Jennifer war enttäuscht, als sie ihr Geburtstagsgeschenk erblickte. Sie hatte sich doch diese Smartuhr gewünscht, mit der sie ihren Fensterrollo oder die Uhrzeit für das Badewasser programmieren konnte. Auch die neuesten X-Box One Spiele und die neuen Computerspiele hatte sie in der SMS an ihre Eltern aufgeführt.
Auf dem Frühstückstisch allerdings stand nur ein Kuvert. Okay, dann würde sie sich halt die Sachen von dem Geld selber kaufen. Ist sowieso besser, ihre Eltern waren da richtige Neandertaler.
Jennifer öffnete den Umschlag und wollte die Scheine zählen. Doch was war das? Eine einzige grüne Karte war enthalten. Darauf stand: Gutschein für 24 h im Jurassic Park.
Was soll das? Jurassic Park? „Blöde Dinosaurier, ich bin doch mit 11 Jahren kein Kleinkind mehr! Seid ihr verrückt geworden!“, herrschte sie ihre Eltern an.
„Du und deine Freundin Klara, ihr könnt am nächsten Wochenende zusammen fahren“, antwortete ihr Vater ruhig, aber bestimmt,“ wir haben das bereits mit ihren Eltern abgesprochen“.
„Ich will aber nicht in euren dämlichen Freizeitpark!“
Jennifer stürmte aus dem Zimmer und tippte im Laufen eine SMS an Klara. Die Antwort kam sofort.“ Sorry. Will auch nicht. Doofe Dinos.“
Gleich nach der Schule surfte Jennifer im Internet. Aber sie fand nur Links zu den alten verstaubten Filmen. Jurassic Park – wo soll der überhaupt sein? Sollten sie auf eine Insel im Indischen Ozean fliegen? Das wäre wenigstens cool.
Nein, drei Stunden mit dem Auto, würden sie fahren, hatte ihre Mutter gesagt.
Am Samstag war es soweit. Die Anreise ging schnell, bald sahen sie ein großes Schild “Jurassic Park“. Der Eingang erinnerte an einen Check-In Schalter beim Flughafen.
Jennifer und Klara standen vor einem großen metallischen Bogen. Ganz schön futuristisch!
Auf dem Schild daneben der Hinweis: Es sind keine elektronischen Geräte erlaubt. Bitte legen sie diese in die nummerierten Kästen.
Klara rief entsetzt: „Das geht nicht, ohne mein Handy gehe ich nirgendwohin!“ Jennifer klagte: „Ich muss erreichbar sein!“
Aller Widerstand half nichts. In Kästen mit Nummern wurden die Smartphones, das Tablet, der Laptop, die MP3 Player und sogar Klaras GPS Uhr abtransportiert.
Verloren standen die beiden Mädchen da. Jennifer fasste ängstlich nach der Hand ihrer Mutter, als ein junger Mann auf sie zukam.
„Willkommen im Jurassic Park. Ich bin Marco. Liebe Eltern verabschiedet euch bitte, der Park ist nur für Jugendliche. Bis Sonntagabend.“
„Jugendliche hat er gesagt“, flüstert Klara Jennifer zu, „dabei fühle ich mich gerade wie ein Kleinkind. Ich habe Angst, was da noch auf uns zukommt.“
Klara: „Mir geht es auch so. Gut, dass du wenigstens da bist.“
Gleich hinter dem Eingang war dichtes Gestrüpp. Die beiden folgten Marco auf einem Weg durch die Büsche und erblickten kleine Blockhütten. Auf eine davon zeigte Marco: „ Hier übernachtet ihr, sobald ihr euch eingerichtet habt, kommt bitte auf den freien Platz dahinter. Ihr seid die letzten Ankömmlinge heute, gleich geht es los.“
Es war ein wirklich nettes Zimmer mit zwei Betten, Dusche und WC. Fernseher und Computer suchte man vergebens. Nicht mal ein Radio war drin. Jennifer und Klara setzten sich auf die Betten. Fast gleichzeitig fassten sie in ihre Hosentaschen zum Smartphone. Doch die Taschen waren leer.
Sie blickten sich an. „Okay, dann gehen wir halt nach draußen“, schlug Klara vor.
Sie sahen mehrere Kinder im Alter von vielleicht 9 bis 14 Jahren und daneben fünf junge Erwachsene, darunter Marco. „Toll. Das ging ja schnell bei euch. Dann kann die Olympiade beginnen!“
Oh, Gott! Eine Olympiade. Klara und Jennifer waren nicht besonders sportlich, Chatten zuhause war eher ihr Ding. Aber hatten sie überhaupt irgendeine Wahl?
Marcos Stimme erklang: „ Wir beginnen mit der großen finnischen Olympiade. Bildet bitte Teams zu sechs Personen und verteilt euch an den einzelnen Stationen. Ihr braucht auch noch einen Teamnamen.“
„Teams, ich kenn doch hier niemand, wie soll denn das gehen?“, flüsterte Jennifer Klara zu.
Sie standen unbeweglich da, nur die Blicke schweiften zu den anderen Jugendlichen. Meinte Marco, dass sie diese ansprechen sollten?
Glücklicherweise näherte sich ein sehr großes blondes Mädchen. „Hi, ich bin Alina, wir sind schon vier, wollt ihr beide noch in unser Frauenteam?“ Gott sei dank, dachte Klara und Jennifer antwortete: „Gerne, das ist Klara und ich heiße Jennifer.“
Sie gingen mit Alina zu den anderen. Eine nette Braunhaarige mit stechend blauen Augen schlug vor: „Was haltet ihr von Frauenpower als Name?“. Super, die sechs lächelten sich zu. Klara und Jennifer fühlten sich inzwischen richtig gut. Das war ja wie im Film, so schnell waren sie eine Gemeinschaft, war denn das real?
Sie wunderten sich noch mehr. Denn danach stand auf dem Plan Bogenschießen, Blasrohrpusten und Hufeisenwerfen. Und es machte Riesenspaß! Wenn ihnen das jemand vorher gesimst hätte, sie hätten es nicht geglaubt.
Es war echt toll und sie fühlten sich lebendig wie lange nicht mehr. Klara schaffte es zwar nicht, den Bogen richtig zu spannen und ihre Pfeile verkümmerten weit vor der Zielscheibe, aber dafür traf sie dreimal den inneren Kreis beim Blasrohrpusten. Und Jennifer holte die meisten Punkte für das Team beim Hufeisenwerfen.
Beim anschließenden Tauziehen durften die Ölprinzen, ein gegnerisches Jungenteam, nur mit links zugreifen, woraufhin sie gegen Frauenpower schnell im Sand lagen.
Nur beim Sommerski funktionierte die Absprache überhaupt nicht. Gemeinsam sollten die sechs auf zwei langen Holzbalken stehend ins Ziel eilen. Es gelang ihnen jedoch nicht, im Gleichschritt zu gehen und sie fielen immer wieder kichernd auf den Boden.
Lachend lagen sie noch übereinander, als das gegnerische Team längst im Ziel war. Katrin, ein Mädel aus der Gruppe rief: „Ist das lustig. Ich hatte schon lange nicht mehr soviel Spaß und das bei diesem Strafcamp!“
„Strafcamp, was meinst du damit,“ fragte Jennifer. Katrin antwortete: „Meine Eltern haben mich hier her geschickt, weil sie mich wiederholt dabei ertappten, dass ich nachts mit dem Handy surfe. Und jetzt muss ich 24 Stunden ohne Handy auskommen.“
„War das vielleicht auch der Grund für mein Geburtstagsgeschenk?“, fragte sich Jennifer. In den letzten Monaten hatten ihre Eltern immer wieder mit ihr geschimpft, weil sie ständig am Computer saß. Auch ihr ständig vibrierendes Handy hatte ihren Vater zur Weißglut gebracht, woraufhin er es ihr oft abnahm. Und immer diese Rummeckerei, sie solle an die frische Luft gehen.
Aber eine richtige Sucht, wie ihre Eltern behaupteten, war es doch nicht. Während der ganzen Olympiade hatte sie die eingesammelten Geräte doch nicht vermisst und sie freute sich auch riesig auf den Abend mit ihren neuen Freundinnen.
Marco hatte das Gespräch mitgehört und erklärte ihnen: „Jurassic Park ist der erste nichtdigitale Freizeitpark in Deutschland, wo die Kinder lernen sollen, auch ohne elektronische Geräte Spaß am Spielen zu haben. In Amerika boomen diese Parks bereits, viele Eltern von unglücklichen und depressiven Teenagern buchen dort Aufenthalte bis zu mehreren Tagen. Heute Abend wollen wir darüber diskutieren, was ihr dazu meint.“
Was haltet ihr Leser davon? Can you believe it?