Gedankenlesen durch Metaphern

Studie: Lyrische Formulierungen machen uns sensibler für andere

Bild: LizzyNet

"Er hat mir das Herz gebrochen" oder "Ich hab das Ding gesucht wie eine Nadel im Heuhaufen". Wer sich mithilfe von Metaphern verständigt, wird oft leichter verstanden und versteht auch andere besser. Das ist das Ergebnis einer interessanten Studie der WissenschaftlerInnen Andrea Bowes und Albert Katz von der kanadischen University of Ontario.

Metaphern sind ein selbstverständlicher Teil unserer täglichen Gespräche und Kommunikation. Bei dieser Ausdrucksweise wird die wörtliche oder übliche Bedeutung von Wörtern und Phrasen durch eine andere, in der Regel nicht-wörtliche Bedeutung ersetzt. Obwohl solche Phrasen in der Literatur ursprünglich als absichtlich irreführende und geistig anstrengende Form der Sprache eingesetzt wurden, zeigt die aktuelle Forschung, dass Metaphern auch in Alltagsgesprächen häufig verwendet werden und relativ leicht zu verstehen sind.

Bowes und Katz zeigten nun in ihren Experimenten, dass Menschen nach der Lektüre von Metaphern besser in der Lage waren, die mentalen und emotionalen Zustände anderer einzuschätzen.

Die Fähigkeit, zu verstehen, was eine andere Person fühlt oder denkt wird in der Psychologie Theory of Mind genannt. Diese Fähigkeit ist bei jedem individuell verschieden, bei autistischen Menschen ist sie allerdings beeinträchtigt. Eine Möglichkeit, ihre Ausprägung herauszufinden ist ein bestimmter Test, bei dem die TeilnehmerInnen Emotionen oder Geisteszustände in den Augen ihres Gegenübers einschätzen sollen. Bowes und Katz ließen ihre ProbandInnen Schwarz-Weiß-Fotografien mit 36 Augenpaaren auf diese Weise bewerten und stellten fest, dass sie nach der Lektüre von Metaphern bessere Testergebnisse erzielten, also richtiger lagen in der Einschätzung der Emotionen als nach dem Lesen von sachlich formulierten Sätzen.

In einem anderen Experiment sollten 39 TeilnehmerInnen entweder einen metaphorischen oder einen sachlich formulierten Teil einer Geschichte lesen. Danach sollten sie eine überraschende Theory of Mind Aufgabe lösen.  Auch dabei stellte sich heraus, dass die, die die metaphorischen Sätze gelesen hatten deutlich besser darin waren, die richtigen Gefühle in den ihnen vorgelegten Bildern zu erkennen.

In einer weiteren Studie wurden den ProbandInnen kurze Geschichten vorgestellt mit der Aufgabe, die Beziehungen zwischen den dort auftretenden Personen zu bewerten. Eindeutig wurden die Personen, die mehr Metaphern im Gespräch untereinander eingesetzt hatten als befreundeter angesehen als diejenigen, die diese Redeweise nicht benutzt hatten.

Für die ForscherInnen deutet alles darauf hin, dass schon der bloße Akt des Lesens von Metaphern soziale Erfahrungen vermittelt und so das Einfühlungsvermögen intensiver schult. Dies mache eine Person für die mentalen Zustände ihres Gegenübers sensibler als wenn sie nur sachlich formulierte Texte lese, glauben Bowes und Katz.

"Die Studie erklärt, warum wir anders mit Freunden und Familie als mit Fremden sprechen, und zeigt, wie wir Freunde und Partner finden - einfach durch den Stil der Sprache, den wir verwenden", sagt Bowes. "Metaphern spielen offenbar eine besondere Rolle dabei, uns in der psychischen Verfassung eines anderen zurechtzufinden. Unsere und andere Ergebnisse unterstreichen auch die Bedeutung der Literatur für die Förderung und das Verständnis der menschlichen Empathie", so Katz. "Lesen von Fiktion im Allgemeinen und Metaphern im Besonderen, fördert in der Tat die Fähigkeit der Menschen, die Gefühle und Gedanken von anderen zu erkennen."

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Quelle:

Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 16. März 2015