Was haben Klamotten mit Politik zu tun?
Die Clean Clothes Campagne
Wie klasse, dass es solche Billigläden gibt, wo man sich schicke Klamotten zu Tiefstpreisen kaufen kann! Wie jetzt? Sollen wir etwa ein schlechtes Gewissen kriegen, nur weil die Sachen nicht in Europa produziert wurden? Klar, wir wissen doch, dass sie in sogenannten Billiglohnländern hergestellt werden, vielleicht sind die Leute dort aber doch froh, dass sie den Menschen Arbeit anbieten können...? Stimmt - fast: Die Entwicklungsländer in Mittelamerika und Südostasien, aber auch China und Osteuropa richten in der Nähe von Häfen oder Flughäfen "Freie Produktionszonen" (FPZ) ein, um ausländische Firmen mit attraktiven Handelsbedingungen anzulocken. Sie brauchen keine Steuern und Zölle zu bezahlen und bekommen obendrein auch noch billige Arbeitskräfte - vor allem Frauen und Mädchen. Die Regierungen dieser Länder versprechen sich davon sozialen Frieden, denn die Arbeitslosigkeit in diesen Regionen ist unerträglich hoch.
Die Arbeitsbedingungen
Die jungen Näherinnen arbeiten aber häufig unter menschenunwürdigen Bedingungen: Sie leisten oft unbezahlte Überstunden, müssen sich sexuelle Übergriffe gefallen lassen, regelmäßige Schwangerschaftstests über sich ergehen lassen und bezahlte Urlaubs- oder Krankheitstage sind auch nicht garantiert. Meist haben sie noch nicht mal feste Arbeitsverträge. Ist eine Frau schwanger, wird sie fristlos entlassen. Gewerkschaften, die die ArbeiterInnen über ihre Rechte informieren und sich für die Einhaltung einsetzen, sind verboten oder ihre Arbeit wird behindert. Versuchen sich die Näherinnen zu organisieren, werden sie eingeschüchtert oder gleich entlassen. Viele Frauen sind allein erziehend und müssen mehrere Kinder versorgen, doch die Löhne, die in den Fabriken gezahlt werden, liegen häufig unter dem Existenzminimum und reichen schon gar nicht, um eine Familie zu ernähren.
Genug gejammert
Gut, wenn man das alles weiß, aber was kann man schon dagegen tun? Alleine ist das schwierig, deswegen haben sich bundesweit vernetzte Organisationen, Vereine und Verbände wie zum Beispiel die Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Jugend in Deutschland e.V. oder der Bund der Deutschen katholischen Jugend der internationalen "Kampagne für saubere Keidung" angeschlossen, die seit 1996 auch in Deutschland unterstützt wird. Ziel der Aktion ist nicht, uns ein "ein schlechtes Gewissen zu verpassen", wie sie selbst sagen, sondern die Vermarkter von Bekleidung hier in Westeuropa in die Verantwortung zu nehmen. Die AktivistInnen rufen aber nicht zum Boykott von bestimmten Marken auf, sondern machen Öffentlichkeitsarbeit und führen Gespräche mit den Unternehmen, damit sie bzw. ihre Zulieferbetriebe sich auf eine soziale Produktionsweise umstellen. Sie sind überzeugt davon, dass sich Adidas, C&A, H&M, Karstadt und Co. durch den Druck ihrer Kundschaft darauf einlassen, ihre Waren sozial und ökologisch verträglich herstellen zu lassen. Sie organisieren Infostände, wo sie neben den miserablen Arbeitsbedingungen auch andere Probleme ansprechen, beispielsweise den starken Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Baumwollanbau, den Einsatz gesundheitsschädlicher Chemikalien bei der Ausrüstung der Kleidung und die negativen Auswirkungen von Altkleiderexporten in einigen afrikanischen Ländern.
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Autorin / Autor: Rosi Stolz - Stand: 8. Dezember 2003