Farbengefühl

Einsendung zum Schreibwettbewerb "KörperGEFÜHLE" von Anna, 14 Jahre

Sie spürte die Sonne auf ihrer Haut. Eine angenehme Wärme füllte sie aus und ließ sie lächeln.
Sie fühlte sich sicher, obwohl sie nicht wusste, wie es dort war, wo sie saß. Sie wusste nicht, wie die Bank unter ihr aussah und auch nicht, wie es dort war, wo Gras und Himmel sich trafen.
Man hatte ihr erklärt, wie die Objekte aussahen, doch es war etwas ganz anderes mit Erzählungen zu sehen, anstatt mit Augen.
Sie fühlte die Farben um sich herum, es waren schöne Farben. Ein bezaubernder Glanz umgab alles was die Sonne, die sie nie sehen würde, anstrahlte.
Farben waren wie Gefühle, man brauchte keine Sehkraft um sie wahrzunehmen. Sie spürte die Feuchte des Mooses auf der Parkbank, ihr Körper erfüllte die Pflichten ihrer Augen.
Es hatte auch Vorteile blind zu sein, sie würde niemals Gefahr laufen oberflächlich zu denken. Sie erkannte einen Menschen nicht am Aussehen, sondern an seinem Herzen. Sie sah das Leben und roch den Geruch und fühlte alles.
Sie hatte lernen müssen sich auf ihren Instinkt zu verlassen. Sie roch, spürte und hörte die Gefahr bevor ihre Mitmenschen sie wahrnahmen.
Eine Frage ließ sie jedoch niemals los. Sie folgte ihr ins Bett, ins Bad, zu ihren Lieblingsorten, zum Entenfüttern und auf diese Parkbank.
Ist es besser, erst später blind zu werden, wenn man die Welt schon gesehen und sich in ihre Farben verliebt hatte oder ist es besser, nie die Chance gehabt zu haben, mit den Augen zu sehen, so wie sie?
Vermisst man die Farben dann so extrem, dass man die Welt nicht ohne sie lebenswert findet?
Vielleicht war blind sein, der einzige Weg in Harmonie zu leben.
„Um glücklich zu sein, muss man beschließen glücklich zu sein. Es kommt darauf an, ob wir der Sehkraft hinterhertrauern, oder die Zukunft mit offenen Armen begrüßen und uns auf sie freuen.“
Sie mochte ihre Körpergefühle und die Herzsicht die mit ihnen verbunden war.
„Wovon redest du, Liebling?“
Sie suchte nach der Hand ihres Ehemanns und drückte diese als sie sie endlich fand.
„Ist schon gut.“
Die Sonne verbreitete ihre Hoffnung, indem sie auf die ergrauten Köpfe der beiden sich liebenden Menschen, die mit dem Herzen einander sahen, strahlte.
Die beiden Senioren strahlten beglückt zurück.

Autorin / Autor: von Anna, 14 Jahre