Wer hat Angst vorm Feminismus - Warum Frauen, die nichts fordern, nichts bekommen
Autorin: Hilkje Hänel
Hilkje Hänel nimmt in ihrem Buch mit dem prägnanten Titel „Wer hat Angst vorm Feminismus – Warum Frauen die nichts fordern, nichts bekommen“ kein Blatt vor den Mund. Was Hänel möchte, ist aufklären. Aufklären über den seit wenigen Jahren wieder fast omnipräsenten Begriff des Feminismus, seiner Entstehungsgeschichte, dessen Bedeutung wie auch dessen Wandel.
In 18 kleinen Kapiteln, die beispielsweise Überschriften wie „Machtlos oder sexy“, „Über Frauen wird entschieden“ oder „Intersektionalität oder: Für wen machen wir Feminismus?“ tragen, beschreibt Hänel in erster Linie in welch verzwickter Situation sich Frauen seit jeher befinden, welches Leid sie ertragen und mit welchen gesellschaftlichen Kämpfen sie sich auseinandersetzten mussten bzw. immer noch müssen. Auch wenn sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts für die Frauen gesetzlich und auch gesellschaftlich so einiges verändert hat und Frauen heute bspw. ohne Zutun des Mannes Entscheidungen treffen dürfen, arbeiten gehen können oder nicht mehr verheiratet sein müssen, so zeigt sich in vielen Bereichen bis heute immer noch ein deutliches, wenn auch eher unsichtbares Machtverhältnis.
So existiert z.B. weiterhin eine geschlechterspezifische Bezahlung des gleichen Jobs oder, wie die #MeToo Debatte es eindringlich verdeutlicht, dass viele Männer weiterhin sexuellen Anspruch an den Körper einer Frau erheben. Als Ausgangspunkt für die bis heute bestehende patriarchale Unterdrückung der Frau und das Vorhandensein sexistischer Strukturen sieht Hänel die binäre Geschlechteridee.
Diese beschreibt, dass es von Natur aus nur zwei Geschlechter (männlich und weiblich) gibt. Hinzu kommt, dass zwischen biologischen und sozialen Geschlecht unterschieden werden muss und aufgrund von kulturellen und gesellschaftlichen Einflüssen, den zwei Geschlechtern eine Rolle zugewiesen wird und geschlechterspezifische Verhaltensregeln festgesetzt werden. In der westlichen Welt herrscht so bis heute immer noch das Bild, Mann gleich stark, engagiert, unabhängig, gutaussehend, erfolgreich, etc., während die Frau mit Adjektiven, wie fürsorglich, emotional, kooperativ, hübsch, naiv, etc. assoziiert wird. Die dadurch entstandenen Rollenkorsetts beeinflussen und engen Mann und Frau bis heute ein. Mit dem einzigen Unterschied, dass die Männer weitaus mehr davon profitieren.
Das 170-seitige Buch mit anhängendem Glossar und seitenlangen Quellenverzeichnis hat es buchstäblich in sich. Ich muss gestehen, dass ich tatsächlich vor dem Lesen des Buches ‚Angst‘ hatte, mich der Thematik zu widmen. Zu komplex, oft schwer verständlich aufgearbeitet und in den Medien 24h omnipräsent und Dauerthema.
Dass es bis heute eine geschlechterspezifische Ungleichheit gibt, war mir immer schon bewusst, aber dass es so weitreichende Folgen hat und die Geschichte soweit zurückreicht nicht. Das Schöne an dem Buch von Hilkje Hänel ist, dass sie es schafft, so ein komplexes und theoretisches Thema auf das wesentliche herunterzubrechen und mit vielerlei Beispielen anschaulich zu machen, sodass es wirklich auch für Laien (wie mich) verständlich wird. Hinzukommt, dass Hänel nicht nur den Ist-Zustand sondern auch die Wurzeln des Ganzen beschreibt und in den letzten Kapiteln auch mögliche Lösungsvorschläge aufzeigt. So macht die Autorin Mut und beschreibt, dass es allein in unseren Händen liegt, Veränderungen zu bewirken. Sei es bspw. im Umgang mit Transfrauen oder Transmännern oder der heutigen Kindererziehung.
*Erschienen bei C.H.Beck*
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Autorin / Autor: honeybear7 - Stand: 23. August 2021