecke des Schulhofs, zusammen mit Kurt und Helmut, seinen beiden besten Freunden. Zu Schulveranstaltungen werden Juden nicht mehr eingeladen, und immer öfter reden Lehrer im Unterricht von der „Verunreinigung der Deutschen Rasse“ oder lesen judenfeindliche Gedichte und Texte vor. Als Kurts Vater seinem Sohn verbietet, sich weiter mit Erich zu treffen, hat er nur noch Helmut. Kurt tritt kurz darauf in die Hitlerjugend ein und hält sich in den Pausen von Erich und Helmut fern.


Auch der Viehhandel der Familie Levi läuft nicht mehr so gut wie zuvor. Viele Kunden kaufen nicht mehr bei Juden, und die, die es tun, werden eingeschüchtert und beschimpft. Erich bemerkt, wie sein Vater jeden Tag etwas kleiner und älter heim kommt, wie die Sorgenfalte auf seiner Stirn jeden Tag tiefer wird. Juden werden in Kneipen nicht mehr geduldet und auf der Straße nicht mehr gegrüßt. Immer öfter wird Erich als „Judensau“ beschimpft oder verprügelt. Als dann schließlich noch ihre Haushaltshilfe Fanny gehen muss, ist Erich vollkommen verzweifelt: Wie kann eine einzige Person mit einem Schlag ein ganzes Volk trennen? Warum macht es auf einmal etwas aus, ob man Jude oder Christ ist?

Die Anschläge der Nazis auf die Familie werden immer schlimmer – warfen sie zunächst „nur“ Scheiben ein, ertränken sie nun fast den ganzen Viehbesitz des Vaters. Immer wenn Erich denkt, es kann nicht mehr schlechter werden, kommt das nächste Ereignis. Helmut darf sich nicht mehr in der Öffentlichkeit mit ihm sehen lassen. Die Beleidigungen der Lehrer arten in Schikanen aus und schließlich wird Erich von der Schule genommen und beginnt eine Lehre in einer anderen Stadt. Als er zurückkommt, stehen die Koffer schon bereit. Die Familie wandert aus.

*Meine Meinung*
„Etwas bleibt“ ist ein beeindruckendes, ja fast erdrückendes Buch über den Beginn der Judenverfolgung. Das Buch ist, obwohl es in der 3. Person von Erich erzählt, aus seiner Sicht geschrieben, weshalb man sich gut in ihn hineinversetzen kann.
Über dieses Thema wurden und werden viele Bücher geschrieben, die das Leiden der Juden schildern, aber ich denke, dieses gehört zu den wenigen, die wirklich unter die Haut gehen, ohne grausam zu werden. Das Buch endet genau an der passenden Stelle: Obwohl es nicht so weit kommt, dass die Juden in Konzentrationslager verschleppt werden, wird einem beim Lesen richtig mulmig, weil selbst die (für uns) unbedeutendsten Sachen beschrieben werden. Was wäre für uns schlimm daran, im Gottesdienst in der letzten Reihe sitzen zu müssen?

Wenn man das mit Erichs Augen sieht, der sich schon denkt, dass das erst der Anfang ist, berühren und bedrücken selbst die kleinsten Einzelheiten. Doch das Buch handelt nicht nur von Hass und Ängsten: Immerhin gibt es auch noch einige gute Menschen, denen es egal ist, ob sie dafür bestraft werden, was sie tun. Menschen, die sich für die Familie Levi einsetzen.

Mir gefällt dieses Buch, weil es, trotz der vielen Jahre, die vergangen sind, immer noch aktuell ist. Ich denke, das Buch ist wirklich zu empfehlen, vor allem für Leute, die oft solche Bücher lesen oder sich mit dem Thema auseinandersetzen wollen. Mich hat es sehr nachdenklich gemacht. Ich bin vor allem froh, dass die Zeiten, von denen das Buch erzählt, vorbei sind.

Autorin / Autor: Piamaus - Stand: 20. September 2004