Ich gehe vorsichtig den schmalen, weißen Gang entlang. In regelmäßigen Abständen sind goldgerahmte Bilder angebracht, bunte Bilder. Doch sie sind merkwürdig verzehrt. Ich erkenne nicht, was sie darstellen. Sie wirken sehr alt und prunkvoll, vermögen es aber nicht, die Einsamkeit, die der zu helle Gang ausstrahlt, zu verdrängen. Auf die Bilder kann ich mich nicht konzentrieren, denn ein Quadrat am Ende des weiten Ganges erregt meine Aufmerksamkeit.

Ist es ein weiteres Bild? Nein.

Als ich es betrachte, kommt es mir näher – oder wird größer, ich weiß es nicht. Und ich erkenne, es ist eine Tür. Die ebenfalls goldene Tür ist nur angelehnt und helles, warmes Licht drängt sich an ihr vorbei. Sie sieht sehr schwer aus.

Führt diese Tür ins Freie? Ist sie der Ausweg aus der stillen, kühlen Leere, die hier drinnen vorherrscht?

Ich mache noch einen Schritt auf die Tür zu. Sie hat weder einen Knauf noch eine Klinge, daher öffne ich sie einen weiteren Spaltbreit, indem ich haltsuchend meine linke Hand an ihrer Seite entlang gleiten lasse. Sie lässt sich überraschend leicht öffnen.

Nun schiele ich vorsichtig in die entstandene Öffnung und was mich überwältigt ist nicht das erwartete Sonnenlicht, sondern ein schimmerndes, volles Licht – zu weich, als dass es von der Sonne stammen könnte. Es geht aus von einer flimmernden kleinen Kugel, die in der Mitte des Raumes schwebt.

Ich trete ein, doch nur schüchtern. Die Decke reicht kaum höher als mein Kopf.

Ich möchte die Kugel berühren, möchte ihre Wärme spüren. Doch als dieser Wunsch in mir aufflammt, befinde ich mich plötzlich schon mitten in der Lichtkugel. Ich nehme das Licht in mich auf, bin ein Teil davon und mir fällt auf, dass ich endlich nicht mehr alleine bin. Direkt vor mir steht meine Mutter, mit ihren langen braunen Haaren, in einem weißen Gewand. Sie sieht mich wissend an, ich erkenne Güte in ihrem Blick.

Bin ich tot?