Eine Reise in den Iran
Die Situation der Frauen
Die Familie ist der wichtigste Bezugspunkt für Frauen. Die meisten Aktivitäten laufen innerhalb der Großfamilie ab, wobei Frauen und Männer meistens unter sich bleiben. Es herrscht eine strenge Geschlechtertrennung, die überall eingehalten wird, außer in den Sammeltaxis. Streng genommen dürfen nicht einmal ein Mann und eine Frau, die nicht eng verwandt oder miteinander verheiratet sind, zusammen in einem Privatauto fahren. Wenn sie in eine Kontrolle geraten würden, könnten sie Ärger mit der Polizei bekommen, weil ihr Zusammensein gegen das Gesetz verstößt.
In der Tradition sind Mädchen und Frauen immer innerhalb der Familie versorgt; ihre eigene Familie unterstützt sie so lange bis sie heiraten. Dann ist der Ehemann dazu verpflichtet für seine Frau zu sorgen. Daher sind die Ehemänner oft ca. 10 Jahre älter als ihre Ehefrau, da von den Männern verlangt wird, dass sie die Wohnung oder das Haus stellen und finanziell für eine Familie aufkommen können.
*Foto:* Kati im Garten, Teheran
Viele Frauen fühlen sich unfrei, da die soziale Kontrolle für Frauen besonders stark ist. Die Kleiderordnung ist auch immer wieder ein Thema; nicht wenige wären froh, wenn das Gesetz aufhören würde, den Frauen vorzuschreiben, was und wie sie es zu tragen hätten. Aber viele Frauen befürworten auch das Tragen des Hejab, sei es aus Gründen der Tradition, der Religion oder weil sie dem Hejab die Aufgabe zuschreiben, dass sie als Mensch wahrgenommen werden und nicht vornehmlich als Frau. Die Vorteile des Tschadors (zeltartiges Tuch, das den gesamten Körper, außer das Gesicht, verhüllt, vorne allerdings keinen Verschluss hat, so dass immer eine Hand [manchmal auch die Zähne] damit beschäftigt ist, das Ganze zusammenzuhalten) liegen für manche darin, dass sie glauben, dass dadurch soziale Unterschiede verschwimmen und die inneren Qualitäten in den Vordergrund treten.
Nach meinen Erfahrungen kann man die Gleichung religiös = konservativ nicht aufstellen. Es gibt unter den Religiösen sowohl konservativ, traditionell oder auch sehr liberal eingestellte Leute. Wenn jemand gar nicht religiös ist, bedeutet das nicht automatisch, dass das mit einer liberalen Einstellung gekoppelt ist. Unter den nicht - oder wenig Religiösen findet man oft sehr konservativ eingestellte Menschen, was das Thema Demokratie oder die Rolle der Frau angeht.
Gegenwärtig liegt der Schwerpunkt zur Verbesserung der Situation der Frauen auf Förderung von Bildung, Erwerbstätigkeit und mehr Partizipation in politischen und sozialen Fragen. Die rechtliche Situation von Frauen soll gestärkt werden, z.B. im Familienrecht. Scheidungen sollen für Frauen erleichtert werden und das Sorgerecht für Kinder, das eher den Männern zugesprochen wurde/wird, soll zu Gunsten der Frauen verändert werden.
Viele Frauen studieren mittlerweile (Frauenanteil an den Universitäten über 60%). Es ist normal, dass viele der Studierenden verheiratet sind und auch schon Kinder haben. Nach dem Studium nehmen viele Frauen aber doch wieder die Rolle der Mutter und Hausfrau ein, da es kaum Arbeitsplätze gibt und die Arbeitslosenquote enorm hoch ist.
Und doch wünsche ich den Iranerinnen, dass sie ihre Situation nicht nur danach bemessen, ob sie einen guten Job haben und viel Geld verdienen.
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Autorin / Autor: ~astrid~ - Stand: 18. August 2004