Jetzt bin ich schon zwei Wochen hier oben auf dem Berg.
Kein Empfang, kein fließend Wasser, kein Strom.
Alle drei Tage gehe ich zu Fuß ins benachbarte Dorf.
Das mächtige Gefühl, ich muss hier weg, hat mich angetrieben,
weit weg von digitaler Strahlung, Zeit zu verbringen. Und mehr noch,
auch weit weg von meiner Gattung Mensch.
Wer bin ich? Was bin ich?
Statt klarer zu werden hier oben,
fern ab aller menschlichen Geräusche, außer meiner eigenen,
und ab und zu sehe ich ein Flugzeug am Himmel,
ist jetzt eine dritte Welt entstanden,
die, der Einsamkeit.
Klar, habe ich Bücher mitgenommen.
Und, obwohl mein Handy im Schrank liegt,
habe ich es, und ich gestehe, ich tue es immer noch, beäugt.
Ich könnte es ja unten im Dorf deponieren oder,
denkt mein Unterbewusstes, es könnte mich hier rausbeamen,
auf den Knopf drücken und ich bin raus aus dem Spiel.
Eigentlich immer, wenn ich freie Zeit hatte war ich ja online gewesen.
Mein ständiger Begleiter außer nachts.
Ich kannte mal einen 14 jährigen Jungen, der wollte ohne sein Smartphon nicht einschlafen, wie ein Kuscheltier unter der Wange, weinte er bitterlich als ich es ihm aus pädagogischen Gründen abnehmen wollte.
Was tut man denn so als Mensch ohne Kontakt?
Der Grund, warum ich hier bin? Ich denke digital.
Wie in einem anderen Land. Du lernst eine Sprache.
Bis du in ihr zu denken anfängst und nicht mehr übersetzen musst.
Du träumst sogar in ihr, obwohl du ja zwei oder dreisprachig bist.
Ich schaue über die Dächer der Stadt von meinem Balkon aus und verschiebe im Geist die Häuser. Menschen die ich sehe ziehe ich sofort ein Profil an, teile ihnen eine Rolle zu, oder wische sie weg, beachte sie nicht.
Im täglichen Leben funktioniere ich hervorragend, so ist das nicht.
Doch fühle ich mich fremd.
Nicht allen gegenüber. Vor allem bei jungen Menschen ist ein anderes Verständnis aufgetaucht, als nähmen wir alles nicht so ernst.
Es ist änderbar, wenn wir nur wollten. Verbunden mit der ganzen Welt denken wir global.
Und all die anderen führen Kriege, spielen ein anderes Spiel. Wir belächeln sie, sie sind wie Kinder im Sandkasten.
Zerrissen zwischen Möglichkeiten und Hilflosigkeit den Mächtigen gegenüber.
Geduldigkeit oder Aufbegehren. Wann kann das Terraforming beginnen?
Oder sind sie schon dabei?
Alles ist möglich.
Doch ich täusche mich nicht.
Die Welten teilen sich in World Wide Web-Empfinder,
und das Wissen, manipuliert zu werden,
und Nicht-Empfinder.
Unterscheiden, was gut für uns ist und die Welt.
Wer will das durchschauen?
Und so wirft es mich hier oben auf dem Berg zurück zu mir selbst.
Meine Hütte, mein Topf, meine Kleidung, mein Terraforming.
Indem ich in den kleinen Bach hinterm Haus eine kleine Vertiefung grabe, um besser Wasser schöpfen zu können. So will ich das, was ich kann und will in meinem Umfeld mit Nutzung moderner Medien in Würde und Anmut, Freude und Leichtigkeit ohne Jemanden in irgendeiner Weise Schaden zu zufügen, liebevoll verbessern.
Es dient meinem höherem Wohl und der Welt.
Es können kleine Dinge sein, mit anderen oder allein.
Die wirkliche Berührung mit der materiellen Welt ist das einzige, was mich tief befriedigt.
So denke ich an den Jungen, der gerne Gewalt-Spiele am PC spielt,
und an seinen Gesichtsausdruck, als er zum ersten Mal eins in die Fresse bekommt,
so erschrocken, dass dies höllisch wehtut,
und doch nachhaltig befriedigt, weil unser Körper die einzige Festplatte ist, die beschützt werden sollte, und die aller anderen.
Das Überleben der Menschheit.
Alles andere können wir neu konstruieren.
Planetarier wollen wir sein und sind es schon ein bisschen.
Ich bleibe noch ein paar Tage auf meinem Berg, um mich dann gestärkt in die Welt zu werfen.
Regional, mit Unterstützung der Erfahrung und Information der World Wide Web-Nutzer.