Talentierte Autoren begeistern uns durch einen spannenden Plot, interessante Charaktere, einen guten Schreibstil und sie bringen in uns Saiten zum Klingen, wenn sie unsere heimlichen Wünsche und Sorgen ansprechen. Das gelingt ihnen, ohne dass sie sich dessen immer notwendigerweise bewusst sein müssen. Sie spielen mit den Hoffnungen und Ängsten der Menschen.
William Shakespeare's "Romeo und Julia" wohnt die Hoffnung inne, dass die Liebenden trotz Hindernisse vereint werden. Der Leser wünscht sich, dass das Paar endlich zusammenkommt, dass es den beiden jungen Menschen gelingt, zueinander zu finden.
Nichts: Was im Leben wichtig ist von Janne Teller beleuchtet die zerstörerische Gruppendynamik, die zu beobachten ist, wenn Grenzen überschritten werden. Die Gruppe steigert sich sehr hinein, Objekten die Bedeutung zu entziehen, und beeinflusst die einzelnen Mitglieder so immens, dass alles ausufert.
Helen Fieldings heiteres Buch für Frauen "Schokolade zum Frühstück" zeigt die Angst der Protagonistin, allein zu bleiben, schenkt gleichzeitig aber auch die Hoffnung, dass im Grunde jeder Mensch einen Seelenverwandten finden kann.
Die meisten Thriller spielen mit der Angst des Lesers, selbst in eine Situation zu geraten, in der man einem Psychopathen ausgeliefert ist. Der Leser hofft natürlich, dass der Protagonist sich irgendwie retten kann oder gerettet wird und natürlich auch, dass der Täter gefasst wird und seine gerechte Strafe erhält. Ein Beispiel für solch einen Thriller wäre Der Augensammler von Sebastian Fitzek.
Katastrophen-Thriller wie "Lava" von Richard Doyle zielen auf die Angst der Leser vor einer Macht ab, die den Menschen weit überlegen ist.
"Vom Atmen unter Wasser" lässt das eintreten, wovor sehr viele Menschen Angst haben: Ein geliebter Mensch stirbt. Im Roman von Lisa-Marie Dickreiter versucht jedes Familienmitglied, die Trauer auf individuelle Weise zu verarbeiten.
In meiner jüngsten Arbeit geht es unter anderem darum, dass die Protagonistin dank großer Macht immensen Schutz genießt. Als sie jedoch in eine Situation gerät, in der sie zum ersten Mal Ohnmacht erfährt, entwickelt sich eine Abhängigkeit. Was die Protagonistin am meisten fürchtet, ist, erneut in eine gefährliche Lage zu geraten, aus der sie sich nicht selbst befreien kann. Sie merkt nicht, wie das Streben nach Sicherheit und Macht langsam ihren Charakter verdirbt.
*Die Hoffnung auf Rettung*
Wie heißt es so schön? Jeder Mensch hat etwas, was ihn antreibt. Er hat Sehnsüchte und Träume, die er verwirklichen möchte. Aber es gibt stets etwas, wovor er sich fürchtet.
Die Menschen lesen, um sich zu bilden, um Abenteuer zu erleben, um andere Kulturen, verschiedene Blickwinkel kennenzulernen und natürlich, um sich unterhalten zu lassen. Sie wünschen sich Romane, in denen den Helden etwas Wunderbares oder etwas Furchtbares widerfährt. Oft fesseln vor allem gerade jene Romane, die mindestens eine der Urängste des Menschen behandeln. Jeder Mensch hat Angst davor, in seiner Mobilität eingeschränkt oder seelisch gebrochen, der Freiheit beraubt zu werden, sich in der Gewalt eines Anderen zu befinden, jemanden zu verlieren, wehrlos zu sein. Das sind nur einige Beispiele. Die Liste lässt sich beliebig weiterführen.
In Romanen, die ein schwieriges Thema behandeln, die den Leser in eine sehr unangenehme oder fürchterliche Situation versetzen, sucht er meiner Meinung nach in gewisser Weise nach Trost. Noch intensiver allerdings sucht er nach Lösungen. Wenn der Leser zu solch einem Buch greift, dann möchte er erfahren, wie die Charaktere des Romans es schaffen, sich zu befreien, wie sie zurück ins Leben finden und wie sie wieder erstarken.