Besuch im Science Express

Pfefferminztea war im Wissenschaftszug in Ulm und schildert euch ihre Eindrücke

Günther Jauch verfremdet zum Urmenschen

„Achtung – Kein WC im Zug!“

Von diesem provisorischen, auf die Außenwand des „Science Express“ in Ulm gehefteten Schild werde ich empfangen, als ich zusammen mit meinem Bio-Lehrer und den anderen Mitgliedern meines Leistungskurses die Ausstellung betrete. Uns wird schnell klar, dass wir mit dem Passieren dieser Ankündigung den letzten Rest improvisierter Gestaltung zurückgelassen haben und in eine Welt des High-Tech und durchorganisierten Design eingetaucht sind.

Eine Ausstellung auf 12 Zugwaggons

Nicht umsonst erinnert der Namensbestandteil „Express“ in der Bezeichnung dieser nicht ganz alltäglichen Ausstellung an Begriffe wie etwa den Inter-City-Express der Bahn oder das rasante Musical „Starlight Express“, bei dem bekanntlich Züge im Mittelpunkt stehen. Tatsächlich handelt es sich nämlich beim „Science Express“ um ein Projekt, das zum Wissenschaftsjahr 2009 ins Leben gerufen wurde und auf dem Raum von 12 Zugwaggons spannende Themen unter Schlagwörtern wie „expedition zukunft“, „bio + nano“, „wirksam + individuell“ oder „natürlich. künstlich“ unter die Lupe nimmt. Laut Internetseite des Projekts beträgt die Gesamtlänge der Ausstellung 300 Meter, die Fläche, auf der sie sich präsentiert, etwa 750 Quadratmeter. Das liest sich beeindruckend, allerdings ist der witzigste und außergewöhnlichste Aspekt der Ausstellung – die Unterbringung in einem echten, voll funktionstüchtigen Zug, und die Flexibilität, die das mit sich bringt – vielleicht auch ihre größte Schwäche – denn sobald man in einer größeren Gruppe unterwegs ist, wird der Platz bei einer Gangbreite von etwa zweieinhalb Metern doch sehr schnell eng, erst recht, wenn sich vor einem besonders interessanten Exponat auch noch eine kleine Zuschauertraube ansammelt.
So entspricht nicht nur das Tempo, mit dem sich der Wissenschaftszug durch Deutschland bewegt (62 Städte in 216 Tagen) durchaus dem Anspruch eines „(Science) Express“, auch die Geschwindigkeit, in der sich unsere Gruppe durch die Ausstellung bewegt, ist leider zu schnell, um wirklich jedes Exponat gebührend zu würdigen. So viele andere Besucher sind an diesem Tag anwesend, dass es einfach nicht besonders angenehm gewesen wäre, an einem Punkt länger zu verweilen.

Science Express (Klick drauf zum Vergrößern)
System von Nervenzellen (Klick drauf zum Vergrößern)

Rundherum beeindruckend

Optisch jedenfalls ist die Ausstellung rundherum beeindruckend: Schon kurz nach dem Eintreten sieht sich der Besucher einem Spiegel gegenüber, der ihm nicht nur sein eigenes Bild zeigt, sondern gleichzeitig die Illusion vermittelt, mitten im Weltall zu schweben, indem er das Bild von Sternen und Galaxien durch Projektion ergänzt. An aufsehenerregenden Exponaten zeigt der „Science Express“ in allen Abteilungen auf, was auf den nebenstehenden Schautafeln theoretisch erläutert wird: So zeigt etwa im Ausstellungsabschnitt „intelligent + virtuell“, der Bezug nimmt auf „innovative Materialien und die Fabrik der Zukunft“ ein Ausstellungsstück, wie sich mit Metallteilchen versetzte Flüssigkeiten durch Magnetfelder nach Belieben in komplexe Formen bringen lassen. In einer anderen Abteilung erwartet den Besucher ein Thermoscan des eigenen Gesichts oder die Erklärung, wie es in Zukunft vielleicht möglich sein wird, ohne Zugticket Bahn zu fahren und die Vergütung der Fahrzeit direkt übers Handy zu regeln, indem man sich ganz einfach beim Einsteigen registrieren lässt und beim Aussteigen wieder ausbucht.

Zu ehrgeizig

Als ich den Wissenschaftszug wieder verlasse, steht für mich eines jedenfalls definitiv fest: Hätte ich mir mehr Zeit lassen können, wäre es mir vielleicht möglich gewesen, mich mehr auf die Kapitel zu konzentrieren, die mich besonders interessieren, und ich hätte mehr Detailwissen aus der Ausstellung mitgenommen. Die Vielfalt der verschiedenen Themen, die alle zwangsläufig zumindest passiert werden müssen, hätte mich aber auf jeden Fall verwirrt. Ich erinnere mich da an meine bisherigen Besuche im Deutschen Museum in München – auch dort ist die Auswahl an Themengebieten ja schier endlos groß. Allein die Ausmaße des Museumskomplexes zwingen einen als Besucher aber, schon vorab eine Auswahl zu treffen und sich auf einzelne Bereiche zu beschränken. Im „Science Express“ ist das nicht so, was meiner Meinung nach mehr Verwirrung stiftet als Überblick verschafft, auch wenn die Ausstellung ganz bestimmt ursprünglich so gedacht war, dass sie einen Gesamteindruck aller behandelten Themen geben soll. Vielleicht ist das Projekt, eine solche Fülle an Wissen auf so kleinem Raum zu vermitteln, doch ein wenig zu ehrgeizig.

Weiter im LizzyJahr 2009

Autorin / Autor: Pfefferminztea - Stand: 27. Juli 2009