Zusammenhalt statt scharfer Worte
Die Solidarität mit den Opfern der Anschläge in Paris ist überwältigend. Aber sie muss auch die umfassen, die anderswo Opfer des Terrors geworden sind und die bei uns Schutz suchen.
Diese Tage ist alles in die Farben der Trikolore getaucht: Die Oper in Sidney, das One World Trade Center in New York, das Brandenburger Tor sowie Tausende Facebook-Profilbilder, die mit der Einfärbung ihrer Fotos ihr Mitgefühl mit den Opfern der schrecklichen Anschläge von Paris bekunden wollen. Diese Solidaritätsbekundungen machen Mut und symbolisieren eine grenzübergreifende Verbundenheit von Menschen und Staaten, sind ein Bekenntnis zur Menschlichkeit. Ähnlich wie bei den Anschlägen auf das Satiremagazin Charlie Hebdo, als Millionen von Menschen solidarisch bekundet hatten "Je suis Charlie", sind jetzt alle Paris.
Diese Menschlichkeit und Solidarität ist schön und tröstlich, aber sie darf sich nicht allein auf die Opfer von Paris begrenzen, sie muss auch all die umfassen, die anderswo von Anschlägen betroffen sind und vor ebendiesem Terror aus ihrer Heimat geflohen sind.
Wer hingegen diese kollektive Bestürzung, die Trauer und die Angst ausnutzt, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen, die bei uns Schutz suchen, der spielt den Terroristen in die Hände. Denn das ist ja genau das, was sie wollen: Unfrieden zu stiften und Europa zu entzweien. Dass an einem der Tatorte ein syrischer Pass gefunden wurde, von einem Menschen, der offenbar als Flüchtling eingereist ist, wirkt geradezu platziert. Es gibt Vermutungen, dass der Pass gefälscht war oder bewusst abgelegt wurde, um eine falsche Fährte zu legen und die Menschen gegen die Flüchtlinge aufzubringen. Der Plan geht schon jetzt auf, wenn man Front Nationale Frontfrau Marine Le Pen nun mit ihren fremdenfeindlichen Parolen auftrumpfen hört oder CSU-Hardliner Markus Söder auf twitter hetzen liest: "Die Zeit unkontrollierter Zuwanderung und illegaler Einwanderung kann so nicht weitergehen. Paris ändert alles."
Jetzt Angst zu schüren, und sie dann in eine völlig falsche Richtung zu lenken - nämlich gegen die, die selbst Opfer des Terrors sind - ist verantwortungslos und das Schlimmste, was man machen kann. Das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können, ist noch mehr Hass und Gewalt - gegen Menschen in unserem eigenen Land. Wir dürfen keine Angst haben vor denen, die unseren Schutz so dringend brauchen. Sie werden unsere Verbündeten sein, wenn wir sie lassen und sie mit aller Menschlichkeit behandeln, die wir uns auch erhoffen, wenn wir in Not sind. Wir sollten sie - jetzt erst recht - mit offenen Armen aufnehmen und zeigen, dass sich Menschlichkeit und unsere viel beschworenen Werte - Freiheit, Toleranz, Recht - nicht einfach wegbomben lassen.
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Autorin / Autor: Ein Kommentar von Sabine - Stand: 16. November 2015