Celeste oder Die Welt der gläsernen Türme
Autor: Timothée de Fombelle
Huch! Verwirrung! Mein erster Gedanke, nachdem ich die 94 Seiten des „Romans“ innerhalb einer halben Stunde durchgelesen hatte, war: „hä?“ Ich wusste tatsächlich nicht, was ich von der ganzen Sache halten soll.
Da geht der Herr Timothée de Fombelle hin und steigt von Theater Drehbüchern um auf... ja, auf was eigentlich?
Die Geschichte „Celeste oder Die Welt der Gläsernen Türme“ ist kein Roman im eigentlichen Sinne, mit vielschichtigen Figuren und ineinander verwobenen Handlungen, allerdings auch wieder zu komplex für eine einfache Kurzgeschichte. Meine Verwirrung war also groß, einfach weil mir so ein Buch noch nie untergekommen ist.
*Ein literarischer Versuch! Soviel aber schon mal zur Handlung:*
De Fombelle weist definitiv auf unseren kranken Planeten hin. Die Umwelt, ihre Zerstörung, ihr Schutz- all das ist der Aufhänger für diesen zauberhaften literarischen Versuch, die Zukunft und ihre Möglichkeiten einfach mal komplett anders darzustellen.
Die Geschichte von dem geheimnisvollen Mädchen Celeste und dem 14- Jährigen namenlosen Erzähler spielt auf einer Erde, wie sie in der Zukunft sein könnte. Keine verschrobene Alien-Story - sondern erschreckend realistisch. Diese Welt definiert sich über Konsum, Innovation, Macht und Fortschritt. Mittendrin taucht das Mädchen Celeste auf, und der Junge verliebt sich in sie. Was er nicht weiß: Celeste wird seine Welt sein. Was durchaus so wörtlich verstanden werden darf, wie es hier steht...
Ich will nichts weiter erzählen, damit würde ich nur vorgreifen. Nur so viel: Diese Handlung ist weder Liebeskitsch noch Actiongeballer noch ein wedelnder Zeigefinger, sondern richtig kreativ und einzigartig.
*Ein Hauch von Normalität- das braucht man!*
Sehr schön ist allerdings, dass es inmitten dieser völlig ungewöhnlichen Geschichte einige Elemente gibt, die einfach herrlich normal sind: Eltern. Bonbons. Fische. Straßenmusikanten. Alaska. Ich habe mich immer sehr gefreut, wenn da ein Wörtchen geschrieben stand, dass ganz schnell diesen Bezug zur Gegenwart und Normalität wiederhergestellt hat. Denn obwohl das Buch 94 Seiten hat, schafft es der Autor ganz schnell, den Leser mit in die Zukunft zu nehmen: Einmal stand ich während des Lesens auf, um mir etwas Saft zu holen. Während ich so in den Kühlschrank schaute, fühlte ich mich, als stünde ich komplett neben mir - alles, was einem total vertraut ist, kommt einem nach dieser Lektüre irgendwie seltsam vor. Ich werde also niemals mehr sagen, dass kurze Geschichten keinen Bann auf den Leser ausüben können.
Richtig unheimlich war das!
Meine Meinung: Still, Stark, Kaviar!
De Fombelle hat einfach die gute Mischung zwischen Humor, Melancholie, Spannung, Liebe und Fingerzeig gefunden. Ein Buch, das es nicht darauf anlegt, auf irgendwelche Bestsellerlisten zu kommen. „Celeste“ ist ein Buch, dass etwas zeigen will, ohne große Reden und Gesten. Ein stilles, aber starkes Buch!
Zum Ende hin kann ich sagen, dass das Buch ein wenig so ist wie Kaviar: Man probiert etwas von dem komischen Zeug, bewegt es etwas, denkt drüber nach, um dann zu dem Schluss zu kommen: Seltsam, aber... irgendwie... lecker.
*Erschienen im Gerstenberg Verlag*
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Autorin / Autor: feli - Stand: 26. April 2010