GelöbNix - wovon die wahre Demokratie lebt
Ladypu über öffentliche Gelöbnisse, Proteste, die Demokratie und ihre vermeintlichen Angreifer.
Die Bundeswehr hielt nach elf Jahren wieder ein öffentliches Gelöbnis in Stuttgart. Der Zweck war, die Öffentlichkeit mit einzubeziehen. Die Bundeswehr komme ja aus der Mitte der Gesellschaft, deshalb sollte diese Gesellschaft auch das Recht haben daran teilzunehmen, wenn wieder 650 Rekruten öffentlichen geloben ihr Vaterland zu verteidigen.
Für einige Eltern, die ihre Töchter und Söhne in den Krieg schicken, wohl ein sehr rührender Augenblick, für andere provokant. Zahlreiche DemonstrantInnen vereinigt sich auf dem Schlossplatz in Stuttgart. Es wurde laut getrillert, gegröllt und gesungen. Eigentlich etwas, was gar nicht so ungewöhnlich ist.
Nur Herr Ministerpräsident Mappus hielt seine Rede auf dem Gelöbnis, ein Recht, das ihm keiner verweigern will, doch folgender Satz ist mehr als dreist, falsch und wirklich einfach nur noch bescheuert:
"Die Demokratie, die ihnen das Radaumachen und Demonstrieren überhaupt ermöglicht, wird von denen verteidigt, die heute in diesen Ehrenhof angetreten sind."
Wie bitte? Demokratie wird von jenen verteidigt, die gewaltsam ein Land besetzen, die Bevölkerung gegen sich aufbringen und auf Tanklaster schießen? Demokratie von denen verteidigt, von jenem Organ, dass unter den Namen „Reichswehr“, die Demokratie vor nicht all zu langer Zeit, abgeschafft hat? Demokratie verteidigt von Menschen, die ihre Individualität aufgeben, sobald sie eine Uniform anhaben, sich auf Kommando bewegen und schießen? Wer greift denn unsere Demokratie an, dass sie verteidigt werden muss? Niemand geringeres als Mappus selbst. Jener Ministerpräsident, der sich für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke ausspricht. Ein Ministerpräsident, der sein Grußwort beim Christopher Street Day in Stuttgart verweigert und es für nicht nötig hält ein Ministerpräsident für alle zu sein. Der Ministerpräsident, der Proteste als „Radaumachen“ bezeichnet.
Eine Demokratie aber lebt davon, dass sie sich entwickelt, neue Techniken fördert und nicht auf der Stelle stehen bleibt. Gesellschaftlichen Wandel akzeptiert, keinem Menschen aufgrund seiner sexuellen Identität das Grußwort verweigert. Und ganz besonders lebt eine Demokratie davon, dass es Menschen gibt, die Politikern auf die Fingern schauen, sagen, was ihnen nicht gefällt, ihre Meinung kundtun und nicht alles, was ein Ministerpräsident sagt als Gottgegeben hinnimmt.
So viel zu Herrn Mappus.
Man kann zur Bundeswehr stehen wie man will, aber den Protest so zu verhunzen ist ein Angriff auf die Demokratie!
Autorin / Autor: ladypu, - Stand: 5. August 2010