Mädchen lesen, Jungs rechnen
OECD-Studie entdeckt Wiederaufleben des Klischees
Dass Mädchen lieber lesen und Jungs vorzugsweise mathematische Probleme lösen, ist leider kein doofes, altmodisches Vorurteil, sondern eine aktuell bestätigte Tendenz. Die OECD-Studie „Equally prepared for life? How 15 year-old boys and girls perform in school“, die am Dienstag von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlicht wurde, bestätigt leider das längst tot geglaubte Klischee. Zwar sind die Mathe-Noten beider Geschlechter am Ende der Grundschulzeit noch gleich, aber mit etwa 15 Jahren schneiden die Jungs in fast allen untersuchten Ländern in Mathe besser ab als die Mädchen - und das trotz der vielen Förderprogramme! Umgekehrt sind die Mädchen aber besser im Lesen.
Keine Unterschiede in der Begabung
Diese Unterschiede liegen aber laut Studien-AutorInnen keinesfalls in einer verschiedenen Begabung von Jungs und Mädchen. Schuld daran sei ganz klar das Lern-Umfeld und die mangelnden Vorbilder. "Dass diese Unterschiede eher auf Stereotype als auf unterschiedliche Begabung zurückzuführen sind, legen die Ergebnisse aus dem Bereich "Problemlösung" nahe: Hier schneiden 15-jährige Mädchen ähnlich gut ab wie ihre männlichen Altersgenossen, während sie beim Lösen mathematischer Probleme hinter den Jungen zurückliegen. Die Studie schreibt diesen Unterschied dem Kontext zu, in dem mathematische Probleme in der Schule präsentiert werden, aber auch den Zweifeln der Mädchen an ihren mathematischen Fähigkeiten", heißt es im Bericht.
Nicht die Fähigkeiten, sondern die Vorurteile entscheiden
So sind es meist nicht die Fähigkeiten, sondern die stereotypen Einstellungen von Mädchen und Jungen, die dann auch noch darüber entscheiden, welcher Beruf gewählt wird. So studieren zum Beispiel Mädchen deutlich häufiger Lebenswissenschaften als Jungen, obwohl sich die Leistungen in diesem Bereich kaum unterscheiden. „Viele Länder können mit Recht stolz darauf zu sein, dass Jungen und Mädchen in den schulischen Kernfächern die gleiche Leistungen erbringen“, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría. „Wir dürfen aber nicht akzeptieren, dass Vorurteile wie 'Lesen ist nichts für Jungen' oder 'Mathe ist nichts für Mädchen' weiter bestehen. Solche Ansichten führen dazu, dass unseren Gesellschaften wichtiges Bildungspotential verloren geht.“
LehrerInnen sollen sich für Gleichberechtigung einsetzen
Der Bericht appelliert schließlich vor allem an die Lehrkräfte: Sie sollten deutlich mehr für die Gleichberechtigung der Geschlechter tun. Beispielsweise müssten sie sich der Erwartungen, die sie gegenüber ihren SchülerInnen haben, bewusst werden und sich Strategien überlegen, wie man das Selbstbewusstsein und die Motivation der SchülerInenn in ihren schwachen Fächern stärken kann. Mit der Arbeit in der Klasse sei es allerdings nicht getan, auch die Familien und die Gesellschaft müsse stärker eingebunden werden, so die Studie.
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 27. Mai 2009