Japanische Jugendkultur - Teil 4

Verwestlichen die JapanerInnen, veröstlichen wir?

Bei Spaziergängen durch Tôkyô begegnen Yukiko und ihren FreundInnen immer häufiger so genannte Jibetarian. Das Wort setzt sich zusammen aus dem japanischen Wort "jibeta" (= der (nackte) Boden) und der englischen Endung "-rian", womit jemand bezeichnet wird, der etwas aus Überzeugung tut (z.B. "Vegetarian"). Eigentlich erklärt das auch schon, was Jibetarian machen - sie setzen sich, wo es ihnen gerade gefällt, einfach auf den Boden. Ihr denkt jetzt sicherlich "Wo ist das Problem? Das machen wir doch auch". Im überaus reinlichen Japan ist das aber ein Problem, wenn sich Jugendliche mit ihrer Kleidung auf schmutzige Plätze oder Bahnsteige setzen. Anders sein wollen als man es ihnen vorschreibt, provozieren und althergebrachte Vorstellungen von Reinlichkeit missachten - all das steckte bei den ersten Jibetarian dahinter. Heute ist es einfach nur cool und ein weiterer Schritt zur "Verwestlichung" der jungen JapanerInnen, wie Yukiko.

Idols auf Bettwäsche und Kaffeetassen

Yukiko und ihre Clique steuern als nächstes einen CD-Laden an - auf der Suche nach den neuesten Produkten ihrer Idols. Idols sind in Japan die absoluten Superstars, und genießen mindestens ein Ansehen wie z.B. Madonna. Von den Idols gibt es - neben der Musik - Merchandising-Artikel jeder Art, so ähnlich wie bei uns bei den RTL-"Superstars", nur mit dem Unterschied, dass die Idols auch wirklich gemocht werden. **g** Zur Zeit angesagte Acts sind vor allem SMAP (das japanische Take That) und die Sängerinnen Ayumi Hamasaki und Utada Hikaru. Die Musikrichtung aus der die meisten Idols hervorgehen heisst J-Pop oder auch J-Rock.

Leben in virtuellen Welten und mit geschmückten Handys

Die nächste Station der Clique liegt im Elektro-Viertel von Tôkyô: Japanische Jugendliche haben viele Möglichkeiten, ihrem gleichförmigen Alltag zu entkommen, vor allem Computer- und Konsolenspiele sind dafür sehr beliebt. Von der Unterhaltungsindustrie werden seit Jahren immer mehr Produkte auf den Markt geworfen, und viele flüchten sich in diese virtuellen Welten. Manche haben sogar virtuelle Freunde - ihr erinnert euch ja bestimmt noch an das virtuelle Haustier Tamagotchi. Nächster Stopp ist vor dem Handy-Zubehör. Bei japanischen Jugendlichen ist es "in", sein Handy zu schmücken und mit allerlei Schnickschnack zu behängen. Figürchen, Maskottchen, Blinkantennen - es gibt fast nichts, was es nicht gibt für das kleine Statussymbol. Das Handy ersetzt inzwischen für viele den Computer, das Buch oder den Fernseher, und manchen sogar andere Menschen. Bei Yukiko und ihren Freunden sind vor allem Abo-Dienste - z.B. für Horoskope und Bildchen - beliebt. Täglich bekommen sie so die neuesten Trends auf ihr Handy geschickt. Nachdem sie sich mit Handyschmuck eingedeckt haben, geht es noch weiter zu dem Automaten, bei dem sie sich alle noch schnell die aktuellen Charts auf's Handy laden können.

Ein langer Tag oder zu guter Letzt...

Nach diesem langen und aufregenden Tag machen sich Yukiko und ihre FreundInnen wieder auf den Weg nach Hause, denn morgen steht als erstes wieder ein anstrengender Schultag auf dem Programm...

Wie wir jetzt nach diesem Einblick in den Alltag junger JapanerInnen mitbekommen haben, orientieren sie sich immer mehr an der westlichen Welt. Bei uns breitet sich in letzter Zeit parallel dazu das "Asienfieber" immer weiter aus (siehe z.B. das "Manga-Fieber", worüber ich jetzt absichtlich nichts geschrieben habe, denn über das Thema haben wir schon einen ausführlichen. Bleibt die Frage, ob die JapanerInnen weiter verwestlichen und wir veröstlichen...!?

Immer noch nicht genug von Japan? Hier gibt's noch mehr Infos...

Autorin / Autor: Ute Schlotterbeck - Stand: 10. Oktober 2003