Können Laser ein Sonnenfeuer für einen Fusionsreaktor entfachen?
Die Energie-Frage der Woche beantwortet auf DLR Blogs
Günstig, sicher, klimafreundlich und unerschöpflich: In der Kernfusion sehen viele Energieexperten die Stromquelle der Zukunft. Allerdings rechnen die Wissenschaftler mit einem ersten Fusionskraftwerk erst in 40 bis 50 Jahren. Ein heißes Plasma, eingesperrt in einem extrem starken Magnetfeld, gilt als derzeit vielversprechendster Weg, auf den vor allem die Europäer setzen. Doch könnten vielleicht starke Laser, mit denen amerikanische Physiker arbeiten, viel schneller und einfacher das begehrte Sonnenfeuer auf Erden entfachen?
Mit der Energie von 192 auf einen Punkt fokussierten Laserstrahlen wollen die Wissenschaftler mit einem 3,5 Milliarden Dollar teuren Fusionsexperiment im kalifornischen Livermore den Weg zur Kernfusion ebnen. Bei Temperaturen von über drei Millionen Grad Celsius sollen leichte Wasserstoff-Atomkerne zu schwereren Heliumkernen verschmelzen und dabei immense Energiemengen freisetzen. Deutlich mehr als zur Zündung der Kernfusion nötig sei. Und erst vor wenigen Wochen berichteten sie in der Fachzeitschrift "Science", dass die Testläufe erfolgreich abgeschlossen sind und bereits im Laufe des Jahres das erste Fusionsfeuer gezündet werden könne.
Kernfusion bei 3,3 Millionen Grad Celsius
"Es funktioniert bisher besser als jeder erwartet hätte", sagte Siegfried Glenzer von der National Ignition Facility (NIF) in Livermore. Mehrere Jahre bereitete seine Arbeitsgruppe zusammen mit vielen Kollegen anderer beteiligter Institute das gigantische Fusionsexperiment vor. In einem Gebäude, zehn Stockwerke hoch und auf einer Fläche von drei Fußballfeldern, werden die 192 Laserstrahlen über aufwendige Optiken auf einen nur wenige Millimeter großen Hohlzylinder aus Gold gelenkt. An diesem Punkt konzentriert sich die Energie von bis zu 1,8 Megajoule. Bei einer Temperatur von 3,3 Millionen Grad Celsius verdampft das Gold und es entsteht in einer Implosion ein Plasma aus geladenen Teilchen und Röntgenstrahlung. Diese Bedingungen sollen ausreichen, um Wasserstoffkerne zu schwereren Heliumkernen zu verschmelzen.
Bisher liefen diese Vorversuche ohne den eigentlichen Brennstoff für die Kernfusion, die schweren Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium ab. Im Laufe des Jahres wollen Glenzer und Kollegen diesen Schritt wagen und den Fusionsbrennstoff in einer pfefferkorngroßen Kapsel aus Beryllium inmitten des Hohlzylinders aus Gold deponieren. Dann könnte es gelingen, ein kurzes Fusionsfeuer zu entfachen, das auch ohne die Aufheizung durch die Laserstrahlen weiter brennt.
Wettrennen zwischen Laserfusion und europäischen Fusionsreaktor ITER
Voraussichtlich im Juni fällt die Entscheidung, wann das Laserfusionsexperiment in diese nächste, entscheidende Phase eintreten wird. Ob es tatsächlich klappt, eine Kernfusion zu zünden, können die Wissenschaftler noch nicht sagen. Sollte es jedoch gelingen, wird das amerikanische Fusionsexperiment in den Wettlauf mit dem europäischen Fusionsreaktor ITER treten, der derzeit in Cadarache in Südfrankreich aufgebaut wird. Die ITER-Forscher setzen im Unterschied zu ihren amerikanischen Kollegen nicht auf eine Laserzündung, sondern auf ein Millionen Grad heißes Plasma, dass in einem extrem starken Magnetfeld eingeschlossen werden soll. Im Vorgänger von ITER, dem Testreaktor JET in Großbritannien, konnte auch schon für wenige Sekunden ein Fusionsfeuer entfacht werden. Viele kleine Fortschritte, die zu einem großen Teil in deutschen Instituten in Karlsruhe, Garching und Greifswald gelangen, machen ITER zum Favoriten im Wettrennen der Fusionsreaktoren.
Welches Prinzip sich letztendlich für einen ersten kommerziell nutzbaren Fusionsreaktor durchsetzen wird, weiß noch niemand. Fest steht bisher nur die Prognose der Forscher, dass es noch einige Jahrzehnte bis zur wirtschaftlichen Stromerzeugung mit Kernfusion dauern wird. Sollte es jedoch klappen, ganz gleich ob mit Lasern oder Magnetfeldern, wäre die Energieversorgung der Menschheit gesichert.
Weitere Informationen zum Thema Kernfusion:
Die DLR-Energiefrage der Woche im Wissenschaftsjahr "Die Zukunft der Energie"
Hier geht's zur Homepage des
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Wissenschaftsjahr 2010 unter das Motto "Die Zukunft der Energie" gestellt. Aus diesem Anlass beantwortet der Wissenschaftsjournalist Jan Oliver Löfken in diesem Jahr jede Woche eine Frage zum Thema Energie im DLR Blog. Habt ihr Fragen, wie unsere Energieversorgung in Zukunft aussehen könnte? Oder wollt ihr wissen, wie beispielsweise ein Wellenkraftwerk funktioniert und wie effizient damit Strom erzeugt werden kann? Dann schickt eure Fragen per E-Mail. Wissenschaftsjournalist Jan Oliver Löfken recherchiert die Antworten und veröffentlicht sie jede Woche in diesem Blog.
zurück zum Themenspecial
Autorin / Autor: Jan Oliver Löfken - Stand: 17. März 2010