Das Recht zu lieben, wen man will
Am 17. Mai ist der internationale Tag gegen Homophobie
Könnt ihr euch vorstellen, dass tausende von Menschen zu einer Demo gehen, weil sie nicht einverstanden damit sind, wen ihr liebt? Könnt ihr euch vorstellen, dass ihr eure_n Liebste_n nach einer ausgelassenen Party nicht Händchen haltend und zärtlich küssend nach Hause begleiten könnt, ohne Angst vor Schlägertrupps haben zu müssen? Könnt ihr euch vorstellen, wie es sich anfühlt, seine große Liebe leugnen zu müssen, weil euch und ihr die Todesstrafe droht?
All das und noch viel mehr ist - natürlich je nach Land verschieden - tägliche Realität von Männern, die Männer lieben und Frauen, die Frauen lieben. Egal ob Gewalt, Hass oder Diskriminierung von Lesben und Schwulen - alles wird unter dem Begriff Homophobie zusammengefasst, was wörtlich übersetzt eigentlich Angst vor Homosexualität bedeutet.
Bis 1990 galt Homosexualität weltweit als psychische Krankheit, die unbedingt therapiert werden müsse, bis am 17. Mai 1990 die Generalversammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschloss, Homosexualität aus dem Krankheitsregister zu streichen. An dieses Ereignis will der Internationale Tag gegen Homophobie seitdem jedes Jahr erinnern, mit farbenprächtigen Festen und Demos, aber auch nachdenklichen Veranstaltungen, die klarmachen, dass Hass und Gewalt gegen "Anders-Liebende" längst nicht aus der Welt sind. Auch im demokratisch-freiheitlichen Europa sind gleichgeschlechtliche Paare keineswegs überall anerkannt, und schon gar nicht sicher. Immer wieder schaffen es rechtsgerichtete Parteien wie zum Beispiel aktuell in Ungarn, einmal errungene Rechte wieder einzuschränken. Aber auch Intellektuelle schüren den Hass auf Lesben und Schwule. In seinem neuesten Buch prangert zum Beispiel der Schriftsteller Akif Pirincci die vermeintliche „Verschwulung“ der Gesellschaft an und führte damit wochenlang die Bestsellerliste an.
Wie eine Studie der EU-Grundrechteagentur in 27 EU-Ländern und Kroatien von 2013 zeigt, beginnt Diskriminierung schon in der Schulzeit - und dort tritt sie ganz unverhohlen zu Tage. 91 Prozent der Befragten hatten dabei angegeben, erlebt zu haben, dass Mitschüler_innen für ihre vermeintliche Homosexualität gemobbt wurden. Kein Wunder also, dass sich nur wenige dafür entscheiden, sich während der Schulzeit zu outen.
Dennoch gibt es hoffnungsvolle Zeichen: Verschiedene Bundesländer wollen eine zeitgemäßere Darstellung von Liebe und Familie in Schulbüchern erreichen. In Nordrhein-Westfalen gibt es zum Beispiel das Projekt "Schule der Vielfalt - Schule ohne Homophobie", bei dem verschiedene Träger zusammen mit dem NRW-Ministerium für Schule und Weiterbildung sich dafür einsetzen, dass das Thema "gleichgeschlechtliche Lebensweisen" im Unterricht behandelt wird, um das Schulklima dadurch offener und toleranter zu machen. Auch Menschenrechtler_innen der Vereinten Nationen sprechen sich besonders gegen diskriminierende Behandlung von schwulen, lesbischen und Transgender-Jugendlichen aus. Eine Begründung aus dem Aufruf überzeugt besonders: "Alle Länder, die homophobe Gesetze verabschieden und dabei mit dem "Schutz der Kinder" argumentieren, tun genau das Gegenteil: Sie schüren die Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, die anders fühlen..."
Stand: 15. Mai 2015