Einsendung zum Wettbewerb 2050 - Stadt meiner Träume von Lisa und Leonie, 16 Jahre
Ich renne durch die Straßen, Angst fließt durch meine Gedanken. Atemlos bleibe ich stehen, als zwei Gestalten auf mich zu kommen. Sie sprechen mich lockend an, fragen mich, warum ein Mädchen wie ich in diesem Teil der Stadt ist, bieten mir einen Schlafplatz an, sagen sie wissen, wie ich mich fühlen müsse. Der eine legt mir die Hand auf die Schulter, vielleicht soll es eine beruhigende Geste sein, aber sie fühlt sich falsch an. Ich schüttele ihn ab, laufe weiter, bis mir die Seiten stechen. Kurz schaue ich an mir herunter, sehe meine zerrissene Strumpfhose, meine nackten Füße, die vom laufen schon aufgescheuert sind, die blauen Flecke an meinen Handgelenken.Ich schüttele den Kopf. Nein, das ist nicht mir passiert. An den Blicken der Passanten um mich herum merke ich, dass ich diese Worte laut geschrien habe. Panik kommt in mir auf, ich entschuldige mich, fange wieder an zu rennen, achte aber nicht darauf, dass ich am Rande einer viel befahrenen Straße stand, höre lautes Hupen, drehe mich um, erstarre, sehe ein grelles Licht aufblitzen und dann...ein Aufprall. Ich spüre wie meine Knochen splittern, aber ich bin schon zu weit hinter der Schmerzensgrenze, als dass ich schreien könnte. Ich denke schon, dass jetzt alles vorbei ist, aber dann taucht pulsierend ein Licht vor mir auf. Ich bereite mich vor auf den Schmerz, den ich gleich fühlen werde, schließlich habe ich mir garantiert mehrere Knochen gebrochen, doch merkwürdigerweise fühle ich mich ziemlich gut. Vorsichtig öffne ich die Augen. Ich liege auf einer Wiese, der Himmel über mir ist blau und die Luft warm. Ich rekele mich, prüfe ob mir wirklich nichts weh tut, dann setze ich mich auf. Ich schaue hinab in das Tal, das sich vor mir erstreckt. Dort liegt eine Stadt, aber sie sieht ganz anders aus, als jede die ich bisher gesehen habe. Sie ist durchzogen von vielen Gärten, an ihrem Rand liegt ein kleiner See, alles sieht weit und offen und freundlich aus. Ich wandere den Hügel runter, an einem kleinen Bach entlang. Dann erreiche ich das Stadttor, ein großes geschwungenes Gebilde das mit Schnörkeln verziert ist, und auf dem man den Namen „Pacema“ lesen kann. Ich trete durch das Stadttor, und bin sofort eingehüllt von der Atmosphäre die mich hier begrüßt. Es herrscht ein buntes Treiben, anscheinend bin ich grade auf dem Marktplatz gelandet. Der große, gepflasterte Platz ist gefüllt mit Ständen, die frisches Obst, Gemüse und so weiter anbieten. Der Marktplatz hat die Form eines Halbkreises, von dem eine große, und mehrere kleine Straßen abzweigen. Ich glaube zu erkennen, dass die schmaleren Straßen zu den Wohngebieten führen, also entscheide ich mich für die zentrale, große Straße. Als ich näher trete, erkenne ich endlich, warum man hier keinen Autolärm hört. Fast alle Leute fahren in etwas seltsam aussehenden, autoähnlichen Fahrzeugen, die allerdings weder den Boden berühren, noch irgendein Geräusch machen. Eine Gruppe Jugendlicher geht lachend an mir vorüber. Wobei gehen das falsche Wort ist. Sie schweben alle auf Hoverboards, was auch die Frage klärt, warum die „Autos“ den Boden nicht berühren. Komisch, die sind doch noch gar nicht so ausgereift... Je weiter ich die Straße entlang gehe, desto mehr wird mir die Schönheit dieser Stadt bewusst. Die Straßen sind sauber und die Häuser sind alle in angenehmen, hellen Tönen gestrichen. Ich spaziere eine ganze Weile weiter, bis ich wieder an einen großen Platz komme, in dessen Mitte ein riesiger Springbrunnen steht. Um ihn herum sitzen kleine Grüppchen von Kindern, die mit Kreide den Boden bemalen. An jeder Ecke des Platzes sind kleine Cafés und Restaurants, vor denen die Menschen sitzen, essen und lachen. Ich gehe um den Brunnen herum und gelange schließlich an das wahrscheinlich eindrucksvollste Gebäude, das ich jemals gesehen habe, es ist das Rathaus. Ich drücke die Tür auf und befinde mich nun in der Eingangshalle. Nur das es nicht wirklich wie eine Eingangshalle aussieht, eher wie ein kleiner Dschungel. Zu den Seiten sind Pflanzen, und der Weg zum Warteraum besteht aus flachen Steinen, die durch einen Teich führen, in dem sich farbenfrohe Koifische tummeln. Vorsichtig balanciere ich bis zum Warteraum, der bis auf mich vollkommen leer ist. Neben den großen Ohrensesseln stehen Bücherregale, in denen man schmökert bis man aufgerufen wird. Ich widme mich lieber dem Stadtplan und der Infotafel, die kurz neben dem Teich hängen. Darauf sieht man außer der Stadt auch noch die ganzen Anlagen, die offenbar neben dem See liegen. Das sind unter anderem 5 oder 6 große Felder, auf denen die Stadt alles anbaut, was ihre Bürger an Lebensmitteln brauchen. Auf der anderen Seite des Sees liegt ein riesiger Park, in dem es außer den Grünflächen und Spielplätzen auch ein kleiner Vergnügnungspark liegt. Ich schaue auf die Infotafel, an der die grundlegenden Daten der Stadt stehen. Und was ich dann sehe, trifft mich mit voller Wucht. „Gebaut 2020“ und darunter mein Name- ich bin die Gründerin dieser Stadt! Während ich das verdaue, geht mir langsam auf, was ich an dieser Stadt die ganze Zeit so seltsam fand. Dies ist die Stadt, von der ich immer träumte. Plötzlich wird alles um mich herum wieder verschwommen und ich werde langsam wieder in die Realität gezogen. Ich blinzele, und strecke mich, wobei ich aber etwas zusammenzucke, denn meine Glieder schmerzen ziemlich. Langsam öffne ich meine Augen und finde mich in einem Krankenhausbett wieder. Ich erkenne meine Eltern, die auf mich zu laufen, mich herzen und küssen. Später kommt der Arzt und fragt mich, wie ich unter das Auto geraten bin, und endlich erzähle ich, was mir vor dem Unfall passiert ist. Meine Mutter schluchzt und sagt immer wieder, dass ich jetzt keine Angst mehr haben muss. Der Meinung bin ich auch, denke ich lächelnd. Ich weiß jetzt, was mein Ziel ist. Und ich weiß, das ich einen Ort erschaffen kann und werde, an dem alles gut ist.