"Glauben gibt Jugendlichen Selbstvertrauen"
Über Papst-Hype und Gleichberechtigung...
*Gehört der Papst-Hype auch zur neuen Religiosität?* Vieles vom Rummel um den Papst rührt noch von Johannes Paul II her. Der war bei den Jugendlichen sehr beliebt, weil er sehr authentisch war. Gerade in seinem Alter und in seiner Krankheit widerstand er dem Leistungsdruck unserer Zeit. Hinzu kommt, dass immer mehr Inhalte nur über Personen vermittelt werden. Das erleben wir in der Werbung oder im Wahlkampf. Für uns als Kirche ist das eigentlich nichts Neues. Im Mittelpunkt unserer Botschaft steht ein Mensch, eine Person: nämlich Jesus Christus. Andere, der Papst z. B., geben dieser Botschaft heute ein Gesicht.
*Nicht alle Jugendliche sind gläubig. Viele sind auch vehement dagegen. Warum?* Wenn Jugendliche gegen Glauben sind, dann kann das viele Gründe haben. Vielleicht haben sie Angst, dass ihre eigenen persönlichen Antworten auf Lebensfragen zu kurz kommen. Es gibt auch eine gesunde Distanz zu einem Glauben, der mir nur von anderen übergestülpt wird. Aber der christliche Glaube fällt auch nicht nur vom Himmel. Jeder Heranwachsende sollte die Chance bekommen, Gott und den Glauben an ihn kennen zu lernen.
*Und was bringt es, zu glauben?* Glauben kann Jugendlichen Selbstvertrauen geben und die Gewissheit vermitteln: Ich bin unbedingt von Gott so gewollt, wie ich bin. Das verleiht auch Kraft zur Selbst- und Nächstenliebe. Glauben bringt Hoffnung, besonders da, wo es sonst keine Hoffnung gibt. Das betrifft z.B. die Frage, was nach dem Tod kommt. Eine bessere und beruhigendere Antwort als im Christentum habe ich darauf jedenfalls nicht gefunden.
*Widersprechen die christlichen Moral- und Wertevorstellungen nicht jugendlichem Leben?* Sie dienen hoffentlich der persönlichen Gewissensbildung. Moralvorstellungen in der Kirche sind nicht dazu da, um leichter mit jemanden ins Gericht zu gehen oder jemanden zu bestrafen. Auch die Sexualmoral will in erster Linie eine Orientierung geben, wie bestimmte Werte, z.B. Verlässlichkeit, Liebe, Treue gelebt werden können.
*Die Frau hat in der katholischen Kirche nicht das Recht auf ein Priesteramt. Und überhaupt: Was sagen sie emanzipierten Mädchen zum Rollenverständnis zwischen den Geschlechtern in der katholischen Kirche?* Dass eine Frau nicht Priesterin werden kann hat theologische Gründe. Das sind aber keine Gründe, die im Wesen der Frau liegen. Allerdings gibt es auch gar kein Recht auf ein Priesteramt. Da gibt es einen erheblichen Unterschied im Gegensatz zu beispielsweise dem Wahlrecht. Insgesamt möchte ich aber noch einmal betonen, dass es keinesfalls so ist, dass die Frau weniger wert ist als der Mann.
*Vielen Dank für das Gespräch.*
(Das Interview wurde in der Tageszeitung Weser Kurier abgedruckt.)
Autorin / Autor: Tina Groll - Stand: 14. Oktober 2005