Wolfsrudel
Autorin: Florrtje Zwigtman
Ein aufwühlendes Buch über das Böse im Menschen
Was erwartet man, wenn man dieses Buch in den Händen hält? Das Cover wirkt nicht sonderlich einladend. Auf dem Klappentext steht, dass es um das Böse im Menschen gehe. Dass man etwas erwarten könne wie "Krabat", "Der Herr der Fliegen" oder "Der Name der Rose". Was immer ich mit diesen großartigen Büchern verbinde, ich habe es in Wolfsrudel nicht wieder entdeckt. Aber dafür etwas ganz anderes, das nich weniger großartig ist. Wolfsrudel ist ein ganz besonderes Buch, das sich umso schwerer einordnen lässt, weil es so vielschichtig und seltsam ist: ein gruseliges Märchen, eine Schauergeschichte, ein historischer Roman, eine Vampirgeschichte, ein bedeutungsschweres Gleichnis? Eine erschütternde Geschichte über junge Leute, die die Kontrolle über sich verlieren. Die zu Tieren werden, weil sie andere als solche betrachten?
*Dracula is back*
Eigentlich geht es um ein paar Dorfjungs, die sich im Rumänien des 19. Jh. einer räuberischen Jugendbande anschließen und auf einer alten verlassenen Klosterinsel ein altes Grab plündern. Bei dieser Aktion überschreiten sie eine Grenze: sie haben die Ruhe der Toten gestört und einen Frevel begangen, der alle moralischen Gesetze außer Kraft setzt. Die Bande zerfällt in zwei Gruppen, angeführt von 2 Brüdern, die sich nun als erbitterte Feinde gegenüberstehen - wie einst im 15. Jh. die historischen Figuren Vlad Tepes (bekannt unter dem Namen Dracula!!!) und sein Bruder Radu. Was die Jungenbande nicht ahnt, dass Dracula und sein Bruder noch immer ihr Unwesen treiben und ihr Gerangel um die Macht als vermeintliche freundliche Berater mit allen Mitteln zu beeinflussen suchen. Denn sie haben eine Wette um ihre Seelen abgeschlossen.
*Aufwühlende und fesselnde Geschichte*
In dem Roman werden wechselnde Perspektiven eingenommen. Die Geschehnisse um die eskalierende Gewalt im "Wolfsrudel" werden von Ion erzählt. Auch Vlad Tepes kommt zu Wort und sein Bruder Radu. Sie schildern blutige Kämpfe zur Zeit der Kreuzzüge und ihre eigene tödliche Rivalität im Kampf um den Thron der Walachei. Vergangenheit und "Gegenwart" (des Romans) verschmelzen zu einer spannenden und tragischen Geschichte. Die Vergangenheit wiederholt sich auf unangenehme Weise und im Handumdrehen werden aus mehr oder weniger "anständigen" Kerlen blutrünstige Bestien. Ob sie dazu auf gemeine Weise verführt werden oder ob es einfach in ihrer Natur liegt, vermag man nicht so leicht zu sagen. Dennoch ist es ein bitteres, pessimistisches und schockierendes Buch, das den Lesern nur weing Raum lässt, sich alles doch irgendwie noch schön zu malen. Der einzige Hoffnungsschimmer, der einen trotz all der Grausamkeit des Menschen erleuchten mag, ist der der tröstlichen Worte, die aus allem eine Geschichte machen, die erzählt werden kann. Trotzdem - mich hat das Buch ausgesprochen deprimiert. Aber auf eine Weise, die ich nicht missen möchte. Ein fesselndes und aufwühlendes Buch, voller Spannung, Geheimnis und unangenehmer Wahrheiten, voller Anspielungen auf finstere Zeiten, die näher liegen als das 15 Jh. und voller Abgründe. Abgründe,über die vielleicht nicht jeder gerne nachdenken möchte.
Autorin / Autor: merceda - Stand: 4. Oktober 2006