Der fünfzehnjährige Sammy wurde in seiner Kindheit von Mitschülern immer wieder gehänselt und verprügelt. Seit seinem Wechsel auf ein Internat hat er erstmals Freunde und die Liebe gefunden. Doch schon bald wird er vor einige schwierige Entscheidungen gestellt …
Ohne Umschweife: Ich war heilfroh, als ich dieses Buch zu Ende gelesen hatte. Es gab einfach zu viele Dinge, über die ich mich tierisch aufgeregt habe. Das beginnt schon beim nicht vorhandenen Lektorat (schließlich erschien das Buch nicht bei einem Verlag, sondern bei einem Dienstleister): Die Interpunktion ist katastrophal, hin und wieder fehlen Wörter, und Rechtschreib- sowie Grammatikfehler sind keine Seltenheit.
Weiter geht es mit den Charakteren. Erst einmal wäre zu erwähnen, dass ich die Namen größtenteils als unpassend empfunden habe. Ich mag zwar sehr gern exotische Vornamen und freue mich immer wieder, in Büchern welche zu entdecken, aber ich finde, man kann es auch übertreiben – fast niemand in „Saitenwind“ trägt einen Namen, der hierzulande üblich ist (die Charaktere heißen beispielsweise Yuma, Francis, Cantaro, Juline oder Carry). Aber das nur am Rande. Was wirklich zählt, ist selbstverständlich der Charakter. Womit wir gleich beim nächsten Kritikpunkt wären: Derart unauthentische Figuren wie in diesem Buch sind mir noch nie untergekommen. Die Jugendlichen spielen sich alle auf wie Hobbypsychologen und analysieren sich die ganze Zeit gegenseitig (besonders oft bekommt man dabei so etwas zu hören wie „Er trägt einen tiefen Schmerz in sich“ u. Ä.), die Lehrer sind klischeehaft (vom herrischen Greis bis zum coolen Kumpeltyp, der Liebesratschläge erteilt) und auch das Verhalten einiger Nebencharaktere (wie das des alten Mannes auf dem Flohmarkt, der offenbar jedem Dahergelaufenen die Story seiner verstorbenen Enkelin erzählt) ist absolut unrealistisch. Die Teenies reden nicht nur nicht wie gewöhnliche Teenies, sie sind auch alle wahre Genies, zumindest was die Musik betrifft – es gibt niemanden in der Clique, der nicht singen kann oder kein Instrument spielt, stattdessen beherrscht man hier sogar nach 30 Minuten nahezu perfekt die Gitarre, wenn man zuvor noch nie eine in der Hand hatte. Meines Erachtens wird der Musik in „Saitenwind“ allgemein zu viel beigemessen. Immer und immer wieder durfte ich lesen, dass Sammy durch sie aufblüht, ein völlig anderer Mensch wird usw., und irgendwann hatte dann auch ich begriffen, dass seine Melody (ja, seine Gitarre!) ein „ganz besonderes Wesen“ hat.
Des Öfteren stellte sich mir die Frage, wie alt Yvonne Wacker wohl sein mag. Mal dachte ich mir, aus dem Jugendalter müsse sie auf jeden Fall raus sein – und zwar an den zahlreichen Stellen mit erhobenem Zeigefinger, die einem weismachen wollen, dass man sich als Kiffer bereits „Drogenjunkie“ nennen darf (allein das Wort lässt schon auf ein gehobenes Alter schließen) und schon sehr bald abmagert, worauf nur noch der Tod folgt –, dann wiederum musste ich mir die Autorin als Teenie vorstellen, und zwar, wenn es um die Beschreibung der männlichen Charaktere ging; ich kann mir nicht helfen, doch irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass Frau Wacker in ihre eigenen Figuren total verknallt ist.
Das Niveau des Buches bewegt sich meines Erachtens zwischen einer Daily Soap und einem kitschigen Groschenroman. Ersteres, weil einfach viel zu viel passiert – kein Leben ist so turbulent wie das der Charaktere in „Saitenwind“. Und letzteres, weil das Buch nun mal verdammt kitschig ist; für meinen Geschmack hat es die Autorin mit Liebe, Schmalz und Herzschmerz gehörig übertrieben. Hätte man die Melodramatik um 100-150 % heruntergeschraubt, wer weiß, vielleicht wäre „Saitenwind“ sogar bei einem Verlag erschienen? Die Dialoge sind gestelzt, die Handlungen nicht nachvollziehbar und alles in allem ist das Buch schlichtweg unrealistisch. Trotzdem, zum Weiterlesen hat es letzten Endes doch angeregt, wenn ich zwischendurch auch immer wieder Pausen benötigte, um mich nach besonders nervtötenden Stellen wieder abzuregen. Wie das so ist mit den Soaps – hat man erst mal angefangen, will man wissen, wie es weitergeht. Nicht wahr?
Mein Fazit lautet: Wer seine Nerven schonen will, sollte dieses Buch nicht lesen.
Autorin / Autor: darksundance - Stand: 24. September 2009