Die Schüler von Winnenden - Unser Leben nach dem Amoklauf
Autoren: Marie Bader, Marie-Luise Braun, Steffen Sailer, Pia Sellmaier, Annabell Schober, Jennifer Schreiber
Am Vormittag des 11. März 2009 erschießt der 17-jährige Tim Kretschmer 15 Menschen und zuletzt sich selbst. Elf weitere Menschen werden schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Der Amoklauf ereignete sich in der Albertville-Realschule in Winnenden und in der Umgebung von Winnenden. Tim Kretschmer war ein ehemaliger Schüler der Albertville-Realschule und absolvierte dort 2008 seine Mittlere Reife.
In dem Buch „Die Schüler von Winnenden – Unser Leben nach dem Amoklauf“ schildern sechs Opfer des Amoklaufs ihre Erinnerungen an den Tag vor dem Amoklauf, an den Amoklauf und die Zeit danach. Die Schüler Marie Bader, Steffen Sailer, Annabell Schober, Jennifer Schreiber und Pia Sellmaier und die Lehrerin Marie-Luise Braun werden den 11. März 2009 nie vergessen. Sie alle haben Angehörige oder Freunde verloren und haben immer noch mit den Folgen zu kämpfen.
Fast alle der sechs Autoren haben den Amoklauf miterlebt. Marie Bader muss zusehen, wie ihre Freundin erschossen wird, mit der sie zuvor die Plätze getauscht hat. Marie engagiert sich später beim Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden, eine Stiftung gegen Gewalt an Schulen. Ziel dieser Stiftung ist es, Maßnahmen, Modelle und Konzepte zu fördern, um die Gewalt an Schulen einzudämmen und weitere Amokläufe zu verhindern.
Steffen Sailer ging damals in die 9c, die Klasse die von dem Amoklauf am meisten betroffen war. Er greift geistesgegenwärtig zum Handy und ist der Erste, der die Polizei ruft. Der Schüler macht sich lange große Vorwürfe, dass er seine Mitschülerin Jana nicht retten konnte, obwohl für sie keine Hoffnung mehr bestanden hat.
Nach dem Amoklauf hält er sich größtenteils aus dem Medienrummel heraus und geht nicht einmal auf die große Trauerfeier, auf der auch die Bundeskanzlerin anwesend war.
Annabell Schober war zur Zeit der Tat 11 Jahre alt und besuchte die 5. Klasse der Geschwister-Scholl-Realschule. Annabell verlor bei dem Amoklauf ihre große Schwester Jana, die Mitschülerin von Steffen. Ihre Freunde und ihre Familie unterstützten sie in der nachfolgenden Zeit sehr, und ihr Vater war es, der das Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden gründete.
Jennifer Schreiber muss zusehen, wie ihre Chemie-Referendarin angeschossen wird und daraufhin stirbt. Hätte Frau Schüle nicht direkt vor ihr gestanden, wäre Jenny selbst angeschossen worden und gestorben. Noch Jahre später wird die Schülerin von Albträumen und Flashbacks verfolgt. Besonders schlimm für sie ist es, mit dem Rücken zur Tür zu sitzen, was sie aber mit ihrer Therapeutin und guten Freundin Melissa allmählich in den Griff bekommt.
Die zur Zeit der Tat acht Jahre alte Pia Sellmaier verliert ihre Freundin Jana, mit der sie oft gespielt hat und trotz des Altersunterschieds eng befreundet war. Auch sie ist geschockt von den Folgen des Amoklaufs, von dem Aufmarsch der Presse vor ihrem Haus, in dem auch Janas Familie lebte. Ihre Mutter hilft ihr dabei, die schwere Zeit durchzustehen, aber den 11. März 2009 wird auch Pia nie vergessen.
Die Lehrerin Marie-Luise Braun schaffte es durch eine geistesgegenwärtige Reaktion viele Menschenleben zu retten. Sie war die Lehrerin der stark betroffenen Klasse 9c, und schaffte es, einen zweiten Angriff Tim Kretschmers zu verhindern, indem sie reaktionsschnell die Tür verschloss. Auch sie musste lange von einer Therapeutin betreut werden, bis sie es schaffte, die Albertville-Realschule ein zweites Mal zu betreten.
*Eine andere Geschichte als die der Medien*
In dem Buch wird besonders die Reaktion der Presse kritisiert und verurteilt. „Wie Geier“ stürzen sie sich „sensationsgierig“ auf die Opfer des Amoklaufs, nur um dann doch nie geschehene Ereignisse zu erfinden oder umzudichten. Auch dass sich nach dem Amoklauf eher um den Täter, Tim Kretschmer, gekümmert wird, ärgert die Opfer.
Das war auch einer der Beweggründe „Die Schüler von Winnenden – Unser Leben nach dem Amoklauf“ zu verfassen: Um die eigene, wahre Geschichte zu erzählen und diese nicht durch die Medien verfremden zu lassen.
Auch die Reaktionen der Politiker auf die Tat ist nicht zufriedenstellend. Zwar wird am Anfang noch lang und breit über den Waffenbesitz und deren Aufbewahrung diskutiert, aber am Ende wurde kein neues Gesetz erlassen, welches Amokläufe und Gewalt an Schulen verhindern oder einschränken könnte. Diese Tatsache kritisiert besonders Marie - als Mitglied des Aktionsbündnis.
*Tiefgründig und ergreifend*
„Die Schüler von Winnenden“ ist ein empfehlenswertes Buch, für alle die mehr über Tim Kretschmers Tat erfahren wollen, ohne Angst vor erfundenen Tatsachen der Medien haben zu müssen. Natürlich ist das Buch voller Emotionen und sehr genauen Wiedergaben der Ereignisse des 11. März 2009. Jeder Leser muss für sich selbst entscheiden, ob er so ein emotionsgeladenes Buch ertragen kann oder nicht, da man sich bei jeder noch so ergreifenden und schockierenden Textstelle klar werden muss: Das ist alles wirklich so vorgefallen. Ich für meinen Fall bin sehr froh darüber, dass Buch gelesen zu haben, denn es gibt erstens einen großen Aufschluss über die Geschehnisse an diesem Tag, die man sich weder vorstellen konnte noch wollte. Und zweitens regt es unglaublich zum Nachdenken an. Über Mobbing an Schulen, über Massenmedien, Versprechen der Politiker und die Regelung des Waffenbesitz in Deutschland. Ein tiefgründiges Buch, das ich jedem, der die „wahren“ Geschehnisse erfahren will, empfehlen kann.
*Erschienen im: Arena Verlag*
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Autorin / Autor: anna95 - Stand: 30. April 2013