GNTM kann Essstörungen verstärken

IZI-Studie: GNTM setzt unerreichbare Normen

Der Vorwurf, dass Germany's Next Topmodel Essstörungen begünstigt oder verstärkt, ist vermutlich so alt wie die Sendung selbst. Es liegt auf der Hand, dass eine Sendung, die überwiegend aus der Bewertung, Begutachtung und Vermessung von modelmaßgeschneiderten Mädchenkörpern besteht, bei den Zuschauer_innen nicht unbedingt Zufriedenheit mit dem eigenen Körper hervorruft.

Nun hat eine aktuelle Studie des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) in Kooperation mit dem Bundesfachverband Essstörungen e.V. (BFE) diesen Vorwurf erneut untermauert.

Für die Studie wurden 241 Menschen mit Essstörungen (überwiegend Frauen mit Magersucht und Ess-Brecht-Sucht) nach der Rolle von Fernsehsendungen bei der Entwicklung ihrer Krankheit befragt. Die jüngste Teilnehmerin war 11 Jahre, weit über die Hälfte war unter 21 Jahre alt.

Fast ein Drittel der Befragten, vor allem die jüngeren Mädchen, geben an, GNTM hätte einen „sehr starken Einfluss“ auf ihre eigene Essstörung gehabt. Ein weiteres Drittel sieht zumindest einen „leichten Einfluss“ der Sendung auf ihre Krankheit. Ein Großteil der hier Antwortenden (85 %) stimmt der Aussage zu, dass GNTM Essstörungen verstärken kann. Anhand der qualitativen Aussagen werden die Hintergründe hierfür gut nachvollziehbar.

Die Studienautor_innen kritisieren, dass die meist sehr schlanken GNTM Kandidatinnen mit einer Mindestgröße von 1,72 m bei maximaler Kleidergröße von 36 nicht nur zum Ideal von Schönheit und Erfolg erhoben würden, sondern für die Zuschauer_innen als Normalfall scheinen, wie ein Mädchen heute auszusehen hat. Dabei komme es zu Vergleichsprozessen, die Mädchen dazu bringen, ihr Gewicht immmer weiter zu reduzieren.

Aber nicht nur die ständige Zurschaustellung dieser Ausnahmekörper verunsichere, sondern auch die Distanzierung von den eigenen Gefühlen, die in der Sendung immer wieder von den Teilnehmerinnen gefordert werde. Gefühle wie Ekel, Angst, Scham oder Müdigkeit dürfen nicht gezeigt werden, wenn der strenge Blick der Jury auf die Modelanwärterinnen gerichtet ist oder ein Kunde einen Job zu vergeben hat.

Bei mindestens 70 der befragten 241 Mädchen und jungen Frauen führte dieses Zusammenspiel aus für sie unerreichbaren Normen, Vergleichsprozessen, der Idealisierung der bedingungslosen Anpassung und notwendigen Distanzierung von den eigenen Gefühlen in die Mager- oder Ess-Brech-Sucht.

Neben GNTM nannten die Teilnehmer_innen der Studie aber auch andere Sendungen, die das Entstehen oder Fortschreiten ihrer Erkrankung beeinflusst hätten. Darunter wurden beispielsweise Abnehmsendungen wie "Extrem Schwer" oder "The Biggest Loser" und Schönheits-OP-Sendungen wie "Extrem Schön" genannt.

Die Studienautor_innen fordern mehr Aufklärung über die Krankheit und eine Sensibilisierung von Medienschaffenden:
„Wir brauchen dringend eine Erweiterung der medialen Bilderwelten und mehr Achtsamkeit beim Umgang mit jungen Frauen vor der Kamera. Werden sie auf ihren Körper reduziert und in diesem hochsensiblen Bereich kritisiert, kann es nicht nur für die Akteurinnen, sondern auch für junge Frauen vor dem Fernseher fatale Folgen haben.“

Die Studie wird zum ersten Mal auf der Mitgliederversammlung des Bundesfachverbands Essstörungen e.V. (BFE) am 9. Mai in München vorgestellt.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 25. April 2015