Das Tagebuch der Anne Frank
DER FILM - Eine leise Geschichte bewegt die Welt
Auf der Internetplattform Youtube las ich unter dem Trailer des Films Kommentare wie „Nicht noch eine Verfilmung“ oder „Immer das Gleiche“, was mich etwas skeptisch in das Kino gehen ließ. Aber diese erste deutsche Kinoverfilmung hat mich regelrecht umgehauen. Nicht nur mir ging es so: Die Stimmung schwankte sehr, von angespannt, erwartungsvoll vor dem Film zu aufgewühlt danach. Alle Augen, denen ich begegnete, glänzten, voller Tränen, aber auch voller Begeisterung. Alle die, die solche Kommentare schreiben, werden spätestens JETZT auf das rote X auf ihrem Computerbildschirm oder auf dem Handydisplay klicken. Sollen sie doch!!!
Eine bedrückende Thematik hat das Tagebuch, das ist nicht zu leugnen, aber auch die düsteren leisen Geschichten müssen erzählt werden. Es geht um die junge Anne (Lea van Acken), die als Jüdin während der NS-Zeit in Amsterdam lebt. Als sich die Lage für Anne und ihre Familie verschlechtert, entschließen sie sich unterzutauchen. Anne berichtet in dem Tagebuch von dem Alltag im Hinterhaus. Wie es ist, wenn man als Jüngste der acht Untergetauchten kaum ernst genommen wird und neben der großen „vernünftigen“ Schwester Margot (Stella Kunkat) als ein Nichts dasteht. Wie es ist, wenn man nachts kaum schläft, weil die Bombenangriffe einem solche Angst machen und sich die Situation am Tag auch nicht verbessert: Die Fenster dürfen nie geöffnet werden, die Toilette tagsüber nicht benutzt und Geräusche und Bewegungen sollen vermieden werden. Eine Möglichkeit, sich von Streit oder dem Tadel der Eltern (Martina Gedeck und Ulrich Noethen) zurückzuziehen, findet Anne in ihrem Tagebuch, in dem sie ihre Freude, Hoffnungen, Sehnsüchte, Gedanken und Ängste in Worte gießt. Die Produzenten M. Walid Nakschbandi (AVE) und Michael Souvignier (Zeitsprung Pictures) in Koproduktion mit Universal Pictures International lassen Annes Erlebnisse neu aufleben. Durch den täglichen Kampf wird Anne stärker, erwachsener, und erfährt, wie es sich anfühlt, sich das erste Mal zu verlieben.
Lies auch die Besprechung von Annika
Das Gegenteil von langweiligem Geschichtsunterricht
Mich hat der Film positiv überrascht, weil er genau das Gegenteil von dem verkörpert, was ich unter langweiligem Geschichtsunterricht verstehe, obwohl manche Szenen etwas langatmig sind. Das Schicksal der Juden ist ein heikles Thema, weshalb der Film nicht für jeden etwas ist. Mit Kinder unter zwölf Jahren würde ich nie in den Film gehen, denn der Film hat seine Ernsthaftigkeit, die das Thema verlangt, und die Stimmung ist teilweise schon sehr bedrückend. Leider ist das Ganze auch heute zeitgemäß und brandaktuell, denn Flucht, Rassismus und Diskriminierung von Volks- und Religionsgruppen bestehen immer noch. Annes Ausdruck, diese Stimmung und ihre Gedanken, während sie langsam erwachsen wird, ließen mich meinen Blick nicht von der Leinwand abwenden. Ich spürte ihren Wunsch, später nicht vergessen zu werden, ein Zeichen zu setzen. Und das verzweifelte Bedürfnis, ernst genommen zu werden, auch wenn sich die Familie eher etwas abfällig schmunzelnd über das Tagebuch und ihre Zukunftsträume äußerte. Immer gab Lea van Acken mir das Gefühl, dass sie wirklich Anne war. Auch wenn ich nicht sagen kann, ob es ihre Stimme oder ihre Ausstrahlung war, die mich so berührte. Aber auch sonst war der Film einfach total genial besetzt. Nur die Szenen in der Schweiz bei der Familie waren für mich irgendwie etwas „heidimäßig“. Die Sonne scheint auf die Berge, deren Spitzen schneebedeckt sind und lässt das Gras und die Bäume einfach zu perfekt, fast unwirklich wirken. Die Kinder tanzen umher und es fehlen nur noch der Geissenpeter und seine Ziegen. Ansonsten war ich einfach nur umgehauen! Der Film ist im Gesamtpacket richtig heftig, aber diese atemberaubende Stimmung hat mich zu Tränen gerührt…
Ein GÄNSEHAUTFILM!!!
Ein Film von Hans Steinbichler
Mit Lea van Acken, Martina Gedeck, Ulrich Noethen, Stella Kunkat, André Jung, Margarita Broich, Leonard Carow, Arthur Klemt, Gerti Drassl u.a.
*Deutscher Kinostart: 3. März 2016*
Autorin / Autor: p.c.bumblebee - Stand: 9. Februar 2016