Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet
Am Morgen des ersten Schultages kam ich eine halbe Stunde zu spät in die Klasse. Als ich die angelehnte Tür komplett aufstieß, hörte ich schon wieder dieses Geräusch, das ich heute Morgen unter meinem Zimmerteppich auch schon gehört hatte. Es klang wie ein Hilferuf oder ein Wimmern. Egal, dachte ich mir. Das waren wieder diese Gedanken, die ich im Halbschlaf dachte. Jetzt musste ich meinem Lehrer erst einmal erklären, wieso ich zu spät gekommen war: "Öhmm..., also das war so...." "Setz dich hin und hohl dein Matheheft raus!" brach mich mein Lehrer ab. In der Pause erzählte ich meiner besten Freundin, die immer und für alles Verständnis hatte, die Geschichte von dem merkwürdigen Geräusch. "Da, schon wieder!" Meine Freundin kringelte sich vor Lachen, als ich ihr auch noch sagte, dass ich glaubte, es wäre ein kleines Wesen, welches in einer anderen Welt lebte und sich aufmerksam machen wollte. Es wäre doch eine schöne Vorstellung, wenn dort z.B. ein kleines Muk Muk leben würde oder so. Mit dem würde ich mich sofort anfreunden, dachte ich mir. Den ganzen Tag schon verfolgte mich dieses Gejammer meines kleinen Freundes, dem Muk Muk. Ich redete mit keinem mehr darüber, seit meine Freundin mich ausgelacht hatte. Ich wollte mir das Muk Muk heute Abend nach der Schule vorknüpfen und mit ihm ganz allein an einem stillen Ort reden. Bis dahin musste ich das Gepiepse schon noch aushalten. Drrrrrrr... es klingelte. Die Pause war vorbei. Jetzt hatte ich Geschichte, auch Schlafstunde genannt. Dort konnte ich mich in aller Seelenruhe auf mein Gespräch mit dem Muk Muk vorbereiten. Ich setzte mich auf meinen Platz und legte den Kopf auf meine Hände. Am Nachmittag, nach dem Mittagessen schloss ich mich mit der Ausrede Hausaufgaben, in mein Zimmer ein und suchte meinen Freund das Muk Muk. Als ich es dann endlich, nach langer Suche, gefunden hatte, war ich ganz entzückt und musste lachen. Ich sah nur einen kleinen Kopf mit grünen sehr verwuschelten Haaren, der aus meiner Handytasche herausguckte. Vorsichtig legte ich die Handytasche auf mein Bett. "Na du kleines süßes dutzi dutzi", sagte ich zu ihm. Mit meinem kleinem Finger wuschelte ich durch sein grünes Haar, wie Moos kam es mir vor. Da fiel mir ein, dass meine Mama in ihrem kleinen Buchladen noch ein Buch über Gnome, Zwerge, Trolle und andere Fabelwesen hatte. Ich holte eine Schüssel Milch und stellte sie dem Muk Muk hin. "Bin gleich wieder da mein Süßer, sei schön brav", sagte ich, schloss das Zimmer hinter mir ab und radelte zum Buchladen und lieh mir das Buch aus. Danach fuhr ich wieder nach Hause. Doch als ich gerade meine Zimmertür aufschloss, hörte ich ein lautes Poltern. "Oh nein, lieber Gott, bitte mach, dass das nicht wahr ist." Es war wahr. Mein Zimmer sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen, überall war Milch auf dem Boden. Ich holte einen Lappen, um wenigstens dies schon mal sauber zu machen. Dann suchte ich das Muk Muk, ich fand es in meinen Süßigkeitenschachtel in der Chipstüte. Aber nein, was war das? Da saß noch einer. Ich legte das Buch beiseite und schüttete die zwei Wesen auf meine Hand. Das neue war ein Mädchen und hatte rote Haare. Sie sah so süß aus in ihrem gelben Kleidchen. "Wie niedlich, wie heißt du denn?" Quatsch, sie kann mich doch gar nicht verstehen. Also beschloss ich sie Flic-Flac zu nennen, passte irgendwie gut der Name seltsam das es jetzt schon zwei gab. Wo kamen sie her, wie viele waren es, wieso waren sie hier, kamen sie etwa doch aus einer geheimen Unterwelt? Es gab so viele Fragen. Ich wollte der Sache auf den Grund gehen und nahm dazu das Buch zur Hilfe, das ich mir ausgeliehen hatte. Ich kuschelte mich zwischen meinen Kissenberg auf das Sofa, legte Muk Muk und Flic-Flac auf mein Knie, so dass ich sie immer mit meinen Blicken verfolgen konnte und schlug das Buch über Gnome auf. Es gab so viele Fabelwesen, wie sollte ich da etwa die gesuchte Sprache herausfinden? Doch da stand als Überschrift: Mischlingszwerg/ Gnom und Wicht gekreuzt. Aha. Die Abbildung zeigte mir ein wurzeliges Etwas mit runzeligem Gesicht und blauem Haar. Das könnte glatt der Uropa von Flic-Flac und Muk Muk sein. Ich las die Seite durch. Zum Schluss stand dort dieser Satz: "Die Sprache der sogenannten Gnom-Wichte drückt sich durch ein Piepsen aus, was keiner entziffern kann, doch man kann sich mit ihnen in Zeichensprache verständigen. Das ABC und mehr finden sie auf der folgenden Seite Nr.35." Okay, ich habe ja sonst nichts Besseres zu tun, als diese Zeichensprache zu lernen, dachte ich - egal, mal was anderes als immer nur Vokabeln lernen. Als ich dann das Gröbste studiert hatte, widmete ich mich meinen Freunden, die anscheinend müde waren, denn sie hatten sich auf meinem Knie zusammengrollt. Ich fing mit dem Gepiepse und der Zeichensprache an. Langsam öffneten sie die Augen, setzten sich hin und hörten mir zu. Ich fragte die beiden, wo sie denn herkamen und wo sie wohnten. Und tatsächlich, sie verstanden mich und zeigten aufgeregt auf meinen Teppich. Häh?!? Kamen die etwa aus meinem Teppich? Ich setzte Muk Muk und Flic-Flac behutsam auf meinen Teppich, um zu schauen was sie meinten. Die zwei krabbelten einfach darunter, das wollte ich auch sehen, also nahm ich den Teppich beiseite. Doch was war da? Eine Klappe, die einen Spalt weit offen stand. Die hatte ich nie zuvor beachtet.Ich öffnete sie und sah eine Landschaft, so klein und wunderschön wie man es sich nur vorstellen kann. Da kam ein dritter Wicht, er hatte graue lange Haare, einen spitzen Hut auf und einen langen Mantel an. Ein bisschen erinnerte er mich an den Zauberer Merlin. Er berührte mich mit seinem Wanderstab. Ich vernahm auch noch ein leises Wispern. Doch was passierte da?!? "Hiiiiiiiiieeeelfeeeee!" Das war das letzte Wort, das ich in meiner Sprache zustande brachte. Danach kam nur noch jämmerliches Gepiepse aus meinem Mund. Oje, wie ich aussah: klein, verrunzelt, pummelig und drollig. Nicht das optimale Aussehen eines Teenagers. Jetzt war ich ein Troll. Wie ich diesen Möchtegernzauberer verfluchte. Oje, meine Mama würde bestimmt bald merken, dass ich nicht mehr da bin und die Polizei alarmieren, um Suchtrupps loszuschicken, die würden dann die Klappe, die zum Zauberland führt, finden und alles zertrampeln. Jetzt wurde ich erst einmal von Flic-Flac, Muk Muk und Möchtegernzauberer in eine große Stadt gezogen. Da ich jetzt ihre Sprache verstand und sie auch sprechen konnte, fragte ich sie sofort über alles aus. In meinem Kopf schwirrten immer noch tausend Fragen, die ich jetzt alle stellen konnte: wie diese Stadt hießt, wie alt die drei Mischlingszwerge wären und wieso ich jetzt hier stand und nicht an meinem Schreibtisch saß und Hausaufgaben machte. Ich hatte immer noch schwarzes schulterlanges Haar und meine Stiefel, Jeans und Fleecejacke an. Mein Gehirn hatte ich, was praktisch war, auch noch behalten. So konnte ich mir alles merken. Einen Zettel und Stift fand ich aber zusätzlich noch in meiner Tasche. Jetzt wollte ich erst einmal diese Welt erkunden. Ich hatte bestimmt nicht mehr viel Zeit: um mir alles anzuschauen, reichte sie bestimmt nicht mehr aus. Doch was ich nicht ahnen konnte war, dass die Zeit in meiner realen Welt zurzeit stehen blieb. Aber das wusste ich ja nicht. Die einzigen Antworten auf meine Fragen waren: dass es 16.00 Uhr und Samstag war. Außerdem befand ich mich in der Hauptstadt WUGLAWICK. Hier war ein tosender Lärm. Tausende Wichtel huschten durch die Straßen, lachten, redeten und schrieen. Hier war ein großes Durcheinander und Wirrwarr, denn es war Weihnachtszeit. Außerdem hatte ich gehört, dass die Königsfamilie Taltono ihren jüngsten Sohn am Heiligen Abend verheiraten wollte. Sie veranstalten einen großen Hofball zu dem alle unverheirateten Frauen eingeladen werden, die schönste würde dann auserkoren und mit dem schönen Prinzen Tiranto Taltono verheiratet werden. Am Straßenrand standen Kerzen und leuchteten wunderschön in allen Farben. Scheint so, als wenn die hier ohne Strom auskommen müssten, dachte ich. Das kam mir alles sehr merkwürdig vor. In der Stadt Wuglawick herrschte große Vorfreude, doch man sah gerade jetzt das große Elend. Menschen saßen auf Fellen oder nur auf dem kalten Stein und bettelten um eine milde Gabe. Im vorbeigehen warf ich einem alten Zwerg einen Euro hin, doch er konnte damit nichts anfangen. Wieso war er nicht dankbar? Da sagte Flic-Flac, die jetzt meine Freundin war, dass hier eine andere Währung herrschte. Die handelten hier noch mit Goldstücken. Alles wie im Mittelalter. Hier gab es sehr viele Details, die man erst auf den zweiten Blick sah. Gerade entdeckte ich eine in Marmor eingemeißelte Bildfolge auf dem Straßenpflaster. Darauf erkannte man Pferde, Trolle und vieles mehr. Muk Muk und Flic-Flac brauchten noch Bücher für ein wichtiges Referat in der Schule. Deshalb begleitete ich sie in die große antike Stadtbücherei. Meterhohe Regale türmten sich bis zur Decke. Voll mit den dicksten und schönsten Büchern in allen Farben. Die Einbände waren mit golden Zeichen und Bildern geschmückt. Ich konnte mich gar nicht satt sehen. Ich hörte eine Stimme direkt hinter mir und ich schrak zurück. "Hast du schon von dem großen Hofball gehört? Du bist ein hübsches Mädchen, du würdest dich dort sehr gut machen. Mit der richtigen Kleidung würdest du auch als Prinzessin durchgehen", schleimte der Bibliothekar. "Pah!" Einerseits fühlte ich mich ja schon sehr geschmeichelt aber was bildete er sich denn ein? Er kannte mich doch gar nicht. Unerhört! Langsam war ich aber schon gespannt, was es mit dem Ball auf sich hatte. Ich bat Muk Muk mir alles zu erklären. Das tat er dann auch. Wir suchten uns ein gemütliches Plätzchen in einem Straßencafé und er erzählte mir einiges über diese Welt. Eine Legende interessierte mich sehr und ich lauschte aufmerksam. Sie handelte von der Königsfamilie Taltono und dem Brauch seine Söhne an Heiligabend zu vermählen. Doch bei dem ältesten Sohn war es sehr schwer, denn seit Jahren fand er nicht die Richtige. "Ist er denn so eitel?", fragte ich mit großer Verwunderung, denn ich hatte bisher nur Gutes über ihn gehört und sein Volk liebte ihn. "Nein nein, Taltono meint er, sucht nur die Richtige," erklärte Muk Muk. Der Heilige Abend rückte näher. Flic-Flac, die eine talentierte Schneiderin war, hatte mir ein prachtvolles Ballkleid genäht. Ich sah darin schon sehr hübsch aus, das musste ich zugeben. In meinen Zimmer, welches ich von Flic, ihr Spitzname, zur Verfügung bekommen hatte, stand ein großer Spiegel vor dem ich alle Tanzschritte übte. Ich war schon sehr aufgeregt. Ich hatte ein Bild von Tirato gesehen und es war Liebe auf den ersten Blick. So ging die Zeit bis Weihnachten nur schleppend voran. Meine Aufregung stieg. Ich träumte jetzt jede Nacht von Tirato dem Prinzen. Endlich war Heiligabend. Die letzten Vorbereitungen wurden getroffen. In der Stadt herrschte große Aufregung. So verging die Zeit, langsam wurde es Abend und der Ball konnte beginnen. Flic-Flac und ich gingen zum Schloss der Königsfamilie. Alle Mädchen und Frauen der Stadt taten dasselbe. So gab es ein Riesengedränge und Geschubse. Ich sah große und kleine Trollfrauen, dicke und dünne, hübsche und hässliche. Sie trugen prachtvolle Kleider aus edlen Stoffen. Eines schöner als das andere. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Als wir dann endlich im Schloss ankamen, war ich so überwältigt von dieser Schönheit, dass ich ein altes Weib umlief, welches mich sofort hysterisch anschrie. Das sah so albern aus das ich einen Lachkrampf bekam was die Situation nicht gerade einfacher machte. Flic Flac rettete mich indem sie mich zu der Tanzfläche zog.
Autorin / Autor: Marlin, 13 Jahre - Stand: 13. Juni 2010