Einsendungen zum Schreib- und Bilderwettbewerb im Wissenschaftsjahr 2012 - Zukunftsprojekt Erde
17.06.2212
Ich fühl mich so schlecht deswegen. Ich weiß einfach nicht, wie ich das hier beenden soll. Du hast mir zugehört, egal wie ich aussah, was ich angestellt hab oder wie es mir grad ging. Ich, sorry ich kann einfach nicht. Ich hab dir alles erzählt und ich glaub, manchmal war es echt langweilig und manchmal würdest du mich am liebsten dafür umbringen, aber du warst trotzdem da und hast mich ausgehalten. Du gehörst zu den wichtigsten Menschen in meinem Leben, nur dass du kein Mensch bist. Und jetzt, endlich kann ich dir mal danke sagen, und hab keine Ahnung wo ich anfangen soll. Ich bin einfach nur fertig. Aber bevor ich dir tschüss sage, muss ich dir noch was erzählen.
Hey, ich weiß, ich sollte meinen letzten Tag nicht mit Tagebuchschreiben verbringen. Schon garnicht, wenn sich draußen alle getroffen haben. Aber es kann morgen nicht enden, ohne dass ich dir tschüss gesagt habe. Ich dachte ich muss nur anfangen und alles kommt aus mir heraus. Aber ich, ich habe keine Ahnung was ich dir schreiben soll. Du warst immer für mich da, hast mir zugehört und keine sinnlosen Kommentare dazu abgegeben und hast mir trotzdem gezeigt, wie oft ich mich grundlos aufgeregt habe. In Paris am Bahnhof hab ich durch dich Cecile kennengelernt, als sie gesehen hat, wie du aus meiner Tasche fielst und dich mir wieder gegeben. Cecile, sie ist auch da. Und dann, die vielen Spaziergänge nur mit dir, sie waren echt schön. Und jetzt soll alles vorbei sein? Es tut mir leid. Nur wegen mir bist du durchnässt. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es nicht mehr weiter geht. Ich muss dir aber noch etwas erzählen, bevor ich geh. Ich war gestern Abend so hibbelig deswegen, dass ich nicht in der Lage war zu schreiben. Du siehst ja, was gestern dabei rausgekommen ist. Mario hat mich gestern zum Eis eingeladen. Ich hab mir nicht wirklich was dabei gedacht, in letzter Zeit ist jeder nett zu jedem, ist irgendwie auch verständlich. Wer will schon verstritten untergehn? Mario und ich waren früher unzertrennlich. Wirklich. Ich wusste, wo er seinen Schatz versteckt hat und dass er geweint hat, als seine Schildkröte gestorben ist. Und dann habe wir aufgehört uns so oft zu sehn. Und irgendwann haben wir uns gar nicht mehr getroffen. Heute habe ich gemerkt, wie dumm es von uns war. Wir hatten kein peinliches Schweigen oder so. Von Anfang an hatten wir uns so viel zu erzählen. Er hat mich einfach verstanden, ohne dass ich ewig erklären musste, oder meine Meinung verteidigen. Wenn du ein Mensch wärst, ja ich glaub, du wärst so wie Mario. Ja ich weiß, so richtig kann ich Mario nicht kennen nach einem Tag, aber ich hab das Gefühl, dass ich ihn besser kenne als die meisten anderen Menschen. Denn ich glaube, wenn ein Mensch dir einmal den Schlüssel zu seinem Herzen gegeben hat, kannst du es immer wieder öffnen, egal wie viel Zeit verstrichen ist. Am Anfang klemmt das Schloss vielleicht, aber es geht auf, wenn man nur ein bisschen geduldig ist. Milena hat sich heute zu mir gebeamt, wir haben lange mit ihr geredet. Wie es wohl sein wird, nichtmehr da zu sein. Und warum es so weit gekommen ist. Und das ist der Teil, der mich wütend macht. Jetzt haben wir nur Erneuerbare Energie, jetzt ist unser Plastik abbaubar und jetzt leben wir so, wie es die Erde verdient hat. Aber scheiße wars. Denn jetzt, wenn alle ihren Arsch anfangen zu bewegen, um die Erde nicht vollends zu zerstören, ist es schon zu spät. Und morgen werden wir den Untergang erleben, den all die Menschen vor uns verdient haben. Ihnen war unser Leben egal, sie erlebten ihre Folgen nicht. Sie haben sich schön aus dem Staub gemacht und wir können jetzt für die Menschheit büßen. Die haben wohl gedacht, dass Roboter die Erde besiedeln werden und bei herzlosen Dingern ist es nicht wichtig. Aber wir sind genau solche Menschen wie sie es waren. Wir haben vielleicht andere technische Möglichkeiten und unsere Klamotten sind auch nicht dieselben. Aber ich habe auch Liebe erlebt, geweint, war wütend und hab mich gefreut. Aber ich habe keine Chance mehr zu heiraten, Kinder zu kriegen, oder zu arbeiten. Ich bin so wie sie waren, aber ich bin kein Leben wert. Und morgen wird das wahr, was sie vor 100, 200, 300 Jahren gesagt haben. Und es passiert nur, weil sie nichts getan haben. Und jetzt an dich Tagebuch. Du warst meine Rettung. Du bist meine Rettung. Und ich hab dir so viel zu sagen, aber ich weiß, dass ich das nicht brauche, denn du weißt es schon. Aber vor allem will ich dir Danke sagen. Ich kann mir vorstellen, dass ein Teeny wie ich manchmal echt nervt. Das ganze Gerede über Josh, Eltern die mich nicht verstehen, über mein Aussehen, und dass ich mich manchmal auch nicht versteh. Du hast meine Gedichte gelesen, auch die grottenschlechten. Hier mein letztes Gedicht, für immer.
Ich dachte an für immer,
doch für immer ist morgen vorbei.
Ich dachte an ewige Freundschaft,
doch für ewig bleibt uns keine Zeit.
Ich hoffte Abenteuer zu erleben,
doch Abenteuer brauchen Leben.
Ich wollte doch in Himmel fahren,
Doch der Himmel hat sich vor uns verschlossen.
Und erst jetzt merke ich, wie wertvoll doch mein Leben ist.
Doch jetzt war mein Leben schon.
Ich will nicht aufhören zu schreiben, denn dann muss ich für immer aufhören und es war so eine schöne Zeit hier. So ein schönes Leben und solange ich weiterschreibe, hab ich das Gefühl, es hinauszögern zu können. Aber ich weiß, dass es nicht geht. Denn jetzt ist es zu spät. Jetzt muss ich tschüss sagen. Und ja, ich liebe dich und ich werde dich immer lieben. Genauso wie mein Leben.
In Liebe ich