Kommissar Oliver Richter

Einsendung zum Schreibwettbewerb Dr. Futura im Wissenschaftsjahr Gesundheitsforschung

Es ist zwei Uhr morgens und Kommissar Oliver Richter sitzt an seinem Schreibtisch. Seit fast 22 Stunden hat er nicht mehr geschlafen. Genau seit dem Zeitpunkt, als er erfuhr, dass sein Patenkind verschwunden ist. Vor 5 Stunden ging dann schließlich der Erpresserbrief bei den Eltern ein. Es gibt keinen Hinweis auf den Entführer, weder einen Fingerabdruck, noch ein winziges Härchen, ja nicht einmal Hautpartikel. Richters Augen werden langsam müde und er kann sich kaum noch auf den Beinen halten. Mittlerweile schüttet er schon seinen dritten Kaffee weg, da er kalt und abgestanden ist. Als gerade der letzte Tropfen Filterkaffee in die Kanne fällt, klingelt sein Telefon:
"Kommissar Richter hier!....Nein Maximilian es gibt noch keine Neuigkeiten...Ja ich weiß, aber nur weil ich dein Bruder bin, ja, ich weiß!...Denkst du für mich ist es nicht genauso schwer? Es handelt sich schließlich um meine Nichte...Maximilian ich melde mich gleich noch mal bei dir, ich bekomme gerade Besuch!"
Es ist Lilly, die schnellen Schrittes an den anderen Büroräumen vorbei geht. Durch ihre High-Heels wirkt sie riesig und nicht mehr so klein und scheu wie letzte Nacht als sie Richters Schlafzimmer nackt und barfuß durchquerte, um in der Küche ein Glas Wasser zu trinken.
"Es gibt wichtige Neuigkeiten", sagte Lilly und riss den Kommissar aus seinen Gedanken.
"Was denn?"
"Die alte Frau von der Videoüberwachung des Supermarktparkplatzes konnte ausfindig gemacht werden und hat eben ihre Aussage gemacht."
"Warum weiß ich davon nichts?"
"Ich wollte dir ein bisschen Zeit geben. Das muss schließlich ziemlich schlimm für dich sein. Aber zurück zur alten Dame. Sie sagte, dass sie das Mädchen freiwillig in das Auto hat steigen sehen. Es handelte sich dabei um einen dunkel-grünen Opel Corsa.
Und jetzt halt dich fest: der gleiche Wagen stand 20 Minuten später vor dem Haus deines Bruders, aber jetzt ohne deine Nichte Karoline. Und was schließen wir daraus?"
"Dass Karoline in der Nähe des Supermarktes und nicht weit von dem Haus meines Bruders sein kann."
"Bingo!"
"Gibt es Hinweise zur Person?"
"Nicht wirklich. Die Frau ist sich nicht sicher. Sie war zu sehr damit beschäftigt, ihre Einkäufe in ihren Shopper zu räumen."
Oliver lehnte sich zurück und fing an zu überlegen.
Einen grünen Opel Corsa...
Gestern Morgen war ihm einer begegnet in der Guntherstrasse, er erinnerte sich deshalb so genau an ihn, da ein Licht kaputt war und der Mann mit Sonnenbrille an diesem dunklen nebligen Morgen unterwegs war.
Tzz, täglich begegnen einem irgendwelche Autos, in irgendeiner Farbe mit irgendwelchen Fahrzeugführern.
Aber was Kommissar Richter immer noch nicht verstehen kann, ist, warum jemand ausgerechnet seine Nichte entführt. So viel Geld hat sein Bruder auch wieder nicht. Zwar verdient er als Genforscher nicht schlecht, aber da gibt es durchaus reichere Leute.
Auf einmal fällt Oliver ein, dass er Maximilian ja auch noch zurück rufen sollte.
Also wählte er seine Nummer und wartete bis sich sein völlig aufgelöster Bruder meldete.

"Maximilian du musst mir schon genau erklären was passiert ist..."
Kommissar Richter fuhr sofort zu seinem Bruder. Warum hatte Maximilian ihm bloß nicht die Wahrheit gesagt?! Ist ihm nicht klar, dass er mit seinem Aktionen seine Tochter in Gefahr bringt?

"Also ca. 30 Minuten später ging ein zweiter Erpresserbrief bei mir ein. Der erste war an die Polizei gerichtet, der zweite Brief war nur für mich."
"Und wo ist der Brief jetzt?"
"Da auf dem Tisch..."
Maximilian stand auf, um ihn zu holen, doch Oliver hielt ihn auf, um nicht noch mehr mögliche Fingerabdrücke zu Nichte zu machen und schob den Brief vorsichtig in eine Hülle.

*Mr. Richter,
ich erwarte Sie um 16:00 Uhr vor dem Casino am Mühlen Weg! Und bringen Sie das AHS mit! Und keine Polizei, sonst ist die kleine Karoline tot!
Dr.Futura*

"AHS? Was soll das sein?"
"Das ist ein Serum, welches die Verbreitung von mit AIDS-Viren befallenen T-Zellen im Körper verhindert."
"Das heißt?"
"Es stoppt den Ausbruch von AIDS komplett."
"Und was hast du damit zu tun?"
"Ich habe dieses Serum entwickelt."
"Oh mein Gott, du kannst ab jetzt den Ausbruch von AIDS verhindern?"
"Nein! Erstmal muss das Serum noch ca. 100 Tests durchlaufen, bis man sagen kann, dass es 100 prozentig wirkt und man festgestellt hat, ob es dem Körper nicht schadet. Zweitens muss das Serum gespritzt werden, bevor AIDS ausbricht, sonst ist es vollkommen unnützlich"
Kommissar Richter ließ sich verwirrt auf das Sofa fallen.
War sein Bruder wirklich derjenige, der AIDS besiegen konnte?
Viele Fragen schossen Oliver durch den Kopf, doch sein Blick blieb plötzlich auf einen Bild auf dem Sideboard haften. Es war das süße Gesicht seiner Nichte Karoline.
"Also du hast die Übergabe gemacht und dann?"
"Er wollte mir Karoline nicht geben, aus Angst, dass ich doch noch die Polizei zu ihm führen würde. Also sagte er, er wolle sich melden, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen wäre."
"Ok! Kannst du mir sagen, wer alles von dem Serum weiß?"
"So ca. 30-40 Personen...! Jedenfalls alle die, die vor zwei Tagen bei der AIDS-Forschungs-Instituts-Sitzung dabei waren. Dort wurden die neuen Erkenntnisse unseres Institutes erst mal hausintern vorgestellt. Eigentlich so wie jedes Jahr!"
"War jemand besonders interessiert an deinem Vortrag?"
"Natürlich! So ziemlich alle Anwesenden!"
Kommissar Richter stand auf und ging durch das Wohnzimmer: So schwer kann es doch nicht sein das Rätsel jetzt noch zu lösen!
,,Sag mal Maximilian, arbeitet bei dir jemand im Institut der einen dunkelgrünen Opel Corsa fährt?"
,,Ja klar, Prof. Dr. Ehresmann. Der war auch bei der Versammlung. Später habe ich mich mit ihm noch unterhalten und ihm meine Visitenkarte gegeben!“
,,Weißt du noch mehr über ihn?“
,,Nicht viel. Er hat zwei Söhne, die zur Zeit im Ausland sind und seine Frau war selbst mal Forscherin an unserem Institut. Sie ist aber vor einem halben Jahr in Ruhestand gegangen wegen irgendeiner Krankheit glaube ich.“
Auf einmal wusste Kommissar Richter Bescheid!
,,Maximilian, ich muss los!Ich glaube, ich weiß, wer Karoline hat.“
Auf dem Weg zu seinem Auto rief Richter Lilly an :,,Lilly such alles über Prof. Dr.Ehresmann vom AIDS-Forschungsinstitut raus und ruf mich sofort zurück, wenn du etwas weißt.“
Warum bin ich denn nicht früher darauf gekommen, direkt bei Maximilian anzufangen nach Hinweisen zu suchen?!Dabei ist doch alles so simpel und logisch!
Kommissar Richter fuhr auf den Parkplatz des Institutes.Er stürmte in das Gebäude und fragte an die leicht pummelige Frau, deren Kleid ca. zwei Nummern zu klein war, nach Prof. Dr. Ehresmann.
,,Tut mir leid, aber Prof. Dr. Ehresmann ist seit gestern krankgeschrieben.“
,,Ok danke!“
Richter rannte hinaus zurück zu seinem Wagen, steckte den Zündschlüssel ins Schloss und machte den Motor an, als auf einmal sein Handy klingelte.
,,Ja Lilly?!“
,,Ehresmann wohnt in der Iddelsfelderstrasse 175a. Er ist seit 15 Jahren an dem Institut und gewann seit dem mehrere Forschungspreise.
Man sagt er hätte einen kleinen psychischen Knacks, seit festgestellt wurde, dass seine Frau HIV positiv ist.“
Bingo!, dachte Richter.
,,Lilly komm sofort zur Iddelsfelderstrasse! Wir treffen uns dort!“

Kommissar Oliver Richter zog langsam seine Waffe und ging leisen Schrittes durch die Verandatüre  in das Haus von Prof. Dr. Ehresmann.
Der Garten war jedenfalls leer und es gab keine Spur von Kinderspielsachen, die auf die neunjährige Karoline hindeuteten,
Er ging weiter in die Küche. Immer noch nichts Verdächtiges zu sehen.
Auf einmal hörte er ein Rascheln von links. Vorsichtig ging er den dunklen Flur entlang, dessen Wände voll von Kinderbildern waren.
Aber wieder niemand, nur ein dicker schwarzer Kater mit einer weißen Pfote und einer grauen Maus im Mund.
Richter öffnete langsam die Kellertüre und ging Schritt für Schritt die enge graue Treppe hinunter.
Auch hier unten gab es nichts Außerordentliches zu sehen, bis auf Kreissäge, Schubkarre, Blumenerde und Werkzeug. Die üblichen Dinge, die sich nun mal in einem Keller befinden.
Doch da hörte Richter ein leises Winseln hinter einer alten klapprigen Holztüre.
,,Karoline, bist du das?“
,,Hilfe!“
,,Karoline ich bin's , Onkel Oliver“
Das Weinen wurde stärker.
,,Karoline, ich hole dich da raus.“
Oliver suchte so etwas wie ein Brecheisen und fand ein alte verrostete Eisenstange.
,,Karoline setz dich ganz nach hinten in eine Ecke! Ich breche jetzt die Tür auf!“
Er klemmte die Stange in einen kleinen Schlitz und zog so lange, bis die Türe aufsprang.
,Onkel Richter“ rief Karoline und lief ihm in die Arme.
,, Komm, ich bringe dich hier raus, Süße.“
Immer noch weinend hob Richter seine Nichte auf den Arm und ging mit ihr die Treppe wieder hinauf.

Draußen vor der Tür war überall Blaulicht zu sehen.
Kommissar Richter trat aus dem Haus und sah Prof. Dr. Ehresmann blutend auf dem Boden liegen.
Daneben stand Lilly in ihren High-Heels und einer Waffe in der Hand.
Ehresmann wurde gerade auf eine Trage gelegt und wurde in den Krankenwagen geschoben.
,,Er wollte einfach nicht stehen bleiben.“
,,Ach, den kriegen sie im Krankenhaus schon wieder hin. Ich bin nur froh, dass es Karoline gut geht.“

Mittlerweile ist es Herbst und Lilly und Oliver sind bei Richters Bruder eingeladen.
,,Lilly, willst du auch noch ein Stück Kuchen?“, fragte Maximilian.
,,Nein danke, ich bin satt.“
,,Sag mal Oliver, was gibt das eigentlich für Konsequenzen für Prof. Dr. Ehresmann, jetzt da er aus dem Krankenhaus entlassen wurde?“
,,Nun ja , das wird der Richter entscheiden müssen,“
,,Und wann..?“
Kommissars Richters Handy fing an zu klingeln.
,,Oh, Entschuldigung. Richter hier?! Ich bin schon unterwegs , wir treffen uns am Tatort.“
,,Wer war denn das schon wieder?“
,,Tut mir leid aber ich muss los. Die Arbeit ruft.“

Autorin / Autor: Katharina, 18 Jahre - Stand: 3. Oktober 2011