Mensch sucht Sinn

5 Erlebnisse mit den Weltreligionen. Ein sehr schönes Buch, Konvertierung zum Hinduismus nicht ausgeschlossen ;-).

"5 Erlebnisse mit den Weltreligionen"?. Hinter "Mensch sucht Sinn", dem Buch mit diesem relativ vagen Untertitel, verbirgt sich ein Autorenteam, das es in sich hat. Jeder der 5 Schriftsteller bringt dem Leser in einer kurzen Geschichte "seine" Religion näher. Die Jugendlichen in den Geschichten von Vanamali Gunturu (schreibt im Buch den Teil zum Hinduismus, Autorin von "Krishnamurti"), Ghazi Abdel-Qadir (Islam, "Sulaiman"), Sybil Rosen (Buddhismus, "Speed of Light"); Hanna Jansen (Christentum, "Über tausend Hügel wandere ich mit dir") Und Judith N. Klein (Judentum) sind meist so arglos wie der Leser selbst, "total normal" und haben sich noch kaum mit den betreffenden Religionen beschäftigt. Es muss also niemand befürchten von hochtrabend-philosophischen Ergüssen erschlagen zu werden und da die Geschichten der Kinder alle in unserer heutigen Zeit spielen, findet man vielleicht auch eine Menge Dinge, mit denen man sich identifizieren kann.

*Die 5 Geschichten:*
Kalpanas Geschichte beschäftigt sich mit dem Hinduismus. Obwohl ihre Familie hinduistisch ist, hat sie keinen blassen Schimmer von den Hintergründen ihrer Religion  und – noch schlimmer – weiß nicht, wie sie den Fragen ihrer Klassenkameraden nach der Dämonengöttin Kali und warum ausgerechnet sie verehrt wird, entgegentreten soll. Da gibt es nur eine Lösung: Ab nach Neu Delhi! Dort trifft sie auf einen geheimnisvollen Heiligen (ihre streng gläubige Großmutter ist begeistert!) und erfährt mehr über ihr Karma, ihr früheres Leben, und warum sie so oft Halsschmerzen hat. So wird einem der Hinduismus, mit all seinen Mythen und seinem "Göttersalat" näher gebracht und Kalpanas Aufenthalt in Indien lässt einen erkennen, dass es nicht überall so steif und rational zugeht wie in Deutschland.
Mit dem Islam beschäftigt sich Tariks Geschichte. Er hat große Probleme mit der übertriebenen Gläubigkeit seines Bruders, seine Familie ist ihm zu streng und zu steif und zu allem Überfluss ist jetzt auch noch Nadia, seine Schwester verschwunden... Doch seine Ansichten ändern sich, nachdem er mit Ricardo gesprochen hat und dann auch noch seine Mutter ins Krankenhaus eingeliefert wird. Diese Geschichte spiegelt meiner Meinung nach sehr gut wieder, was es mit Religionen an sich auf sich hat. Obwohl Moslems und ihr Glaube in letzter Zeit für viel Gesprächsstoff gesorgt haben, stellt der Autor hier den Islam ganz "normal" dar. Er zeigt Vorteile und Nachteile auf, und man erkennt wie diese Religion im Alltag gelebt wird.
Schoschas Geschichte handelt von der Vorbereitung auf ihre Bat Mizwa. Sie ist Jüdin, und sie hat unzählige Fragen zu ihrer Religion im Kopf. Auch wer sich einbildet, wenigstens ein klitzebisschen über das Judentum Bescheid zu wissen, wird im Unterricht von Herrn Weil, den Schoscha zur Vorbereitung auf ihre Bat Mizwa nimmt, wahrscheinlich noch einiges Neues lernen können.
Dann gibt es noch Shannons Geschichte, mein absoluter Liebling im ganzen Buch :). Sie gibt dem Leser das Grundgefühl des Buddhismus wieder, zumindest habe ich den Unterschied zu anderen Religionen deutlich erkannt. Shannon soll die Ferien mit ihrer Tante, einer buddhistischen Nonne mit glattrasiertem Kopf und 5 ½ Fingern, verbringen. Lobo, Shannons Hund, begleitet die beiden auf ihrer total verregneten Campingtour. Und während des Kanufahrens zum nächsten Zeltplatz hat Shannon viel Zeit zu meckern, nachzudenken und Tante Becky auszufragen. Wenig spektakulär, möchte man meinen, aber das muss es bei der Geschichte von Shannons Familie auch gar nicht sein, denn die bietet Gesprächsstoff genug...
Die letzte Geschichte (Christentum) handelt von Simon. Er stellt wohl ein typisches "Problemkind" dar, war im mehreren Heimen, wurde mehrmals von der Schule geschmissen und auch der Versuch ihn bei Pflegeeltern unterzubringen ist gescheitert. Letztendlich ist er auf der Straße gelandet, schläft abwechselnd in Bauruinen und speziellen Einrichtungen für obdachlose Jugendliche. Simon weiß, dass er an der ganzen Sache nicht unschuldig ist, und nachdem er eines Tages einen Jungen, den er eigentlich nur um Geld fürs Essen anbetteln wollte, zusammenschlägt, flüchtet er vor der Polizei in eine Kirche. Dort kommt er, auf einer Kirchenbank liegend, inmitten von Gebetsbüchern und unter den Blicken der gekreuzigten Jesus, ins Grübeln. Er erinnert sich an seine Kindheit und fasst einen Entschluss...

*Fazit:*
Ein sehr schönes Buch, meiner Meinung nach zumindest. Man muss sicherlich über die Geschichten nachdenken, aber die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der verschiedenen Weltreligionen sind sehr schön rübergekommen. Vom Christentum, das anscheinend einfach nur Wunder wirkt, bis zum Islam, der zwar streng ist, aber dafür auch in schwierigen Situationen eine große Hilfe sein kann. Ein schöner Einstieg, um sich mehr mit den Religionen zu beschäftigen, denn das wirklich Erstaunliche ist, dass man durch jede einzelne Geschichte das "Lebensgefühl" der Religionen spüren kann - welches einem dann am besten gefällt, sollte jeder für sich entscheiden, Konvertierung zum Hinduismus nicht ausgeschlossen *lol*.

Autorin / Autor: aquagirl - Stand: 8. April 2004