Immer noch Ich
Einsendung zum Schreibwettbewerb "KörperGEFÜHLE" von Anastasia, 15 Jahre
Es ist immer noch das selbe Herz, welches in mir schlägt. Das bin immer noch ich. Der Spiegel lügt. Alles was ich sehe, ist lediglich eine fehlerhafte Kopie meines Ebenbildes. Aber das bin immer noch ich. Ich betrachte mich im Spiegel, kann den Blick von meinen Augen nicht abwenden. Etwas hat sich verändert, Ich habe mich verändert. Vorsichtig streifen meine Finger das Glas und meine Augen wandern weiter runter. Ich fühle mich so falsch an. Tief in mir schreit etwas, will hinaus, aber ich kann nicht deuten was. Vor noch zwei Jahren war alles anders. Ich war ich. Mein Spiegelbild hat mich nie belogen, mir nie gesagt ich sei eine andere Person. Immer wenn ich mich sah, erblickte ich vor meinen Augen ein kleines Mädchen, süß und schüchtern. Unbeschwert. Habe das Leuchten in ihren Augen gesehen. Dieses Lächeln..
Mit der Zeit verging das Lächeln. Das Leuchten in ihren Augen tauschte sie gegen Tränen. Ich will das nicht. Wo ist mein altes Ich? Daran seid nur ihr schuld. Ihr habt mich über die Jahre geformt, mich gezeichnet. Zu dem gemacht, was ich heute bin. Ich hasse euch dafürt. Hört ihr? Ich hasse euch! Und ich hasse mich. Ich fühle mich wie im falschen Körper. Habt ihr euch jemals im Spiegel betrachtet und euch nicht wieder erkannt? Wisst ihr überhaupt, was das für ein Gefühl ist, sich selbst nicht zu kennen? Es ist ein schreckliches Gefühl. Ein Gefühl, welches ich keinem wünsche. Du fühlst dich einfach nicht willkommen. Fehl am Platz, in deinem eigenem Körper. Diese Leere die du verspürst, nie mit dir selbst zufrieden bist. Niemand sieht deine Tränen, weil du sie stetig wegwischt. Du versuchst stark aufzutreten. Niemand darf dich je so sehen. Keiner hört deine Schreie, wie du um Hilfe schreist, jemand befreie dich aus diesem Körper, weil deine Schreie stumm sind. Niemand darf dich hören. Du musst ruhig bleiben. Niemand darf die je hören.
Diese Leere in dir ist wie Kälte, an der du dich fürchterlich verbrennst. Dein Körper mag erfrieren, doch deine Seele in dir brennt wie Feuer.
Ich erinnere mich an Freundebücher, wo mir alle reingeschrieben haben „Bleib wie du bist!“. Wieso hab ich das nicht einfach getan? Wieso ist das so schwer? Ich betrachte meinen Körper. Ich sehe aus wie ein wandelndes Skelett. Es sieht auch nicht mehr schön aus, geschweige denn gesund. Besonders auffällig sind mein Becken und meine Rippen. Ich muss eurem Schönheitsideal entsprechen, Kein Gramm Fett dürft ihr an mir finden. Einerseits fasziniert mich mein Körper, denn ich habe das geschafft, was viele andere wollen, wofür andere kämpfen. Doch kurz darauf will ich wieder heulen. Was daran ist schön? Was daran ist erstrebenswert? Ich sehe schrecklich aus! Ihr alle seht schrecklich aus.
„Mädchen, iss was!“ Höre ich alle sagen. Höre ich mich selbst sagen. Doch ich kann es nicht. Seit Monaten sättigt mich das Gefühl von Hunger. Immer öfters greife ich auch zum Alkohol, um das alles selbst mal zu vergessen. Mich entgültig zu verlieren. Doch dann wache ich wieder auf. Jeden Tag will ich etwas ändern, doch weiß nicht was. Denn das bin immer noch ich.
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Autorin / Autor: Anastasia, 15 Jahre