Schulfach Alkoholmissbrauch?
Schüler sollen lernen, mit Alkohol umzugehen. Manchen PolitkerInnen wollen die Schule in die Pflicht nehmen. Ein Kommentar von feli
Die Schüler lümmeln an ihren Tischen herum. Vorne am Pult hat der Lehrer eine Reihe Flaschen aufgestellt und sagt: "Nein, liebe Kinder, Alkohol ist nicht gut für eure Leber."
Total skurril? Aber vielleicht bald Realität! Denn die Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing von der SPD fordert das Schulfach "Lebenskompetenz". Dabei soll der Aspekt Alkoholmissbrauch eine tragende Rolle spielen, neben Stressbewältigung und gesunder Ernährung.
Der Vorsitzende des Städte- und Gemeindebundes Gerd Landsberg stimmt Bätzing zu: Wenn die Eltern den Alkoholkonsum ihrer Kinder nicht kontrollieren könnten, müsse der Staat das eben übernehmen.
23.000 Kinder und Jugendliche trinken sich jährlich ins Koma, eine alarmierende Zahl. Doch ob man dieses Problem in der Schule reparieren kann? Denn letztendlich sind es ja mal wieder die Lehrer, die solche gesellschaftlichen Probleme behandeln sollen. Klar, diese haben ja auch sonst nichts zu tun. Viele Lehrer kommen schon mit ihrem normalen Schulstoff nicht durch, und jetzt soll man einfach noch ein neues Fach auf den Stundenplan semmeln?
Was haben Alkohol und Drogenkonsum mit Schule zu tun?
Vor allem für die schüler, die ohnehin schon bis Nachmittags in der Schule sitzen, stellt das einfach nur eine weitere Stunde weniger Freizeit dar. Und für die Lehrer bedeutet das eine Ausbildung in Bereichen, die mit Schule im eigentlichen Sinne kaum noch was zu tun haben: Alkohol und Drogenkonsum.
Reperaturbetrieb Schule
Josef Kraus, der Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbandes, äußert sich der Rheinischen Post gegenüber ziemlich deutlich zu dem Thema: "Immer, wenn gesellschaftliche Probleme auftreten, soll die Schule als Reperaturbetrieb herhalten." Die Eltern müssten selbst ihren Kindern auf die Finger schauen, und das Alkoholverbot für Minderjährige müsse strenger durchgesetzt werden. "Wenn Frau Bätzing nicht mehr dazu einfällt, ist sie nicht qualifiziert für ihre Aufgabe."
Aber zum Glück fällt Frau Bätzing und Gerd Landsberg noch was anderes ein: Die Krankenkassen sollen mehr Geld für Alkoholprävention ausgeben. Und an welchem Ende sollen die Krankenkassen dann Geld einsparen? Außerdem sollen die Tankstellen zwischen 22.00 und 5.00 keinen Alkohol mehr verkaufen dürfen. Und zwar an niemanden, was die Tankstellenpächter zu Protesten aufruft. Mit diesem Verbot anfangen soll das Land Baden Württemberg zum Jahreswechsel, andere Länder sollen folgen - soweit die Vorschläge.
Mit dem Sixpack am Bushäuschen
Landsberg gesteht dennoch eine "gewisse Hilflosigkeit", wenn man zu solchen Maßnahmen greifen müsse. Vorbeugen sei besser. Aber auch da hat Frau Bätzing schon eine Idee: "Wenn die Jugendlichen vor Ort kein Jugendzentrum, keine Freizeiteinrichtung mehr haben, müssen wir uns nicht wundern, wenn sie mit einem Sixpack zum Bushäuschen gehen." Also müssen mehr Jugendeinrichtungen her. Wenn Frau Bätzing jetzt noch Geld dafür findet, wenn sie mehr Zeit für Lehrer und Schüler beschaffen kann, wenn sie den Tankstellenpächtern eine Alternative zum Alkohoverkauf bietet und alle Zweifler von sich überzeugt, ja, dann ist das an sich ein schöner Plan.
Autorin / Autor: feli - Stand: 17. Juli 2009