Das Leben ist zu kurz, iss den Nachtisch zuerst
Autorin: Wendy Mass
Wenn ich beginne ein Buch zu lesen, dann fange ich immer ganz vorne mit dem Blättern an. Denn das, worum es geht, ist zwar die Geschichte, aber erst der Rest macht es zu dem, was es wirklich ist. Einem Buch. Vorne steht also: „…das Geschöpf hat ein Ziel, das seine Augen glänzen lässt.“ (John Keats) und auf dem Klappentext ist die Rede vom Sinn des Lebens. Wahrscheinlich habe ich ein philosophisches Buch erwartet und die ersten Seiten haben mich ein wenig enttäuscht. Aber man ließt sich ein und am Ende wollte ich gar nicht mehr aufhören.
Das Buch beginnt mit dem Vorspann. Man lernt die Hauptperson Jeremy Fink kennen und seine beste Freundin Lizzy, in die er nicht (!) verliebt ist. Jeremy wird in einem Monat 13 Jahre alt, als er eine seltsame Kiste bekommt. Sie ist von seinem Vater, der starb als Jeremy 8 Jahre alt war. Die Inschrift der Kiste besagt, dass der Sinn des Lebens darin enthalten ist und dass Jeremy sie an seinem 13. Geburtstag öffnen soll. Aber dafür benötigt man die Schlüssel für die vier Schlösser, die leider weder Jeremy noch seine Mutter besitzen. So beginnen Jeremy und Lizzy mit ihrer Suche. Leider endet ein Ausflug mit Sozialstunden - nach einem Zwischenhalt bei der Polizei.
Doch bei Mr. Oswald, der sein Pfandleihhaus schließt und dem die beiden helfen müssen, lernen sie die unterschiedlichsten Menschen kennen. Und die unterschiedlichsten Auffassungen vom Sinn des Lebens. Da ist einmal die alte Mabel Billings, der Jeremy und Lizzy ein Buch bringen müssen, das die Frau in ihrer Kindheit ins Pfandleihhaus gebracht hat. Das gehörte damals aber noch Mr. Oswalds Großvater, und der war, wie sich nach und nach herausstellen wird, ebenfalls ein ganz besonderer Mensch. Aber hinter dem Besuch steckt noch mal eine eigene Geschichte.
Als nächstes lernen sie Simon Rudolph kennen und bringen ihm eine Lampe. Als Junge war Simon Rudolph verwöhnt, vielleicht auch egozentrisch. Heute besitzt er jeden Gegenstand nur einmal und einen Großteil seines Vermögens hat er verschenkt. Und er versucht Jeremy und Lizzy seinen Sinn des Lebens zu zeigen. Denn ohne Aussicht auf die Schlüssel beginnt Jeremy selber eine Antwort zu suchen. Dem Astronomen Dr. Amos Grady muss ein Fernrohr wiedergegeben werden und auch er zeigt Jeremy eine Antwortmöglichkeit. Sogar Mr. Oswald - oder gerade er? - spielt eine entscheidende Rolle. Aber werden sie am Ende das Kästchen öffnen können?
Ich werde darauf nicht antworten, aber das Buch lohnt sich. Zu Beginn erscheinen die beiden Charaktere Jeremy und Lizzy ein wenig übertrieben. Als hätte die Autorin versucht, originelle Personen zu erschaffen und wäre ein wenig über ihr Ziel hinaus geschossen. Aber mit jeder Seite werden Jeremy und Lizzy, naja, dreidimensionaler. Das Buch gibt nicht nur Antwortmöglichkeiten, sondern zeigt auch sehr deutlich, dass jeder seinen eigenen Sinn des Lebens finden muss. Und es geht nicht nur darum, sondern um das Leben insgesamt. Um das Wichtigste, warum es sich lohnt zu leben. Aber nichts wird beschönigt und es gibt unheimlich viele Details in dieser Geschichte.
*Erschienen bei: cbj*
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Autorin / Autor: islenski.hesturinn - Stand: 26. Oktober 2010