Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet
Eines sonnigen Samstagmorgens rannte Anne fröhlich in den Wald. Sie hatte sich mit ihren Freundinnen Lea und Emmeli auf der kleinen Lichtung verabredet. Gestern hatten sie einen Seitenweg entdeckt, den sie nicht zuvor gesehen hatten. Weil es schon spät war, wollten sie ihn heute erkunden.
Als Anne angekommen war, sah sie schon ihre zwei Freundinnen. Alle hatten sich zum Erkunden ausgerüstet: Anne hatte ihr Taschenmesser mit, das auch ein coolen Kompass hatte, Lea hatte ein Seil und Emmeli hatte eine Picknickdecke unter dem Arm. Alle hatten Essen, Trinken und eine Taschenlampe. Nach ein wenig suchen fanden sie den Weg wieder. Es war schon etwas gruselig, diesen verlassenen, gestrüppigen Weg zu gehen. Sie kämpften sich eine Weile lang durch das Dornengestrüpp bis der Weg plötzlich vor einem Haus endete -- nur es war fast nicht zu sehen: es war von Gestrüpp und Efeu überwuchert und am Dach fehlten ein Paar Dachziegel. Es sah bedrohlich aus zwischen den hohen Kiefern eingebettet. Sogar die Tür war nur angelehnt, nicht mal abgeschlossen. Die Freundinnen einigten sich mit Blicken, dass sie rein gingen. Anne lief ein Schauer über den Rücken. Was war, wenn hinter der Tür etwas gruseliges war... Gespenster, Vampire? ... Aber nein, dachte sie, Vampire und Gespenster gab es ja gar nicht! Trotzdem war sie beriet, sich umzudrehen, wieder weg zu laufen. Emmeli, immer die mutigste der drei, streckte ihre Hand aus und öffnete die Tür. Erleichterung überschwemmte Anne: Es war ein einräumiges Gebäude wo nur ein alter Schreibtisch und ein offener Schrank standen. Zu Dritt betraten sie den Raum und durchsuchten jeden Quadratzentimeter nach einer verborgenen Tür oder etwas anderem interessanten. Sie hatten schon ein schlechtes Gefühl, einfach diesen Raum zu durchsuchen, aber wie Lea sagte, es war lange kein Mensch hier, denn überall war ein zentimeter-dicke Staubschicht.
Nach zwei Stunden langer Suche brachte Lea alle zusammenfahren mit einem lauten „Ha!“. Sie hielt etwas kleines, goldglitzerndes in der Hand: ein kleines Stundenglas. Es hatte weißen Sand und einen unverzierten goldenen Ring, der es mit einer feinen, sehr langen, auch goldenen Kette verband. Anne und Emmeli bewunderten Lea, da beide die selbe Stelle abgesucht hatten. Lea hing sich die Kette um Hals damit sie nicht verloren ging.
Nach ein wenig suchen, sagte Lea, „Man, habe ich Hunger. Könnten wir nicht was essen?“ „Aber nicht hier drinnen,“ sagte Anne. „Hier ist zu staubig.“
Vor dem Haus breiteten sie eine Picknickdecke aus und aßen. Da Lea schon fertig war, spielte sie mit dem kleinen Stundenglas. Sie drehte es um die Kette, sagte „Oh!“ und war verschwunden.
Die anderen starrten auf die Stelle, wo Lea Sekunden vorher gesessen hatte. Lea hingegen fand sich auf einmal an der selben Stelle, aber ohne Freundinnen und Picknickdecke. Panisch guckte sie sich um, bis sie Stimmen in der Hütte hörte. Sie schlich sich zum Fenster. Was für ein Schreck! Alle drei Freundinnen, inklusiv sie selbst, waren im Haus und standen um das Stundenglas herum. „Was ist los?“ dachte Lea verzweifelt. Um besser nachzudenken, spielte sie wieder mit dem kleinen Stundenglas und drehte es noch mal um. Plötzlich stand sie wieder auf der Picknickdecke und ihre Freundinnen starrten sie erschocken an.
„Was hast du gemacht?“ sagte Anne entsetzt. „Keine Ahnung,“ erwiderte Lea und erzählte, was sie gesehen hatte. „Das hört sich an, als wäre die Zeit zurückgespult worden,“ sagte Emmeli. „Lass uns das noch mal ausprobieren!“ Die anderen zögerten. Aber nach kurzer Diskussion willigten sie andere zwei ein. Zuerst packten sie aber die Picknicksachen weg. Die Kette passte gerade über alle drei Köpfe. Lea drehte die winzige Sanduhr einmal um. Plötzlich standen sie vor der Hütte und Stimmen kamen aus dem Haus. Die drei guckten durch das Fenster und sahen wieder sich selbst in der Hütte. Dann sahen sie Lea an. Emmeli sagte nach einer Weile, „Ich habe dir nicht geglaubt, ehrlich, aber das ist wirklich gegen alle physikalischen Gesetze!“ „Das ist wirklich ... wie Magie...“ sagte Anne schwach. „Aber wollen wir nicht zurück in unsere Zeit?“ Die anderen waren einverstanden.
Zurück in der normalen Zeit liefen sie zum Fenster. Der Raum war leer aber in der Mitte vom Boden war ein verrosteter Eisenring, der ganz sicher vorher nicht da war. Glücklich noch etwas gefunden zu haben, rannten sie wieder in die Hütte und zogen an dem Eisenring, der an einer Fallklappe befestigt war.
Lea zog die Klappe hoch und darunter sahen sie, dass nicht schlimmes dort war, nur eine Treppe. „Also, gehen wir runter?“ fragte Anne. „Na klar!“ erwiderte Emmeli. „Was meinst du was vielleicht da unten ist – Schätze, oder Gold!“ „Bestimmt nicht,“ antwortete Lea. „Aber wir können ja mal gucken. Wir haben ja Essen und Taschenlampen.“ Etwas nervös stiegen alle mit Rucksack und Taschenlampe die Stufen ins Unbekannte runter.
Nach nur fünf Minuten laufen war alles Licht vom Eingang verschwunden. Kurz danach war vor ihnen eine steinerne Wand, die ihnen den Weg versperrte. Als sie sich schon enttäuscht zum gehen wendeten, rief Emmeli: „Halt! nein, hier ist noch was. Ein Schild, wie man durch die Wand kommt!“ Sie las vor:
Herzlichen Glückwunsch, dass du es so weit geschafft hast!
Um weiter zu kommen, musst du das Stundenglas in die Mulde tun, dann kannst du einfach durch diese Wand gehen. Dann wirst du ein Labyrinth vor dir finden. Am Ende des Labyrinths ist eine kleine Schachtel mit einem zweites Stundenglas und ein Schatz. Dahinter ist eine Tür die dich wieder ins Freie führt.
Nach eine Weile schweigen sagte Lea, „Wir sind so weit gekommen, aber was ist, wenn wir nicht zurück finden?“ Emmeli nickte, aber fügte hinzu, „Denkt doch an den Schatz!“
Etwas aufgemuntert steckten sie das Stundenglas in die Mulde. Sie gingen zu Dritt durch die Wand und es fühlte sich an wie Luft. Als sie durch waren, klopften sie an die Wand. Sie war wieder fest wie Stein.
Vor ihnen war schon eine Wegteilung. Zum Glück war auf dem Taschenmesser von Anne ein Kompass, der nun nach Norden zeigte. Sie begannen zu gehen, und sie gingen und gingen und gingen... Immer wieder auf den Kompass guckend irrten sie umher. Rechts, links, mitte, links... Anne versuchte, sich alles zu merken aber nach der ungefähr zwanzigsten Teilung konnte sie nicht mehr mithalten. Endlich nach ewigem Herumirren sahen sie es: eine Tür! Und davor einen Tisch mit der versprochenen Schachtel! Überglücklich rannten sie darauf zu . In der Schachtel waren drei Stundengläser, ein Schlüssel für die Tür und ein Zettel. Lea las vor:
Herzlichen Glückwunsch! Du hast es geschafft. Die anderen zwei Stundengläser sind für deine Freundinnen.
„Das ist ja toll! Für jeden eins! Toller Schatz. Aber lass lieber nach Hause gehen. Ich habe Hunger! Heute essen wir doch bei mir, oder?“
„Ja,“ sagte Anne, „aber ich hoffe deine Eltern sind nicht sauer, wenn wir spät sind. Denn vergesst nicht, wir wissen nicht, wo wir sind.“ Das jedoch erwies sich leichter als gedacht, denn sie fanden schnell einen bekannten Weg. Als sie alle zu Hause waren, erzählten sie alles von der geheimnisvollen Hütte bis zum Labyrinth. Die Eltern glaubten ihnen aber kein Wort bis sie es ausprobieren dürften. Danach mussten sie einsehen, dass die Geschichte wahr war und versprachen, es niemand weiter zu erzählen.
Autorin / Autor: Alruhn, 12 Jahre - Stand: 14. Juni 2010