In dem Buch "Nacht ohne Namen" von Jenny- Mai Nuyen geht es um Nicki, die unfreiwilliger Weise einen Pakt mit einem Dämon schließt, als sie versucht, ihren verschwundenen Freund Canon zu finden. Von nun an schützt Tallis, ihr Dämon, sie vor jeglichen lebensbedrohenden Gefahren. Als Canon, kurz nach dem Nicki ihn wiedergefunden hat, ins Koma fällt, machen Nicki und Canons Freunde sich auf, ihn zu retten. Und wer hier der Gute oder der Böse ist, muss sich erstmal herausstellen.
Das Buch hat einen wirklich sehr anspruchsvollen Klappentext. Leider ist er einer von denen, die den Inhalt eigentlich nicht wirklich so, wie er ist, wiedergeben. Der Satz "doch wer schützt Nicki vor Tallis?" beschreibt eigentlich ziemlich genau, was auf den Buchrücken gedruckt worden ist. Eigentlich geht es aber mehr um die Rettung Nickis Freundes, Canon, als um die Gefahr, die von Tallis ausgeht. Und auch wenn der Text es uns weis machen will: ohne zu viel verraten zu wollen, so gefährlich ist Tallis gar nicht.
Die Idee dieser Art von Dämonen, wie sie in dem Buch vorkommen, finde ich klasse. Es ist bunter, gleichzeitig düsterer, eben anders als in den Büchern wo es ebenfalls um Dämonen geht a la "Chroniken der Unterwelt". "Nacht ohne Namen" ist von vorne bis hinten schlüssig, weist nur leider einige Längen auf. Auf den letzten fünfzig Seiten passiert gefühlt alles, auf den vorherigen 390 plätschert die Handlung aber dahin. Es fehlt an Spannung. Vorhersehbar ist die Geschichte aber in keinem Stück. Nie weiß man, wem man trauen darf, wer Freund und wer Feind ist. Manchmal hat dies an einen guten Thriller erinnert, bei dem man miträt, wer der Täter denn jetzt schlussendlich ist. Ein Faktor, der der Autorin sehr gut gelungen ist.
Der Punkt, der mir am meisten aufgefallen ist, waren die Charaktere. Da ich ein Leser bin, der hohe Ansprüche an alle handelnden Personen hat, hat mir bei ihnen auch in "Nacht ohne Namen" die Tiefe gefehlt. Nicki war mir nicht an allen Stellen sympathisch, vielleicht, weil ich nicht alle ihrer Taten in der Vergangenheit nachvollziehen konnte. Ein Beispiel dafür ist der Alkoholkonsum der Kinder in dem Buch. Da fangen sie mit 12, 13 Jahren an sich zu betrinken. Okay, das gibt es mittlerweile überall, trotzdem finde ich das Verhalten schwer vorpubertär. Irgendwo hat so ein Buch ja auch eine Vorbildfunktion. Immer wieder gestört hat mich, dass die Charaktere kaum im Gedächtnis blieben. Da hat man das Buch zwei Tage liegen gelassen, und dann kommt eine Wende a la: "Die Person, die in der Küche stand und die Kekse klaute, war der und der". (Das ist nur ein Beispiel, kein Buchzitat) Großer Schock für alle. Nur nicht für mich, denn ich hatte ein wenig das Gefühl, irgendwelche Seiten überlesen zu haben. Wer war die Person, wo ist sie schonmal vorgekommen? Ich hatte keine Ahnung. Dies kam nicht oft vor, aber ein zwei Mal ist es mir schon passiert. Vielleicht lag es an den Namen, die etwas außergewöhnlicher waren. Irgendwie scheinen Buchautoren ja einen Faible für sowas zu haben. Namen, die man noch nie gehört hat. Deutsche Namen, nach denen keiner mehr seine Kinder benennt, aus der Versenkung graben. Die Namen der Dämonen haben bestimmt auch irgendwas zu bedeuten, was dem Leser aber nicht direkt obliegt. Die Namen sind aber kein negativer Aspekt, ihr Klang ist nämlich sehr schön. Außerdem haben sie in dem Buch eine große Bedeutung.
Die Autorin hat einen sehr bildhaften, schönen Schreibstil, der an manchen Stellen sehr poetisch ist. Man muss "Nacht ohne Namen" mit Bedacht und mit Aufmerksamkeit lesen, sonst verpasst man viel von dem, was zwischen den Zeilen steht.
Das Ende ist zwar irgendwie abgeschlossen, lässt aber sicherlich noch Raum für einen Band 2. "Nacht ohne Namen" ist irgendwie eine verrückte Geschichte, die nirgendwo so wirklich einzuordnen ist.
*Erschienen bei dtv*
Autorin / Autor: loveathletics - Stand: 20. Juli 2015