Liverpool Street
Autorin: Anne Ch. Voorhoeve
In "Liverpool Street" von Anne C. Voorhoeve geht es um Franziska, die kurz vor dem 2. Weltkrieg mit einem jüdischen Kindertransport nach England gelangt und dort eine neue Sprache, eine neue Familie und eine neue Religion kennen lernt.
Franziska ist evangelisch und muss die jüdische Schule in Berlin besuchen. Nach der Reichsprogromnacht entscheiden sich ihre Eltern Deutschland zu verlassen, was nicht gelingt. So gelangt Franziska auf den Kindertransport nach England. Durch glückliche Zufälle oder Schicksale wohnt sie bei der jüdischen Familie Shepard. Sie lernt fließend Englisch und holt Versäumtes aus der Schule wieder auf. Ihr Leben in England wird jedoch vom Krieg und Schicksalsschlägen überschattet. Jedoch findet sie dort ihre zweite Heimat, Liebe und Unterstützung.
Es ist 1939, kurz vor dem 2. Weltkrieg. Juden dürfen Deutschland nur noch selten verlassen. Ausnahmen sind dabei die Kindertransporte nach England. Kinder aus ganz Deutschland werden mit Zügen und Schiffen nach England in "Sicherheit" gebracht. Dort kamen sie in Gastfamilien oder Kinderlager. Diese Transporte fahren bis September 1939. Viele Kinder hatten Pech mit ihrer Gastfamilie, manche wie Franziska hatten richtiges Glück und fanden ihre zweite Heimat in der Fremde. Aber auch jene, die Glück hatten, mussten schwere Zeiten überstehen und hatten es nicht immer leichter dadurch.
Ich fand das Buch sehr emotional und einfühlsam. Durch die Ich-Perspektive aus der Franziska ihre Geschichte erzählt, macht man sich selbst viele Gedanken. Und obwohl oder gerade weil sie in England ein neues Zuhause hat, leidet man richtig, als wesentliche Charakter das Kriegsende nicht mehr miterleben. Man merkt, wie schwer es sein kann, sich an neue Traditionen zu gewöhnen, und wie leicht man sie wieder ablegt. Auch merkt man wie Franziska im Verlauf des Buches erwachsen wird und wie viel ihr besondere Freundschaften auch nach Jahren noch bedeuten. Dieses Buch will nicht nur, das man sich mit dem Krieg auseinander setzt, sondern auch mit seiner Herkunft, Freundschaften und der Frage nach einem zweiten Ich. Aus Franziska wird Frances, die gewissenhaft aus ihren Erfahrungen lernt und anderen bei ihren Entscheidungen unterstützt. Ich empfinde dieses Buch als lesenswert, weil es spannend und realistisch geschildert wird. Ich denke auch, dass man einem solchen Buch keine Altersgrenze setzen kann, denn man liest so was nur, wenn es einen interessiert.
Stand: 19. Dezember 2006