Wie die Zukunft nicht werden darf
Einsendung zum Wettbewerb 2050 - Stadt meiner Träume von Dorit, 14 Jahre
Heute ist der erste Tag des neuen Bürgermeisters und jeder hofft, dass er in dieser Stadt etwas verändern wird.
Seitdem die reichen Leute nur noch zu Hause sitzen und sich TMs∗ schicken, sind die Straßen wie leergefegt. Der Kunstoffboden mit den kalt leuchtenden Platten hat die Laternen ersetzt, auch wenn die ganzen Bürogebäude ohnehin die Nacht durch strahlen, die hellen Stangen mit den Kameras obendrauf flößen jedem Angst ein, der sich in der Nacht noch auf die verlassenen Wege wagt.
Inzwischen wird alles über TMs geregelt, Firmenmeetings finden mit geschlossenen Augen statt, weil man die Teilnehmer vor seinem inneren Auge sieht, genauso Trauungen oder Unterricht, obwohl dieser ein reiner Zeitvertreib ist, denn es gibt sogar Computer, die die Computer programmieren, die zur Herstellung aller Maschinen gebraucht werden.
Eigentlich gehen nur noch die Menschen raus, die nicht das Geld für die neumodischen Erfindungen haben und deshalb alles von Angesicht zu Angesicht regeln müssen. Allerdings bleiben wir in unseren Bezirken, denn die Stadt ist zwar nicht offiziell geteilt, aber man merkt deutlich den Unterschied zwischen den großen reinweißen Villen und den Häusern der Leute, denen Geld und soziale Entfremdung nicht alles zerstört hat. Jetzt könnte man meinen, dass diese ein glückliches und unbeschwertes Leben führen, aber pfeif drauf! Im Schatten hoher Plastiktürme und Metallschornsteinen werden sie jeden Morgen vom Brummen der Privatflugzeuge geweckt und von den Nachrichten werden sie ausgeschlossen, wenn sie kein TM fähiges Gerät haben. Nachrichten über Fernseher gibt es nur noch, wenn das Stromnetz der Erde von allen TMSendern überstrapaziert würde und dieses Risiko wird natürlich nicht in Kauf genommen. Prinzipiell wird jede Möglichkeit genutzt, Strom zu gewinnen, über altmodische Kraftwerke und Solarplatten bis hin zu Sonnensammlern. Das sind Geräte, die wie Blüten geformt sind und sich immer zur Sonne drehen. Sie haben eine Art Supersolarplatte, die bis zu 50mal so viel Strom erzeugen, wie die alten Dinger auf den Hausdächern, aber dafür sind sie auch unglaublich teuer. Und wie genau sie funktionieren, darum wird ein großes Geheimnis gemacht.
Die meisten Menschen dieser Stadt haben jeglichen Kontakt zueinander verloren, so etwas wie die große Liebe gibt es seit der letzten Generation nicht mehr. Manchmal erzählt mir meine Großmutter von der Zeit als sie klein war, und auch wenn die meisten Jugendlichen das als langweilig abstempeln würde, gefallen mir die Geschichten aus einer Zeit, in der man sich noch verabredet hat und in der Gesten wie Gedichte oder Briefe noch eine Bedeutung hatten. Inzwischen lässt sich keiner mehr auf eine Beziehung ein, wir leben alle mehr oder weniger unser eigenes Leben und die Frauen bezahlen ärmere Frauen dafür, Kinder auszutragen und sie ihnen dann mit 18 als Erbe zur Verfügung zu stellen. Die höheren Damen warten alle sehnsüchtig auf den Tag, an dem es möglich sein wird, Lebewesen künstlich herzustellen, damit sie die Gene der Armen Frauen nicht mehr in ihren Erben haben. Die denken wirklich so.
Unser letzter Bürgermeister hat total auf technischen Fortschritt gezählt, dass die äußeren Teile der Stadt verkümmerten und dass die Firmen, die an seinen tollen Projekten arbeiteten, die ganze Stadt mit Abgasen verpesteten, hat er gar nicht gemerkt. Hoffentlich wird das jetzt besser!
*TM steht für ThinkMessage, also eine Nachricht, die man allein durch Gedanken verschicken kann.
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Autorin / Autor: Dorit 14, Jahre