Nur ein Traum

Einsendung zum Wettbewerb 2050 - Stadt meiner Träume von Vivien, 15 Jahre

Als ich heute morgen aufgestanden war, hatte meine Mutter wie immer auf der Couch gelegen und ihren Rausch ausgeschlafen. Ich war in dieser Zeit nach draußen gegangen, um nach den Tieren zu sehen und sie wieder einmal zu versorgen. Ich nahm die Wassereimer, die bereits ein Loch hatten und schlenderte über den Bauernhof. Angekommen tunkte ich sie in das Wasser, indem ich mich über den Steinrand des Brunnens beugte. Ich füllte die Eimer bis oben hin voll, wollte sie dann rausziehen, doch ein Geräusch erschreckte mich so sehr, dass ich mit einem Mal, mit dem Kopf zuerst in den Brunnen fiel. Ich spürte noch einen kurzen Schmerz, bis ich dann komplett das Bewusstsein verlor.
Das Wasser war kalt. Ich tastete an den Steinen entlang. Sie waren glitschig. „Hilfe. Hallo?“ schrie ich so laut ich konnte. Voller Panik tauchte ich kurz unter, kam dann aber wieder hoch. Meine Beine schlugen wild hin und her, in der Hoffnung nicht unterzugehen. Ich griff nach der Hand, die mir jemand entgegengestreckt hatte und zog mich mit aller Kraft hoch. „ Spinnst du?“ Ein Mädchen sah mich total entsetzt an und riss mich dann hinter sich her. Ich war auf einem Marktplatz gelandet. Tausende von Menschengesichtern waren zu einem Mann, der dort vorne auf einer Tribüne stand, gerichtet. Die Männer waren alle gleich angezogen, genau wie die Frauen. Sie trugen ein Kleid, in roter Farbe. Die Männer einen schwarzen Anzug. „ Stopp“ schrie ich und blieb stehen. Die Straße war wie leer gefegt, nur wenige Autos standen dort. Überall fand man Fahrräder, vielleicht um die Umwelt zu entlasten. „Wo bin ich?“ Ich sah sie total entsetzt an. „Wer bist du und wie bist du hierhergekommen?“ wollte sie wissen. „Ich weiß es nicht.“ Ich hatte Tränen in den Augen, meine Klamotten waren klitschnass und mein Körper zitterte. „Du kommst aus dem Ausland richtig?“ wollte sie wissen und sah mich fragend aber auch erschrocken an. „Nein. Ich komme aus Deutschland. Ich wohne im Birkenweg 4“ sagte ich total entsetzt. Sie nahm ihr Handy aus der Tasche und sprach die Straße ein. „Diesen Weg… den gibt es seit Jahren nicht mehr“. Ihr Gesicht war verblasst, ihre Augen weit aufgerissen. „Aber ich…“ sagte ich verzweifelt und blickte mich um. Alles sah so komplett anders aus. „ Wieso… an jeder Ecke stehen Mülleimer, kein Müll fliegt herum, die wenigen Autos und die gleichen  Klamotten, was ist hier passiert?“ Langsam realisierte ich meine Situation. Ich musste zeitgereist sein. In die Zukunft.“ Du… die Kleider sind, damit man nicht mehr auf sein Äußeres reduziert wird, die Mülleimer sind für die Umwelt gut, genau wie die Autos auch. Es gibt viele Fahrräder und nur wenige Autos“ sagte sie. „Aber die Menschheit ist doch viel zu faul…“ sagte ich total verzweifelt. „Die Menschheit war faul. Bis wir unseren neuen „Mann für alles“  gewählt haben. Er hat uns Konsequenzen und anderes erzählt, und uns dadurch überzeugt. Die Menschen wählen allerdings noch immer. Ich weiß ja nicht, woher du kommst aber…“ Sie unterbrach ihren Satz. „Aus dem Jahr 2015. Ich heiße Melody und ich wohne im Birkenweg 4 auf einem Bauernhof“. „Wir sind im Jahre 2050… das kann unmöglich sein. Du musst verschwinden. Hier dürfen keine Ausländer oder Zeitreisende rein. Sie würden nur die Gesellschaft zerstören. Und du würdest mit dem Tod bestraft werden. Willst du das?“ Sie sah mich ernst an. „Nein, aber wie soll ich verschwinden?“ Ich sah sie an. Um ehrlich zu sein hatte ich kein Problem damit, dass man hier anscheint nicht gemobbt wurde, weil man kein Geld hatte, so wie in meiner Schule. Hier brachten sich wahrscheinlich nicht so oft Jugendliche um, weil sie diesen Druck nicht mehr aushielten, den andere Jugendliche auf sie verübten. „Wie bist du denn hergekommen?“ wollte sie neugierig wissen. „Ich weiß es nicht. Durch einen Brunnen wahrscheinlich. Ja genau, ich bin hineingefallen als ich das Wasser holen wollte“. Ich fuhr mir durch die Haare und sah zu dem Jungen, der auf uns zulief. „Max hilf uns“ sagte das Mädchen und sah den Jungen an. „Spinnst du? Du versteckt eine Eindringliche?“ wollte er wissen. „Ich…was soll ich tun? Ich weiß du riskierst dein Leben dafür aber nehme sie erst einmal mit zu dir. Meine Eltern würden sofort etwas merken“ sagte sie schnell. „Scheiße…Lena…“ sagte er und nahm mich an die Hand. „Wir reden noch darüber“ sagte er und zog mich hinter sich her.

Ich schrak total verschwitzt nach oben. Alles war dunkel. „Nur ein Traum Melody. Nur ein Traum“ flüsterte ich mir zu und knipste das Licht an.  Alles war wie immer. Meine Klamotten, dachte ich und riss die Decke weg. Kein rotes Kleid. Mein Körper war nur leicht nass, durch den Schweiß.
Im Haus war es komplett ruhig. Ich dachte zurück an den Traum. Ich war in eine völlig normale Welt eingetaucht. In eine Welt, in der ein fremder Mensch für mich sein Leben riskiert hatte, in dem die Menschen freundlich waren. Sie hatten fast keine Autos mehr, der Umwelt zu Liebe. Die Menschheit dort hatte eingesehen, dass die Abgase uns und die Welt zerstörten. Es gab kein Mobbing, denn die Menschen hatte man dort komplett gleichgestellt. Sie hatten die gleichen Klamotten getragen und konnten so nicht mehr auf ihr äußeres Aussehen reduziert werden. Diese Welt war in der Zukunft gewesen, doch ob es wirklich 2050 so aussehen würde? Nein, daran glaubte ich nicht. Die Menschen waren viel zu sehr mit sich selber beschäftigt und auf ihre Autos zu verzichten? Nein, damit konnte man angeben und Sport machen in dem man mit dem Fahrrad fuhr? Niemals. Hier sagte sich doch jeder nur: Ich mache nicht den ersten Schritt und fahre weniger Auto, denn das würde für die Umwelt nichts bringen, wenn ich der Einzige wäre… In dieser Welt hatte ich gesehen, wie schwarze und weiße, dicke und dünne Menschen zusammen gelacht hatten, zusammen zugehört hatten und sich nett unterhalten hatten. In der Welt, in der ich zurzeit lebe, unterschied man noch immer zwischen "normal" und Schwulen und Lesben. Doch was heißt schon normal? War es etwa normal Leute zu quälen, in der Schule oder am Arbeitsplatz fertig zu machen, oder gar aus der Gesellschaft auszugrenzen? Das konnte nicht normal heißen!

Zurück