Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet
Wie gebannt starrte ich auf die geschlossene Tür: Etwas Magisches ging von ihr aus! Es lag nicht direkt an der Tür: Ich schätzte, sie war aus dem 18. Jahrhundert und hatte einen reich verzierten Türgriff aus Messing. Ursprünglich war sie wohl einmal braun gestrichen gewesen, doch jetzt war die Farbe abgeblättert und das helle Holz kam zum Vorschein. Hinter dieser Tür erwartete mich etwas Magisches, doch ich wusste nicht, was das war; ich wusste nicht, wo ich war; ich wusste nicht, wie ich in diesen Raum hineingekommen war, wie auf diesen Stuhl. Um mich herum war nichts. Der Raum war rechteckig und hatte einfache, weiße Wände. Der Boden war aus grauem Beton. Sonst war hier nichts. Und diese Tür passte einfach nicht hier hinein! Ich konnte sie mir vorstellen in einem prunkvollen Schloss oder einem hochherrschaftlichen Herrenhaus, aber nicht in diesem tristen Raum!
Ich stand auf, um auf die Tür zu zugehen, doch sofort erschrak ich: Das Licht setzte kurz aus, das hatte ja kommen müssen! Es hatte während der letzten (gefühlten!) fünf Stunden schon des Öfteren geflackert, aber erloschen war es noch nie! Zum Glück ging es sofort wieder an. Also setzte ich meinen Weg fort. Vor der Tür machte ich kurz Halt. Bisher war ich einfach zu verschreckt gewesen, um zu probieren, ob man sie öffnen könnte, doch jetzt versuchte ich es: Ich legte die Hand auf den Türgriff und drückte ihn langsam nach unten. Nun hörte ich von der anderen Seite der Tür plötzlich ein seltsames Geräusch - es klang wie ein weit entferntes Rauschen, so, also ob in näherer Umgebung eine Rakete starten würde. Ich ging zu meinem Stuhl zurück. Die ganze Zeit war kein Geräusch zu hören gewesen, aber jetzt auf einmal das. Komisch! Mehr als das, es war äußerst seltsam!
Ich schaute wieder zu der Tür. Sie war ein Spalt breit offen. Man sah in tiefste Dunkelheit, gelegentlich unterbrochen von ein paar hellen Flecken. Es sah aus wie...Nein, das war nicht möglich! Das war absolut irrsinnig! Es sah aus wie der dunkle Himmel in einer sternenklaren Nacht. Ich stand auf und ging auf die Tür zu, doch ich blieb nach wenigen Schritten wieder stehen und ging zurück. Und doch drehte ich mich wieder um. So ging das einige Male, bis die Neugier siegte. Ich ging langsam auf die Tür zu - da, schon wieder ein Rauschen! Wenn das wirklich das Weltall hinter der Tür war, dann...! Mich ergriff eine unglaubliche Sehnsucht nach dem, was hinter der Tür war. Aber es war doch total irrational und surreal! Ich konnte doch nicht wirklich davon ausgehen, das dort hinter der Tür die Weiten des Weltraums auf mich warten würden, oder? Ich setzte mich wieder hin und zog die Knie an, um den Kopf darauf du legen. Ich schloss die Augen und dachte nach: Wie um Gottes willen war ich hierher gekommen, und wer oder was war auf der anderen Seite der antiken Tür? Das letzte, was ich gesehen hatte, bevor ich mich in diesem Raum befand, war mein eigenes Zimmer! Ich lag auf meinem Bett und las mein Lieblingsbuch. Ich konnte mir einfach nicht erklären, wie ich hierher gekommen war! Einerseits wollte ich nach Hause, andererseits wollte ich wissen, ob sich mein verrückter Verdacht als richtig heraus stellen würde!
Wieder ein Rauschen. Außer diesem Geräusch war nichts zu hören! Dröhnende Leere. Diese machte sich jetzt auch in meinem Kopf breit. Nein, ich durfte jetzt nicht müde werden! Wer weiß, was dann mit mir passieren würde? Vielleicht würden mich die kleinen, grünen Marsmännchen mitnehmen und mich wie Gulliver bei den Liliputanern gefangen halten? Es war sicherer, wenn ich wach bliebe! Ich musste mir etwas überlegen! Vielleicht sollte ich die Tür einfach öffnen? Was hatte ich denn schon zu verlieren? Aber ich wusste nicht, ob ich dafür mutig genug wäre, wohl eher nicht... Also setzte ich mich wieder auf den Stuhl und schaute auf die Tür. Es war, als ob sie immer größer werden würde! Nein, ich konnte nicht mehr abwarten, ich musste einfach aufstehen und schauen, was sich dahinter befand! Schritt für Schritt ging ich voran. Ich stand vor der Tür und atmete tief ein und aus: Langsam hob ich die Hand und legte sie auf den Türgriff: Sie zitterte wie Espenlaub. Ich zog den Türgriff nach unten und mit einem langen Quietschen öffnete sich die Tür: Vor mir befand sich das Nichts! Das Nichts mit ein paar Sternen! Ich atmete noch einmal tief ein und aus. Und da sah ich ihn plötzlich: Er war noch viel schöner, viel strahlender als auf den Bildern! Der blaue Planet, unsere Erde. Und um sie herum flog der, im Gegensatz zur Erde, winzige Mond. Er sah sehr niedlich aus, wie er sie dort in seiner Umlaufbahn verfolgte. Bestrahlt wurden die beiden von einem Licht, das von irgendwo hinter meinem Raum zu kommen schien: der Sonne. Ich war sprachlos! Ich hielt mich am Türgriff fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Und ohne groß darüber nach zu denken, mache ich einen taumelnden Schritt nach vorne, ließ die Tür los und fiel...
Autorin / Autor: Martha, 13 Jahre - Stand: 15. Juni 2010