Abebe Bikila lebt in einem kleinen Dorf namens Jirou irgendwo in Äthiopien, wo es gilt Schafe und Ziegen gemächlich ihres Weges zu treiben. Die einzige Belustigung für ein paar alte Damen, die jeden Tag an einem Brunnen sitzen, ist Abebe Bikila, der Junge, der es immer so eilig hat. Doch eine Begegnung der besonderen Art wird ihn für sein Leben prägen und der entscheidende Anstoß sein: Der Besuch Seiner Majestät Haile Selassie I., Kaiser von Äthiopien. Eher gesagt ist es lediglich seine Durchfahrt durch Abebes Heimatdorf in seinem Rolls Royce, was Abebe so fasziniert. Er beschließt von nun an nur noch dem Kaiser zu dienen und tritt wenige Jahre später, nun zu einem jungen Mann herangereift, der Leibgarde des Kaisers bei. Dort trifft er auch auf Niskanen, ein Finne, der in Äthiopien im kaiserlichen Namen einige talentierte Soldaten zu Athleten, zu Läufern ausbilden soll, um Äthiopien die Teilnahme an den Olympischen Spielen zu ermöglichen. Er trainiert die jungen Soldaten mit unterschiedlichen Methoden und wird mit der Zeit auf Abebe aufmerksam, der erstaunlicherweise erheblich schneller ohne Schuhe läuft. Nach anfänglichem Zögern und Zweifeln in Abebe wählt Niskanen ihn schließlich neben einigen anderen aus, um nach Rom zu den Olympischen Sommerspielen zu fahren und für Äthiopien anzutreten. In dieser schönen, aufregenden, aber auch schweren Zeit muss Abebe beweisen, wer er ist und wofür er kämpft. Und tatsächlich: Er gewinnt den Marathon und wird zu einer berühmten Persönlichkeit. Doch während Abebe sich selbst überwindet im Kampf gegen seine Schmerzen und seine Angst und versucht schneller als seine Konkurrenten zu laufen, braut sich in Äthiopien etwas zusammen. Die Fassade der kaiserlichen Monarchie beginnt langsam zu zerfallen und auch die Armut in Äthiopien ist unübersehbar. Als schließlich Rebellen die Kaiserfamilie in Gefangenschaft nehmen und die Herrschaft an sich reißen, sieht sich Abebe in einem Gewissenskonflikt: Er ist dem Kaiser zur Treue verpflichtet. Was nun? Mehr und Mehr wird Abebe zum Spielball der chaotischen Politik. Wie wird das Ganze nur enden? Wird er überhaupt noch für sein derart tief gespaltenes Land laufen dürfen?
*Wunderschöne Geschichte*
Was zu Beginn am Erzählstil noch etwas stockend und kantig wirkt, wird später durch eine wunderschön und flüssig erzählte Geschichte belohnt. Paul Rambali versteht es, das Wesen der Dinge, den Kern in einer wohlgestalteten Sprache freizulegen. Wenn er die Erfahrungen von Abebe beim Laufen beschreibt, erkennt man sich manchmal selbst darin. Jeder ist schon mal gelaufen und musste sein Inneres überwinden. Sehr erstaunlich, was man beim Laufen fühlt und in diesem Buch in Worte ausgedrückt wiederfindet. Aber nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich glänzt das Buch „Der Mann, der barfuss liebt“.
*Was alleine zählt, bist du selber*
Insgesamt ranken sich um die Haupthandlung des Buches, Abebes Leben als Marathonläufer in Äthiopien, verschiedene Themen. So erlebt der Leser die spannende Entwicklung der Olympischen Spiele mit. Diese litt in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg noch unter der Diskriminierung afrikanischer Völker und auch das Problem der Apartheit, die Rassendiskriminierung, die in Südafrika vorherrschend war, dringt hier durch. Doch Sport geht über alle Grenzen, die die Völker dieser Welt noch heute manchmal zu trennen scheint, hinweg. Es geht hier nicht um Hautfarbe, Herkunft oder Reichtum. Was hier einzig und allein zählt, bist du selber, deine Leistung, dein Selbstvertrauen und deine Hoffnungen und Träume. Diese Botschaft, die Paul Rambali seinen Lesern vermittelt, hat mich sehr begeistert.
Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass es die Person selber ist, Abebe Bikila, der 1932 geboren wurde, eine reale Persönlichkeit, mich begeistert hat. Ich hatte keine Ahnung, wie es um die sportliche Entwicklung stand, doch gerade jetzt, wo die Olympischen Spiele dieses Jahr in China stattfinden, ist es interessant eine der interessantesten und bewundernswerten Sportler kennenzulernen. Deshalb kann ich das Buch nur allen empfehlen.
*Erschienen bei Carlsen*
Autorin / Autor: mickie - Stand: 28. März 2008