Eine Stadt im Jahr 2050

Einsendung zum Wettbewerb 2050 - Stadt meiner Träume von Elisabeth, 25 Jahre

Bunt war ein Wort, das zu Berlin passte, heiter war besser, traf aber nicht auf alle Teile der Stadt zu. Grün passte am besten zu Berlin, ganz besonders im Sommer 2050. Auf der Welt lebten nun 10 Milliarden Einwohner, auch in Berlin gab es daher viele große, bis zu 100 Stockwerke hohe Hochhäuser. Dennoch war nicht grau, sondern grün die vorherrschende Farbe in den Städten. An den Hauswänden wuchsen lebende Wände. Moose, Farne und grüne Schlingpflanzen rankten sich an den Wänden empor und verschönerten nicht nur die Stadt, sondern verbesserten auch die Luft. Um die Häuser ragten in kleinen Gruppen Pappeln, schattenspendende Kastanien und Platanen in den strahlend blauen Augusthimmel. Das Leben war geselliger geworden. Denn jede Hochhausetage hatte nun eine Küche und ein gemeinschaftliches Fernsehzimmer. Ein ganzes Haus, alle Etagen zusammen, hatten im Keller ein Schwimmbad, einen Fitnessraum mit Turngeräten und eine kleine Sauna. Am Wochenende trafen sich die Bewohner gerne in diesem sogenannten Fitnessraum für ein Schwätzchen und etwas Training.

Die 20 jährige Francy lebte gern in Berlin, wo sie im 55. Stock eines Hochhaueses mit ihren Eltern und 2 Brüdern lebte. Sie studierte Biologie an der dortigen Universität. Francys Eltern waren Architekten, ihr Vater konstruierte Häuser, seine Spezialität waren Aufzüge, die nicht nur nach oben oder unten fahren konnten, sondern in großen Gebäuden auch von rechts nach links. Für die vielen alten Leute war das wichtig. Fast 60% der Menschen waren bereits über 50 Jahre alt. Ihre Mutter war eigentlich "Architanikerin", eine Kombination aus Architektin und Botanikerin. Sie pflanzte und wählte Pflanzen für die grünen Hausfassaden aus, die oft viel Trockenheit vertragen mussten. Am Morgen brachte Francy oft ihren Bruder Uli, 12, zur Schule. Uli nahm leichtfüßig den Roller, er hatte nur ein winziges Täschchen mit seinem Notebook darin. Francy ging zu Fuß. In den Schulen gab es keine Bücher mehr, Rückenschmerzen unter Grundschülern gehörten der Vergangenheit an. Heutzutage lernte man mit Tablets. Es fuhren nur wenige Autos. Unter 15 km Entfernung zur Schule oder zur Arbeit war es verboten, mit dem Auto zu fahren. Sogenannte Verkehrswächter kontrollierten das. Autofahren war nur bei größeren Entfernungen zugelassen.

Später ging Francy zur Uni. Über der Erde waren die Häuser und viele Parks, darunter, unter der Erde, die Einkaufsstraßen, einige Schulen und Behörden. Auch Teile der Uni lagen unter der Erde. Im Winter gingen die Menschen oft in den Untergrund. Denn dort war es warm. Unter der Erde befanden sich Einkaufsstraßen. Man musste nur in den Fahrstuhl seines Hochhauses einsteigen und die Taste "subterrane" wählen und wurde unter die Erde befördert. Außerhalb der Häuser gab es auch Untergrundzellen, Aufzüge, die überall in Parks und Wohngegenden standen. Sie sahen aus wie einst, vor langer Zeit, Telefonzellen. Man ging aber nicht zum Telefonieren dorthin, sondern zur Beförderung nach unten. Im subterrane gab es viele Geschäfte. Besondes im Winter, wenn es schneite oder sehr kalt war, war es eine unglaubliche Erleichterung vom Weg zum Markt vom Subterrane ICA nicht in die beißende Kälte einer kalten Dezembernacht zu müssen. Durch die horizontalen und vertikalen Aufzüge konnte man sogar, ohne einen Fuß auf die Straße zu setzen, wieder in seine Wohnung im 55. Stock gelangen. Mit dem vertikalen subterrane ging es von oben nach unten oder umgekehrt und mit dem horizontalen subterranes konnte man in wenigen Minuten von eimen Ende der Stadt zum anderen kommen. Oft schlenderte Francy einfach so durch kilometerlange beheizte Gänge, die von Cafes und gesäumt waren und grün bepflanzt.

Da viele Menschen selten ans Tageslicht kamen, hatte man das Tageslicht in Form von Lampen zu den Menschen gebracht. Es gab spezielle und gemütliche Lichtcafes mit Sitzkissen, Katzen und Kerzenlicht. Franny ging oft an kalten Nachmittagen ins Cafe Goldhenkel, um heißen Chai Latte zu trinken oder Schokoladenlimonade. Ihr Freund Gus lud sie auch oft zum Essen ein, das Restaurant "Zur Heuschrecke" war ihr Lieblingslokal. Dort gab es Aufläufe, Teigwaren und Pizzen, belegt mit knusprigen Insekten. Mehlkäfersoufflee, Heuschreckenauflauf, Pfannkuchen aus Engerlingslarven mit bunten Schmetterlingen verziehrt, waren Delikattessen. Da so viele Menschen auf der Erde lebten, musste man andere Lebensmittelressourcen ausnutzen - und Insekten waren viel häufiger als Vieh, brauchten weniger Futter und wuchsen schneller.

Francy schlenderte nach der Uni gern durch die Stadt. Jeder Stadtteil hatte Turngeräte im Park, der aussah wie ein Spielplatz für Erwachsene. Es gab Recks, Treträder und Rudermaschinen unter freiem Himmel. Oft taf man sich dort, schwatzte und machte seine Übungen. Im Park traf sie ihren Bruder, den 25 jährigen Andy, er war gerade arbeitslos und machte Gemeindearbeit. Er jätete mit ein paar anderen Unkraut. Hartz 4 gab es nicht mehr, Leute die ihre Arbeit verloren hatten, wurden von der Gemeinde unterstützt und eingesetzt, bis sie wieder Arbeit fanden. Franny verspürte Hunger und machte sich auf in einen Supermarkt, es gab nur noch eine Lebensmittelkette, ICA genannt, die vor ein paar Jahren aus dem Norden gekommen war. ICA´s wuchsen nun wie Pilze aus dem Boden. Franny kaufte sich einen Proteinriegel mit Mehlkäferlarven und einen Apfel. Der Apfel kostete 1,50 Euro. Durch das weltweite Bienensterben kostete 1kg Äpfel 5 Euro, da die Bienen als Bestäuber ausfielen und Obstplantagen Bestäuber beschäftigen mussten. Getreide wie Weizen, Roggen und Gerste waren jedoch noch billig, da sie vom Wind bestäubt wurden. Auch die Zeiten des Übergewichtes waren vorbei, den es gab eine Fettsteuer, ein Pfund Butter kostete 4 Euro, ein Vollkornbrötchern dagegen nur 20 Cent. Wer Schokolade kaufte, oder noch schlimmer, gar in der Öffentlichkeit aß, wurde ebenso angewidert angestarrt als hätte man behauptet diese Leute seien Nazis. Sie bezahlte an einer elektronischen Kasse. Ihre Eltern erzählten oft, dass früher ein Kassierer an der Kasse saß. Francy fand das komisch. Wie peinlich wäre es ihr, wenn sie weibliche Hygieneartikel kaufen müsste oder Unterhosen und ein Mann säße an der Kasse! Unvorstellbar!

Auf dem Rückweg traf sie ihre Professorin, Frau Ranz. Frauen waren nun in Politik und höheren Posten sehr häufig anzutreffen. Der Frauenanteil der Professorinnen lag bei 40 %. Auch das Staatsoberhaupt, Frau Prinz, war eine Frau. Am späten Nachmittag ging sie noch zur Arztpraxis, um sich die Pflichtschutzimpfung gegen Krebs geben zu lassen. Seit 2025 war Krebs heilbar, durch das Antikrebsmittel Tessano und eine Impfung zur Vorbeugung. Leider forderten Antibiotikaresisstenzen viele Leben durch Killerkeime, die immer gefährlicher wurden und sich schnell ausbreiteten. Auch Francys Oma war so gestorben. Ihre Mutter rief gerade an, als sie durch den Park ging, sie sollte noch Brot und Eier für das Frühstück kaufen. Es war bereits 22.15 h. Sie ging zu einer Untergrundzelle und ließ sich unter die
Erde fahren. Unter der Erde merkte man nichts davon, dass es bereits später Abend war. Hell erleuchtet waren die Einkaufsstraßen im Subterrane. Schnell lief sie ins ICA, das 24 h geöffnet hatte. Müde ließ sich Francy nach dem Einkauf vom Aufzug in ihre Wohnung in den 55. Stock bringen.

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