Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet
Wir stehen vor seiner Haustür: „Also gut, dann bis morgen“, sagte ich und lächle ihn liebevoll an. Er gibt mir einen Abschiedskuss, geht rein, um seine Chucks auszuziehen, überlegt kurz und schüttelt dann den Kopf: „Morgen geht nicht.“ Ich runzle die Stirn und mache den Mund auf, doch er ist schneller: „Ich bin morgen bei Kim, das weißt du doch.“ Kim ist seine beste Freundin. Sie wurde vor kurzem von ihrem Freund verlassen und ist voll am Ende. Einerseits finde ich okay, dass er sie aufmuntern will, doch ich konnte meine Eifersucht nicht stoppen. Er soll Kim trotzdem nicht in den Arm nehmen, egal wie traurig sie ist! Ich schaue ihn wütend an. „Lass das, ich mags nicht, wenn du so guckst.“, meinte er genervt. Viel zickiger als geplant fauchte ich: „Dann überleg doch mal woran das liegt.“ „Als ob du immer für mich Zeit hättest.“ „Ich bin dann wenigstens nicht bei anderen Männern. Wer weiß, was da bei euch passieren kann!“ „Du weißt ganz genau wie treu ich dir bin.“ Er hat recht und bleibt gelassen. Das bringt mich erst recht zum Kochen: „Boah, dann geh doch zu deiner scheiß Kim, wenn sie dir wichtiger ist als ich!“ Ich strecke meine Hand zum Türgriff aus und knall die Tür mit voller Gewalt zu. Es knallt sehr laut. Doch es ist mir egal. Wütend geh ich die paar Stufen von der Haustür hinunter. Erst jetzt merk ich das es regnet. Meine Tränen vermischen sich mit dem Regenwasser. Ich würde mich am liebsten zusammenkauern, heulen und warten, bis er mir hinterher rennt. Denn es ist mir eben doch nicht egal. Ich höre ein Geräusch, nehme die Hände von dem Gesicht und drehe mich zur Haustür um. Doch sie ist immer noch zu.
Dicke Tränen kullern mir nun die Wange hinunter. Meine Gedanken kreisen um ein besonders schönes Treffen mit ihm.
Es war schon spät abends. Ich fuhr auf den Hof, parkte ein und zog den Schlüssel aus dem Schloss meines neuen Autos. Am Tag davor war mein 18. Geburtstag. Mein Freund wollte mich mit etwas besonderem überraschen und ich sollte zu ihm fahren. Schon die Fahrt war wundervoll. Das neue Auto roch so gut, so unbenutzt und rein.
Ich stieg aus und stieß sachte meine Autotür zu. Ich stellte mich ein bisschen an, wenn es um Kratzer im Lack ging, schließlich war es noch nagelneu und so sollte es auch noch so lange wie möglich aussehen.
Ich schloss ab und ging zur Haustür meines Liebsten. Ich suchte den richtigen Schlüssel und schloss auf. Ich zog rasch meine Schuhe aus und folgte der Musik, die aus dem Wohnzimmer zu dringen schien. Ich schluckte einmal fest. Mein Hals war sehr trocken und ich war richtig angespannt vor Aufregung. Was ist wohl hinter dieser Tür? Sicher schenkt er mir etwas wunderschönes, doch was bloß? Ich versuchte zwischen den Spalt der nicht richtig geschlossenen Tür zu spähen. Doch ich sah nicht viel, es war schon sehr dunkel. Ich holte einmal tief Luft und drückte gewagt die Tür auf.
Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
Der Raum war voll mit Kerzen, einige waren rot, andere weiß, viele waren in einer Form von Rosen und Herzen. Vor dem Fernseher auf dem Boden war eine Decke, um sie herum Rosen. Es lief gerade mein Lieblingslied. Ich unterdrückte eine Träne vor Freunde. Er hatte sich so viel Mühe gemacht, mein Herz hämmerte.
Ich ging zaghaft in den schönen Raum hinein, der heute ganz anders aussah als sonst und schaute mich um. Und dann sah ich ihn. Er kam auf mich zu und flüsterte mir „Alles Gute meine Schönheit“ ins Ohr. Ich lächelte sehr vor Freude über den ganzen Aufwand.
Er nahm meine Hand und wir legten uns auf die Decke, er schenkte mir Wein ein. Dann holte er eine kleine Schmuckschachtel heraus. Ich murmelte etwas wie „Das wäre doch nicht nötig gewesen.“ Doch ich freute mich sehr. Er schenkte mir eine hübsche Halskette und ich legte sie sofort um. Dann bekam ich meinen Geburtstagskuss.
Der Abend wurde immer besser...
Doch jetzt stehe ich hier und weine noch mehr bei dem Gedanken daran, ihn zu verlieren. Wir sind noch nicht in dem Alter, in dem man über Hochzeit und Kinder ernsthaft nachdenkt, doch ich bin mir sehr sicher, dass ich die nächste Zeit meines Lebens auch noch mit ihm teilen will.
Zweifel kommen in mir hoch. Was ist, wenn ich ihn wegen so etwas verliere?
Na und, dann hat er eben mal keine Zeit. Vielleicht schläft er ja danach bei mir oder übermorgen. Wir haben so viel Zeit, da kommt es auf einen Tag auch nicht an. Er muss für seine Beste da sein, für Kim, denn sie war auch immer für ihn da und ich will, dass er glücklich ist.
Nun kommt mir meine Aktion blöd vor. Warum hab ich nur so überreagiert? Sie ist nicht einmal sein Typ und selbst wenn, ich darf mich ja auch mit anderen Männern treffen. Wie egoistisch von mir ihm so etwas verbieten zu wollen.
Ich wische mir schnell die Tränen weg und eile zur Haustür, hole meinen Schlüssel heraus und will aufschließen. Ich werde mich entschuldigen und ihm sagen, dass das nicht wieder vorkommt. Ich will ihn nicht verlieren. Ich liebe ihn! Er wird schon nicht allzu sauer sein. Hoffe ich zumindest.
Doch dann bleibe ich stehen. Und was wenn doch? Was ist wenn er mich anschreit? Mich nicht da haben will? Ich ihn nerve?
Meine Augen füllen sich wieder mit Tränen. Bella, du musst dich zusammenreißen. Du liebst ihn und er dich auch, er wird das schon verstehen.
Ich nehme meinen Mut zusammen und gehe die letzten Schritte zur Tür, doch bevor ich meinen Schlüssel im Schloss habe, öffnet er sie schon.
Ihm kullert eine Träne aus dem Augenwinkel. Ich habe Schuldgefühle und fühle mich schlecht, denn er weint nur wegen mir. Ich schaue ihn entschuldigend an und wische seine Träne weg. Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn und nimmt mich in den Arm.
Ich weiß nicht mehr wie lange wir wortlos, Arm-in-Arm, im Türrahmen standen, doch alles ist wieder gut. Ich brauchte mich nicht zu entschuldigen, denn wir verstehen uns auch ohne Worte.
Autorin / Autor: Isabel, 14 Jahre - Stand: 9. Juni 2010