Jacks Leben nimmt endlich einmal geregelte Bahnen an, insofern ein Leben als Bardenlehrling dies überhaupt zulässt und hat gerade den Verlust seiner vermeintlichen Schwester Lucy und seiner neuen Schwester Hazel überwunden, die bei Hobgoblings aufwuchs, als auch schon das nächste Unglück auf sein Dorf aufmerksam wird. Pater Severus hat große Schuld in seiner Vergangenheit auf sich geladen und ist für das schlimme Schicksal eine Meerjungfrau zuständig, die seinetwegen unglücklich starb. Ihr Körper ist tot, doch ihre Seele lebt weiter und sinnt in Form eines Geistes einer mächtigen und böswilligen Draugr nach Rache. Sie will ein Leben für ein Leben, dass Jack und der Barde ihr nicht geben können. Also müssen sich die Gefährten erneut auf ein Abenteuer begeben, dessen Ziel klar definiert und dessen Erfüllung nicht als zu schwer erscheint, als unvorhergesehene Ereignisse geschehen und sie in die größte Gefahr laufen, der sie sich jemals stellen mussten...
*Meine Meinung:*
Nancy Farmer hat mit „Nebelrache“ endlich den dritten Teil ihrer Trilogie rund um Jack, Lucy, den Barden, seinem Dorf und noch vielen anderen abgeschlossen. Lang, lang ist's her, als ich mit dieser Trilogie begann, denn der erste Teil „Drachenmeer“ war eines meiner ersten Lesebücher. Damals konnte mich die Geschichte bezaubern, fesseln und der Schreibstil Nancy Farmers kam mir so magisch vor wie nichts anderes auf der Welt. Umso erfreulicher ist es, dass es mir heute damit nicht anders ergeht. Die Charaktere in „Nebelrache“ bleiben sich durch alle drei Bände hindurch treu, ihr Schreibstil ist so einmalig herrlich gewieft, witzig, sarkastisch und ernst wie kein anderer und ich schwelgte beim Lesen in Kindheitserinnerungen, als ich mit dem Lesen sozusagen noch „in den Puppenschuhen steckte“. Somit hat Nancy Farmer mit ihrem drittem Werk erfolgreich eine Trilogie zum Ende gebracht, die mich in den letzten Jahren durch vieles hindurchbegleitete. Man kann „Nebelrache“ auch als Einzelband lesen, doch dadurch fehlen einem einige Vorkenntnisse, auf die in der Handlung immer mal wieder zurückgegriffen werden und ich denke, dass man die Gesamtgeschichte eher genießen kann, wenn sie ihre Wirkung in der richtigen Reihenfolge mit jedem Wort und jedem Satz entfalten kann, so wie die Raupe auch erst zu einem schönen Schmetterling aufsteigt, wenn sie zuvor eine hässliche Raupe gewesen ist.
Nancy Farmers Geschichte mag ja vieles sein, doch vorhersehbar ist sie nicht. Immer wieder weiß sie durch eigenartige Kreaturen, neue Handlungsstränge und überraschende Wendungen neue Pfade auszulegen, denen man zu folgen versucht, daran scheitert und zum Ursprung zurückkehrt, der einem den wahren Kern der Dinge lehrt. Auf leisen Sohlen, fein und unbemerkt schleicht sich während des Lesens ein Unterton ein, den man zuerst nicht wahrnimmt. Doch irgendwann beginnt er einen zu nerven, weil man weiß, er drängt einen weiterzulesen und wird einen solange bestialisch drängeln, bis man den Abschluss erreicht hat. Wenn das soweit ist, mündet dieser hauchzarte/feine Ton in einer ganzen Arie, die mein Herz klingen, meinen kopf wackeln und meine Mundwinkel zucken ließ, weil die Gefühle in „Nebelrache“ so vielschichtig sind, dass sie alles auf einmal hervorzurufen vermögen.
Ich mag „Nebelrache“ und die anderen Bände, weil sie echt sind. Sie schummeln und mogeln nicht, um das Beste vom Besten zu sein.- Nein, sie sind es einfach und diese Leichtigkeit habe ich beim Lesen gespürt.
Ich habe bei der Autorin das Gefühl, dass sie ihre Werke noch Fantasy sein lässt mit dem Ziel, eine Welt zu erschaffen, die es ihren LeserInnen ermöglicht, mit Haut und Haaren in die Geschichte einzutauchen. Dafür bemächtigt sie sich der schlichtesten und effektivsten Waffe zugleich, ihrer Fantasie, die so ausgeprägt zu sein scheint, dass sie für eine ganze Leserschaft ausreicht.
Ich habe mich schon vom ersten Atemzug an in diese Trilogie und auch in „Nebelrache“ verliebt, weil ich sofort das Gefühl hatte von dieser Geschichte verstanden zu werden und die Botschaft in mich aufzunehmen. Eine Botschaft, die ich nie wieder vergessen werde, weil sie wie Daunenfedern einen Körper wärmt, den Schlaf bewacht und dafür sorgt, dass man im normalen Leben noch träumen kann und niemals die Hoffnung aufgibt.
„Nebelrache“ lehrte mich, das Geschenk einer Freundschaft schätzen zu lernen, materiellen Wohlstand als Segen zu betrachten und niemals nach mehr zu dürsten, als ich tatsächlich zum Leben benötige und eine Freundschaft mit aller Macht festzuhalten, denn sie kann das wichtigste sein, was ein Menschenleben eingehen kann! Habt Mut und lasst euch auf eine einmalige Reise ein, die nicht nur die schönen Seiten des Lebens aufzeigt, sondern auch wesentliche Schatten, die zum Leben einfach dazugehören. Mit identifikationsfähigen Charakteren werdet ihr auf ein spektakuläres Abenteuer begleitet, auf dem ihr vielleicht einen Blick auf das Ende des Regenbogens erhaschen könnt!
*Mein Fazit:*
Nancy Farmer hat erneut mit sprachlicher Schönheit, die sich einem in die Haut einzubrennen scheint, einen glorreichen und ihrer Trilogie würdigen Abschluss geschrieben, der erneut mein Herz berührte und mir viele Impressionen vermittelte, an dich ich nun mit einer anderen Sichtweise herangehen werde. Jacks Abenteuer als Lehrling eines Bardens haben ihren Abschluss gefunden und den Plot sinnvoll und emotional abgerundet. Ich würde diese Trilogie und im Besonderen „Nebelrache“ in meinem Bücherregal, aber besonders in meinen Kopf und seinen Gedanken niemals missen wollen, da Nancy Farmer mir den Weg in die Welt des Lesens eröffnete und fernab jeder Schranken oder bereits Bekanntem Geschichten schreibt. Mit denkwürdigen sprachlichen Mitteln, die einen subtil und unterschwellig beeinflussen und lenken schwebte ich durch ein unvergessliches Abenteuer, an dessen Ziel ich einerseits glücklich war, diese Reise angetreten zu haben und traurig, dass sie nun vorbei sein sollte. Doch wer weiß, vielleicht werden wir noch mit einem weiteren Abenteuer von ihr überrascht, bereuen würde ich es jedenfalls nicht!
*Erschienen im: Loewe-Verlag*
Autorin / Autor: charlielou - Stand: 19. Januar 2011