Kampfansage

Einsendung zum Wettbewerb #netzheldin von Melissa, 17 Jahre

Eigentlich, so dachte ich zumindest, würde ich nicht wieder ins Fadenkreuz kommen, wenn ich mich still verhalten würde und nicht unnötig auf mich aufmerksam machen würde. Oberflächlich betrachtet ging mein Plan auf, die Zeit, die ich in der Schule verbrachte, war friedlich, keine hasserfüllten Kommentare gegen mich, doch das, so kann ich sagen war nur die Ruhe vor dem Sturm. Und dieser Sturm hat wohl auch die ältesten und stabilsten Eichen restlos entwurzelt. Ich folgte dem Link in einer E-Mail, es öffnete sich eine Seite, die mir mehr als gut bekannt war: an der linken, oberen Ecke erscheint der weiße Schriftzug auf dem so berühmten blauen Hintergrund. Darunter, in der Mitte dutzende neue Mitteilungen, in vielen davon wurde ich markiert. Mir steigt die Röte ins Gesicht, während ich warte, bis die Seite geladen ist, ich wurde noch nie irgendwo markiert. Gespannt und von Vorfreude gepackt wartete ich. Als jedoch das erste Bild geladen hatte stockte mir der Atem. Mein Herz, so schien es hörte für einen kurzen Moment auf zu schlagen. Das Bild war hochgeladen worden von dem Mädchen, von dem ich geglaubt hatte, dass sie meine beste Freundin war. Es zeigte dutzende leere Flaschen von hochprozentigen, alkoholischen Getränken. Darunter, dutzende Kommentare, angeführt, von der Bildunterschrift, die den Vorwurf trug, dass ich ein Alkoholproblem hätte. Alle weiteren Kommentare bauten darauf auf und jeder wurde weitaus gemeiner. Mir stiegen die Tränen in die Augen, ich wusste, woher die Flaschen kamen. Sie waren der Rest meines Geburtstages, den ich eigentlich mit einem kleinen Kreis feiern wollte, zu dem dann aber mehr erschienen waren, als ich eingeladen hatte. Ich scrollte hoch zum nächsten Bild, es zeigte mich am See beim Sonnenbaden, oben ohne und neben mir eine Bierflasche, die soweit ich mich erinnern konnte gar nicht von mir stammte. Auch hier weitere aufhetzende Kommentare. Die Tränen liefen bereits über mein Gesicht, als ich auch die weiteren Mitteilungen las, die alle die Vorherige übertrafen.
Ich schloss die Seite und schaltete den Computer aus, in der Hoffnung, dass sich alles klären würde, wenn ich es lange genug ignorieren würde. Die Tage darauf blieb mein Computer aus, bis ich schließlich zwei Absagen von Firmen erhielt, bei denen ich mich beworben und auch schon persönlich vorgestellt hatte. Die Verbindung war schnell hergestellt. Ich öffnete das Internet wieder, die Sache hat sich nicht beruhigt, im Gegenteil, jemand hatte verbreitet, dass ich nun auch keinen Job bekommen würde, weil dieser jemand die Firmen darüber informiert hatte. Ich hatte nur einer Person mitgeteilt, wo ich mich beworben hatte, auch wenn der Username mir unbekannt war, ich kannte die Person, die dahinter steckte. Meine Tränen waren versiegt, mit bewussten Klicks suchte ich die besagten Paragrafen heraus. Ich wusste, dass es sich bei dem vorliegenden Tatbestand um eine Straftat handelte. Zehn Minuten später hatte ich meinen Account für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, sie an einen großen Zeitschriftenverlag geschickt und war nun auf dem Weg zu Polizei, meinen Laptop unter den Arm geklemmt. Ein halbes Jahr später, bekomme ich einen Brief meiner ehemaligen besten Freundin, die ihre Zeit inzwischen in einer Haftanstalt verbrachte. Ich machte mir nicht die Mühe ihn zu lesen, stattdessen fuhr ich fort meine Geschichte aufzuschreiben und meinen Urlaub zu genießen. Den ersten Urlaub, den ich in meiner Ausbildung hatte. Schließlich hatte ich meinen Traumberuf doch noch bekommen.

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Autorin / Autor: von Melissa, 17 Jahre