Die neue Stadt - eine Quelle der Lebensfreude

Einsendung zum Wettbewerb 2050 - Stadt meiner Träume von Nadine, 33 Jahre

Lea schleckte sich genüsslich den Cappuccino-Schaum von den Lippen und schaute auf den Rhein. Sie saß mit ihrer Freundin Caro in ihrem Lieblingscafé im Kölner Stadtteil Rodenkirchen direkt an der Promenade. Seit die beiden Mädels im Hörsaal nebeneinandergesessen und über dieselben unfreiwillig witzigen Gesten des Professors gelacht hatten, waren sie beinahe unzertrennlich. Sie erkundeten gemeinsam die Großstadt, feierten die Nächte durch und gingen shoppen. Köln gefiel ihnen, zumindest besser als all die anderen Städte in Deutschland. Okay, Düsseldorf und Hamburg waren auch ganz nett, aber in jeder Stadt fanden sie etwas, das sie störte, meist gleich mehreres. „Sag mal, wie sieht deine Traumstadt aus?“, murmelte Caro, die gerade den letzten Krümel ihres Erdbeerkuchens verspeiste. „Ich meine, wenn du ganz frei eine neue Stadt erschaffen könntest, wie wäre die?“, setzte sie fort. Lea schmunzelte. Wieder einmal schwirrten beiden die gleichen Gedanken durch den Kopf. Sie verstanden sich einfach blendend. Mit Caro würde sie wirklich gerne zusammenwohnen. „Hm. Lass mich überlegen … auf jeden Fall würdest du in der Stadt wohnen“, erwiderte sie grinsend. „Das will ich doch wohl hoffen!“, antwortete Caro und lachte schallend.
Nach einer Weile fing Lea an zu erzählen: „In meiner Stadt der Träume ist viel mehr Natur als in den Städten, die es jetzt gibt. Es ist nicht alles so zugebaut. Es gibt viele Parks und Bäume in den Straßen. Die Grünanlagen sollen aber natürlich wachsen und nicht so steril und geplant aussehen. Die Flüsse und Seen, die von Natur aus dort waren, werden nicht angerührt, sondern behalten ihren ursprünglichen Charakter. Die Menschen gehen viel mehr auf die Natur ein. Versuchen, zu spüren, was die Natur braucht, wo sie Raum für sich braucht und wo der Mensch sich ausbreiten darf. Es gelingt, mit der Natur zu kommunizieren und harmonisch miteinander zu leben. Genauso wie mit den Tieren. Jedes Lebewesen hat seinen Platz, indem es friedlich leben darf. Dort, wo es für Pflanzen und Tiere in Ordnung ist, darf der Mensch leben. In organischen, natürlich gebauten Häusern. Ohne Hochhäuser natürlich! In den Häusern wohnen Menschen zusammen, die sich mögen. Beim Einzug wird darauf geachtet, dass sich alle vorher kennenlernen und gemeinsam entscheiden, wer wo wohnen wird. Es wird eine Lösung gefunden, mit der alle zufrieden sind - wie bei allem, was in dieser Stadt passiert. Das harmonische Zusammenleben steht im Vordergrund. Jeder ist um das Wohl des anderen bemüht. Die Menschen stehen sich bei und unterstützen sich, jeder bringt seine eigenen Stärken und Fähigkeiten ein, jeder macht das, was ihm Freude macht. Dadurch können alle zusammen mehr erreichen, als sie je zu träumen gewagt hätten. Jeder entscheidet selbst, was er beitragen möchte und wann. Wenn erst einmal allgemeine Freiheit da ist, bringt sich jeder von ganz alleine ein, in seinem eigenen Tempo, mit seiner individuellen Persönlichkeit.“ Auf Leas Gesicht machte sich ein Grinsen breit. Ihr Herz war so offen wie lange nicht mehr, es hüpfte vor Freude. Allein der Gedanke setzte ungeahnte Kräfte frei. Caro saß ihr mit leicht geöffnetem Mund gegenüber und hörte gespannt zu. „Ich würde sofort einziehen!“, rief sie und schaute ihre Freundin zufrieden an.
Lea fuhr fort: „Dadurch, dass nur Menschen zusammenleben, die sich mögen und am Wohle des anderen interessiert sind, kommt jeder gerne nach Hause. Genauso gerne unternimmt man mit seinen Nachbarn, die ja Freunde sind, etwas. Man genießt glückliche Zeiten miteinander und steht sich in schwierigen Zeiten bei. Jeder unterstützt den anderen. Dadurch hat jeder einzelne viel mehr Mut, sich auf etwas Neues einzulassen. Gemeinsam und indem jeder seine Stärken einbringt, erschaffen die Menschen neue Dinge, sie entwickeln neue Produkte, die im Einklang mit der Natur stehen und dem Wachstum aller dienen. Es werden nur Dinge erschaffen, die für alle gut sind. Die Menschen entwickeln sich weiter, lernen voneinander, wachsen aneinander und miteinander. Sie stehen füreinander ein. Wachstum für alle steht im Vordergrund. Die Gruppen aus den Häusern treffen sich oft mit den Bewohnern der anderen Häuser, meist in der Natur, manchmal zu Hause. Wenn man jemanden besucht, bringt man ein kleines Geschenk mit, und wenn es eine Blume ist, die am Wegesrand lag, denn so macht man es unter Freunden, als Geste der Herzlichkeit.“
„Wie schön!“, flüsterte Caro, die ihrer Freundin aufmerksam gelauscht hatte und aus deren Augenwinkel eine Träne perlte. „Schöner hätte ich nicht beschreiben können, was ich mir so sehnlich wünsche, Lea. Wann fangen wir an, uns dafür einzusetzen, dass unsere Träume in Erfüllung gehen?“ Fast zeitgleich riefen die Freundinnen: „Am besten sofort!“ Sie lachten und umarmten sich. Mit so einer lieben Freundin an der Seite war der Anfang schon gemacht. Caro sagte: „Weiß du was, wir fangen an, indem wir vielen Leuten von unserer Vision erzählen. So kommen noch viele neue Ideen hinzu, und wie wir ja wissen, sind wir gemeinsam noch stärker.“ Sie grinste. „Super Idee!“, rief Lea. Sie war erleichtert, dass ihre Wünsche offene Ohren, Verständnis und fruchtbaren Boden fanden. „Aber sag mal, wie ich dich kenne, geht deine Vision noch weiter, oder?“, fragte Caro ihre Freundin.
Lächelnd fuhr Lea fort: „Ja. Das war erst der Anfang. Es ist in der ganzen Stadt zu spüren, dass die Menschen glücklich sind und miteinander wachsen können. Die Herzlichkeit erfüllt jeden einzelnen Menschen, füllt die ganze Stadt aus. Sie schwingt so stark, dass Menschen von überall herkommen, um sich die „Stadt der Lebendigkeit und Lebensfreude“ anzusehen. Die Besucher möchten von den glücklichen Bewohnern und dem harmonischen Leben miteinander und im Einklang mit der Natur lernen. Die Stadt ist eine Quelle, die ausstrahlt und alle mit ihrer lebendigen Schwingung erreicht, sodass bald das ganze Land und irgendwann die Welt ein Ort ist, an dem sich alle wohlfühlen und miteinander wachsen.“

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