Einen Mr. Darcy zum Mitnehmen, bitte.
Oder: Warum die Frau von heute auf den Mann von gestern steht
Sei es nun Fitzgerald Darcy oder Edward Rochester, Tom Lefroy oder Heathcliff, Edward Cullen oder…- wir Mädchen mögen es in den meisten Fällen doch lieber altmodisch. Aber was begeistert uns an diesen altmodischen Männern so sehr?
Zuerst einmal ist es natürlich das gute Benehmen. Ob nun in den Romanen von Jane Austen, den Bronte Schwestern oder Leo Tolstoi - sobald es um einen wohl erzogenen Protagonisten geht, der noch weiß, was sich gehört, wird es uns als Leserin ganz warm ums Herz und uns stockt vor Entzücken der Atem. Wenn wir in „Stolz und Vorurteil“ mitverfolgen wie Elizabeth und Mr. Darcy sich näher kommen, jauchzen wir vor Freude wenn sie endlich miteinander tanzen. Und wir erblassen vor Neid wenn Tom Lefroy in dem Film „Geliebte Jane“ Jane Austen anfleht mit ihm durchzubrennen.
Es freut uns einfach, wenn sich der Junge zu Benehmen weiß - ob sich das darin zeigt, dass er uns den Stuhl zureckt rückt, wenn er uns zum Essen einlädt, uns in die Jacke hilft oder er darauf besteht, sich unserem Vater vorzustellen bevor er uns ausführt, ist erstmal ganz nebensächlich. Das Aufhalten einer Tür zaubert jedem Mädchen ein Lächeln auf die Lippen. Wir hören lieber ein „Du siehst heute wirklich hübsch aus“ als ein „Die Alte ist aber scharf, ey!“.
Insgeheim träumen viele von uns davon, auf einem Ball von einem gutaussehenden, sympathischen jungen Mann mit einer leichten Verbeugung und einem verhaltenen Lächeln zum Tanz aufgefordert zu werden, der einem die Möglichkeit bietet sich stundenlang in die Augen zu blicken. Ja, wir hoffen auf den Prinzen, der zwar nicht unbedingt auf einem weißen Pferd daher geritten kommen muss, aber doch charmant und liebenswert sein sollte. Und natürlich sollte er Prinzipien haben. Wir träumen davon, dass es Bellas Edward wirklich gibt- in der menschlichen Version.
Was finden wir stattdessen vor? Sich prügelnde, „Ey, Alte!“ schreiende Exemplare, die weder am Tisch noch sonst wo etwas von Manieren zu halten scheinen. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf. Bestimmt wird aus den schüchternen, freundlich lächelnden Jungs aus unserer Jahrgangsstufe, die im Unterricht nie etwas sagen und in der Pause alleine an der Wand lehnen, noch etwas. Es muss ja auch nicht unbedingt ein Mr. Darcy sein – obwohl wir uns über den natürlich immer noch sehr freuen würden. Aber es reicht auch erstmal jemand, der nicht der Meinung ist, dass „Alter“ mit zum Satzbau gehört. Jemand, der zuvorkommend ist. Das wäre doch schon was.
Manchmal, wenn ich so über meine Vorstellungen nachdenke, komme ich zu dem Schluss, dass ich definitiv im falschen Zeitalter geboren wurde. Eigentlich –davon bin ich ganz fest überzeugt- sollte ich in die Nachbarsfamilie der Austens geboren werden. Irgendwas ist da schief gelaufen.
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Autorin / Autor: sukie - Stand: 8. August 2009